Wolfgang Schubert : Zur deutschen Kolonialfrage.
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Der gewaltige Erdteil Afrika, der sich von Nord nach Süd über 70 Breitengrade erstreckt,
hat — wie wir sahen — vielerlei Kliinate. Es ist klar, daß der Europäer, wenn er als Kolonist
dorthin geht, sich zuerst die gesündesten Länder zur Siedlung aussuchen und von hier aus
fortschreitend weniger günstige Gebiete erschließen und bearbeiten wird. Der geistig höher
stehende Mensch wird immer den niederen in sogenannte Riickzugsgebiete verdrängen, bis auch
diese wieder einer höheren Kultur erschlossen werden. Andererseits läßt sich auch ein ur
sprünglich ungesundes Land durch geeignete Maßnahmen bewohnbar machen, wie wir es an
den Küstenstädten Südamerikas, Mittelamerikas und Siidostasiens erlebt haben.
Eine großzügige und weitvorausschauende Kolonialpolitik muß einen Arbeitsplan auf
lange Sicht aufstellen. Davon wird vieles, was im Augenblick nicht zu schaffen ist, doch in
Zukunft sich verwirklichen lassen. Lebensraum und Tatenraum braucht der Deutsche, um
endlich aus seiner Enge in Europa herauszukommen und seine Fähigkeiten (deren es mehr
als andere Völker hat) voll zu entwickeln. Wir haben vieles nachzuholen, was in vergangenen
Jahrhunderten versäumt wurde. Das zeigen auch einige Aussprüche des großen Kolonialgrün
ders Carl Peters:
„Die Schaffung von Auswandererkolonien zur rechten Zeit würde Deutschland in den Stand gesetzt
haben, seinen fortdauernd abströmenden Bevölkerungsüberschuß für uns selbst nutzbar zu erhalten. Weil
unser Volk auf solche nationale Organisation seiner Auswanderung verzichtete, ist sein Sprachgebiet, ob
wohl kein anderes Volk so viele Menschen über die See entsendet hat, im wesentlichen immer auf Mittel
europa beschränkt geblieben Was das für Folgen für das Deutschtum auf Erden hatte, beweist
allein die Tatsache, daß es um die Mitte des 18. Jahrhunderts etwa 9 Millionen englisch redender gegen
20 Millionen deutsch redender Menschen auf der Erde gab, während um 1895 110—120 Millionen Engländer
etwa 60—70 Millionen Deutschen gegenüberstanden.“
„Was unsere Kolonien nötig haben, sind Leute, die mit der Hacke oder der Picke den Boden bearbeiten.
Wenn auf diese Weise nationale Wirtschaftsgebiete über See geschaffen worden sind, in denen Deutsche
ihre Existenz finden können, dann wird bald auch jeder Grund fortfallen, über den mangelnden Patriotismus
im Ausland zu klagen.“
Carl Peters hat gewußt, was uns not tut. Das neue Deutschland kennt den Weg, den es
gehen muß und wird nichts unterlassen, was dazu dient, Deutschland groß, stark und glücklich
zu machen.