Karl Gripp: Entstehung und künftige Entwicklung der Deutschen Bucht
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(Abb. 20), siehe z. B. die Piep’s, Hever usw. In diesem Falle
werden keine dreieckig begrenzten Watteile entstehen, sondern
lange, mehr oder weniger schmale Sandrücken erstrecken sich
weit seewärts, siehe Hoheweg und Mellum, Neuwerker Watt,
Marner Plate u. a. Diese Sandrücken reichen zudem näher an
die tiefen Rinnen heran als die Wattscheiden-Rücken im reifen
Watt, die durch eine breitere Zone mit flacheren Prielen von
den tieferen Rinnen getrennt bleiben.
Die hohen, langgestreckten Sandrücken im unreifen Watt
wurden zum Teil so weit aufgehöht, daß eine natürliche Land-
werdung eintrat (Abb. 21). Dies ist z. B. auf der Marner Plate
im Friedrichskoog der Fall gewesen. Zwischen Hever und Eider
war vor rund 1000 Jahren ein Sand gleichfalls so hoch auf ge
wachsen, daß zuerst Tofting und Oldenswort und anschließend
immer weitere Köge auf diesem Wattrücken eingedeicht werden
konnten (siehe R. K o o p 1936). Gleichzeitig war im Schutze
alter Haken und Dünen im Gebiete westlich von Ording und
St. Peter Watt bis zum Grünland-Stadium emporgewachsen.
Die Landschaften Holm und Garding näherten sich mehr und
mehr bis es im Jahre 1235 sogar gelang, den letzten, den hohen
Rücken querenden Wasserarm, die Süder Hever, zu dämmen
und so ganz Eiderstedt landfest zu machen.
Es ist immer wieder versucht worden, die Entstehung
Eiderstedts mit den im Untergründe der Halbinsel in hoher
Lage erbohrten paläozoischen und mesozoischen Gesteinen in
Zusammenhang zu bringen. Aber seitdem durch die Reichs-
Erdölforschung geophysikalische Untersuchungen in hin
reichendem Umfange in jenem Gebiet durchgeführt worden sind (R. von Zwerger 1939), ist
erwiesen, daß die tektonischen Störungslinien die Halbinsel spitzwinklig queren. Damit entfällt jede
Möglichkeit, das Vorhandensein oder die Begrenzung von Eiderstedt auf den Bau des tieferen
Untergrundes zurückzuführen.
Eiderstedt ist vielmehr eine junge, oberflächennahe Bildung. Es wies früher ein Stadium auf
ähnlich dem, das wir heute in Trischen—Marner Plate — Friedrichskoog beobachten. Hier hat der
starke Aufwuchs des hohen Sandes zwischen der Elbe und den Prielen der Dithmarscher Bucht (den
innersten Armen der Süder Piep) das Vorstrecken des Friedrichskooges ermöglicht, während am
Westerende des Rückens sich im Schutze einer neu entstandenen Düne die Sandmarsch von Trischen
ausbilden konnte. Auch hier begann also, ganz wie vormals in Eiderstedt, eine Verlandung an beiden
Enden des Wattrückens.
Es fragt sich, ob Trischen mit seinen Dünen und seiner Marsch dahinter als Beginn einer Neh
rungsinsel anzusehen ist. Wir glauben dies verneinen zu müssen. Die Seekarten zeigen vielmehr,
daß junge Sandaufschüttungen, die den Meeresspiegel bei Niedrigwasser allerdings noch nicht er
reichen, sich erheblich weiter westwärts erstrecken. Das äußerste Ende der ostfriesischen Nehrungs
inselreihe ist zudem soweit entfernt, daß eine Führung der Küstenströmung von dort bis Trischen
nicht erwartet werden darf. Auch liegen die ostfriesischen Inseln und Trischen nicht auf einem
Küstenbogen. Wangeroog dürfte vielmehr mit dem freien Ende der Halbinsel Heia zu vergleichen
sein, also das Ende einer im Aufbau befindlichen Nehrungsinselreihe darstellen. Trischen und
ebenso Scharhörn, Süder- und Norder-Oog sind hohe Sande im unreifen Watt, auf denen zum
Teil Pflanzen haben Fuß fassen können. Dadurch konnten Dünen entstehen, in deren Schutz dann
auf natürlichem Wege Marschbildung eintrat. Der Mensch hatte das Aufeinanderzustreben in
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Abbildung 21
Schema der Entstehung von Land auf
Platen im unreifen Watt.