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Full text: 62/63, 1942/43

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums — 63. Band Nr. 2 
Es ist unschwer verständlich, daß ein Unterscheidungsversuch, der sich auf so verschiedene 
Eigenschaften, nämlich genetische, morphographische und erdgeschichtliche gründet, unzulänglich 
bleiben mußte. Daher gehen die Versuche G. B r a u n ’ s Vorschlag um- und auszudeuten bis heute 
weiter wie die nachstehenden Auszüge zeigen. 
In A. Supan’s Grundzügen der physischen Erdkunde 6. Aufl. 1921 S. 614 lesen wir: 
„Erfolgt die Ablagerung... des von Wellen und Küstenströmung transportierten Materials in 
einiger Entfernung von der Küste, so entstehen Sandbänke (an der deutschen Küste Riffe genannt), 
die unter günstigen Umständen zu Inseln oder langgestreckten Strandwällen über den Meeres 
spiegel emporwachsen. Die Lidi an der adriatischen Flachküste Italiens sind solche Strandwälle ... 
Anderer Art sind die Nehrungen... Im Gegensatz zu dem insularen Lido haftet die Nehrung dem 
Kliff der ursprünglichen Küste an ... In ihrem ersten Stadium ... nennt man solche Strandwälle 
Haken.“ 
Der einzige, der eine Entstehung von Lidi aus Strandwällen anzuzweifeln wagte, war 
M. H a n n e m a n n. Er schrieb 1928 S. 278: „daß aber in einer offenen Wasserfläche der Wellen 
schlageine Barre so weit zu erhöhen vermag, daß sie als Nehrung aus dem Wasser emporwächst, ist 
m. W. bisher noch nirgends wirklich beobachtet worden. Ebensowenig sind mir aber Faktoren be 
kannt, welche ein derartiges Emporwachsen bewirken können.“ 
van Veen (1936 S. 228) unterscheidet Nehrungs- oder Limanen-Küsten mit Haffen und 
Barren- oder Lido-Küsten: „Nehrungen wachsen von einem festen Punkt aus horizontal in tiefes 
Wasser hinein, Barren hingegen zur Hauptsache senkrecht nach oben am Rande einer sandigen 
Flachküste. Nehrungen entstehen aus lockeren Gesteinen an unruhig gestalteten Küsten; Barren 
werden außerhalb der Küste aus Meeressand aufgehäuft. Jedoch gibt es keine reinen Lido-Küsten, 
da in dem Maße wie sie sich bilden Uferströmungen auf treten und Haken an jeder neugebildeten 
Insel entstehen. Es gibt zahlreiche echte Limanen-Küsten, aber reine Lido-Küsten sind selten. Für 
diese siml Durchlässe zwischen schmalen Inseln bezeichnend.“ 
Auf S. 128 unten heißt es ebenda: „Zeitweise sah man die niederländische Küste als eine Neh 
rung an ... gegenwärtig aber nimmt man an, daß ein Strandwall durch Brandung auf einem flachen 
Sandstrand entstehen kann, wie noch unlängst T immermannsan Modellversuchen nachwies.“ 
Timmermanns hat durch Wellen strandnahe Sandriffe erzeugt, aber keine, tieferes 
Wasser abtrennenden Lidi. Bevor die natürliche und künstliche Verlandung der Niederlande ein 
trat, lag aber eine breites Gewässer oder Watt zwischen den Dünen und der oude Kust (alten 
Küste)! Die gleiche Verquickung der Begriffe Strandwall und Lido zeigt auch S. 130 in v a n 
V e e n ’ s Aufsatz. 
Einen ganz ähnlichen Kampf mit den Begriffen finden wir in 0. M a u 11 ’ s Geomorphologie. 
Dort lesen wir auf S. 389: „G. Braun hat die an sich berechtigte scharfe Scheidung zwischen dem 
aus einem Sandriff entstehenden „freien Sandwall“ oder „Lido“, hinter dem er eine „Lagune“ 
ansetzt, und der Nehrung vollzogen, damit aber eigentlich einer terminologischen Unsicherheit Vor 
schub geleistet. Denn der namengebende Lido von Venedig ist eine dünenbesetzte Nehrung, und die 
dahinter liegende „Lagune“ ist ein Haff ... Es wäre entschieden weit schwerer, die langausgerich 
teten venezianischen Nehrungen aus lokalen Sandriffen erklären zu wollen als sie als einfache Neh 
rungen aufzufassen. Hanne mann 1928 geht freilich zu weit, wenn er sich das Auftauchen von 
Sandriffen über Wasser nicht vorstellen kann und damit solche IJberwassersandriffe überhaupt be 
zweifelt. Es gibt solche zur Genüge, wenn auch der Vorgang ihrer Bildung noch im Dunkeln liegen 
mag. Das vor den Dithmarschen gelegene Trischen ist z. B. ein solches Sandriff, dessen Entwicklung 
fast unter den Augen der Lebenden abgelaufen ist.“ 
Auf S. 391 schreibt M a u 11 weiterhin: „Verwickelter liegen die Verhältnisse an der Nordsee, 
wo der an der holländischen Küste geschlossen hinstreichende Dünensaum sich ostwärts in die frie 
sischen Inseln auf löst und lange, seitdem ihn A. P e n c k als „zerbrochene Nehrung“ bezeichnet hat, 
als entstanden aus einer einheitlichen Nehrung von der Art der preußischen auf gef aßt ivorden ist. 
Philippson vertritt noch diese Meinung. Doch dafür gibt es, wie B ehr m an n zeigt, keine
	        
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