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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte nsw. — 62. Band. Nr. 8c. Senmielliack-Reihe: AbhcIIg. 3.
Die Menschheit hat sich dank der besseren Hygiene und der fortschreitenden Technik
in den letzten 100 Jahren stark vermehrt. Im Jahre 1800 waren es nicht mehr als 0.8 Milliarden,
heute rechnet man 2.2 Milliarden, und wenn die Entwicklung so fortschreitet, könnte man
nach 150 Jahren mit einer Menschheit von 4—-5 Milliarden rechnen. An besiedlungsfähigem,
bisher nicht bebautem Land steht noch 75 v. H. hauptsächlich in den warmen Zonen zur Ver
fügung. Afrika ist der bis jetzt am wenigsten entwickelte Kontinent und bildet eine große
Raumreserve für Europa. Es handelt sich heute nicht mehr darum, oh Afrika für die weiße
Rasse besiedlungsfähig ist oder nicht, sondern darum, wer die weitere Erschließung
dieses Kontinents unter Zuhilfenahme der eigenen Volk selemente
unternimmt. Ist Europa einer solchen Aufgabe fähig?
Daß Afrika heute noch nicht so weit entwickelt ist, wie es sein könnte, liegt zweifeilos
an einigen Ungunstfaktoren, die aller zum Teil überwunden werden können. Zur Zeit Roms
war Nordafrika die Kornkammer des römischen Imperiums, und Ägypten war vor Jahrtau
senden ein Land intensiver Bodenkultur.
Es ist sicher ein Nachteil, daß an vielen Küsten Afrikas geschützte Häfen fehlen, die für
größere Schiffe geeignet sind. Ein weiterer Ungunstfaktor Afrikas besteht in der großen Aus
dehnung seiner Trockengebiete und in seinen durch den geologischen Aufbau bedingten zum
Teil mineralstoffarinen Böden, die für die Landwirtschaft nicht ohne weiteres nutzbar sind.
Auch die dünne Bevölkerung erschwert die Nutzbarmadiung der Bodensdiätze. LTnd ein wei
teres Hemmnis für das tropische Mittelafrika ist das Auftreten der Tsetsefliege sowie das Vor
kommen tropischer Krankheiten (Malaria, Dysenterie, Gelbfieber usw.).
Betraditen wir nun diesen Ungunstfaktoren gegenüber, die durch Tatkraft und Intelli-
gen zum Teil wenigstens behoben werden können, den natürlichen Reichtum Afrikas und die
Möglichkeiten, die sich daraus ergeben:
An landwirtschaftlichen Ausfuhrgütern Afrikas stehen Erdnuß und Mais an der Spitze.
Es folgen Palmöl, Palmkerne, Baumwolle, Baumwollsaat, Kakao, Zucker, Ölkuchen und -mehl,
Bananen, Apfelsinen, Orangen, Weizen, Wolle und vieles andere mehr. All diese Bodenerträge
können noch gesteigert werden.
Große Sdiätze bietet der afrikanische Regenwald, der mit seinen Holzbeständen zum Retter
der europäischen Waldwirtschaft werden kann.
In bezug auf die mineralischen Rohstoffe scheint Afrika der mit edlen und unedlen Me
tallen am reidisten ausgestattete Erdteil zu sein. So deckt schon heute Afrika 97 v. H. der
Weltgewinnung an Diamanten, sowie mehr als 40 v. H. der Goldgewinnung und Vanadium
erzförderung. Allein die Südafrikanische Union hat in der Zeit von 1886 bis 1935 der Welt
Mineralien wie Gold, Diamanten, Kupfererze und auch Steinkohle im Werte von rund 1.9 Mil
liarden Goldpfunden geliefert. Im Jahre 1924 wurde in Transvaal das bedeutendste Platin
vorkommen der Welt entdeckt. Katanga und Nordrhodesien beherbergen das künftige Kupfer
zentrum der Welt. Eisenerzreserven befinden sich in großen Mengen in Nord-, West- und Süd
afrika. Allein in Liberia sind vor einigen Jahren Eisenläger entdeckt worden, die wahr
scheinlich jene Gesamtschwedens an Menge und Güte übertreffen. Dazu kommt eine Reihe
wichtiger Erze wie Kobalt, Mangan. Chrom, Bauxit, die zum Teil noch gar nicht abgebaut
werden.
Schließlich seien noch unter den nichtmetallischen Rohstoffen die Naturphosphate Fran-
zösisch-Norclafrikas und Ägyptens erwähnt, die mit einer Gesamtförderung von 4.5 Millionen
Tonnen im Jahre 1938 zu einem Drittel an der Weltgewinnung beteiligt waren.
An Erdöl ist Afrika arm, Kohle ist wenig vorhanden: aber um so reicher ist es an Wasser
kräften. Afrika besitzt 2 / 5 der gesamten verfügbaren Wasserkräfte auf Erden, von denen zur
Zeit nicht einmal 1 v. H. ausgenutzt werden. Diese Wasserkräfte gestatten nicht nur die Er
zeugung großer Energien für verarbeitende Industrien, sondern sie geben zugleich ein wich
tiges Mittel in die Lland, um der ständig zunehmenden Austrocknung Afrikas erfolgreich zu
begegnen.