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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte usw. — 62. Band Nr. 8b. Semmclhack-Reihe: Abhdlg. 4.
mir durch meine Vertrautheit mit der Umgangssprache und eine leidliche Kenntnis des Bornu-Idioms
erleichtert wurde so gebe ich mich der Hoffnung hin, daß meine Arbeit dem Leser ein wahrheits
getreues Gesamtbild von Ländern und Völkern ermöglichen wird, über die entweder bisher nur vereinzelte
Daten aus früheren Reisen Vorlagen, oder welche niemals vor mir von gebildeten Reisenden besucht
worden sind.“
Als dritter aus der Heroenzeit der Afrikaforsdnmg sei der Botaniker Georg Schwei n -
f ii r t hi genannt. Er wurde am 29. Dezember 1836 in Riga geboren. Schon als Knabe wollte
er Afrikaforscher werden. Als 27jähriger führte er seine erste Reise (Tafel 6) in den Ostsudan
bis nach Kasalla und Khartum und bis an den Rand des Roten Meeres durch. Die wertvollen Er
gebnisse seiner pflanzengeographischen Untersuchungen veranlaß ten die Preußische Akademie
cler Wissenschaften, ihm die botanische Untersuchung desBahr-el-Ghasalgebietes zu übertragen.
Die große Reise in das Labyrinth der westlichen Nilzuiliisse, die Schweinfurth von 1868—187 t
mit großer Gewissenhaftigkeit durchführte, wobei er eine Fülle exakter Beobachtungen an
stellte, steht in wissenschaftlicher Hinsicht wohl an der Spitze der an Erfolgen so reichen
Afrikaforschung. Er gelangte zu zahlreichen unbekannten Naturstämmen, zu dem Sumpfvolk
der Dinka, zu den Njamnjam (Asandeh) und Mombuttu (Mangbuttu), Kannibalen zwar, aber
geistig und wirtschaftlich hochstehend. Er entdeckte die kleinwüchsigen Akka, die dem schon
längst bekannten Pygmäenstamm der Bakkebakke entsprechen, und rechtfertigte damit Hero-
dots Angabe von Zwergvölkern in Afrika.
Die Wasserscheide zwischen Nil, Schari und Kongo wurde durchforscht und der Uelle
entdeckt. Schweinfurth hielt ihn für den Oberlauf des Schari. Erst 1887 stellte der Belgier
Alphonse van Gèles fest, daß es sich um den Oberlauf des Ubangi handelte. Auf dem
Rückwege vernichtete ein Lagerbrand Schweinfurths gesamte Habe, sowie seine Tagebücher,
Uhren und Instrumente. Er führt in seinem Reisewerk ,,Im Herzen von Afrika“ darüber
folgendes aus (Seite 444) : „Ich hatte wenig mehr als das nackte Leben gerettet; ohne Kleider, ohne
Waffen und Instrumente, ohne Tee und Chinin stand ich jetzt vor dem Haufen Kohle und Asche, der
unwiderbringlich verloren, die Frucht mehrjähriger Anstrengungen . . . barg. Meine schöne Ausrüstung
für die projektierte Niamniam-Expedition, die jüngsten Sammlungen, unter denen der Verlust der gesamten
entomologischen Ausbeute und vieler Erzeugnisse des afrikanischen Kunstfleißes am meisten zu beklagen
war, dann die Handschriften mit allen meteorologischen Reobachungen, die ich von meinem Aufbruche von
Suakin an täglich gemacht hatte, und die allein gegen 7000 Barometerablesungen enthielten, die Reise
journale mit den Erlebnissen und Wahrnehmungen von 825 Tagen, die mühsam erlangten Körpermessungen
und Vokabularien schließlich, alles war in wenigen Minuten ein Raub der Flammen geworden.“
Eine Reise von gleicher Ausdehnung hat Schweinfurth nicht wieder unternommen, aber
er hat teils allein, teils mit anderen noch eine Anzahl von Expeditionen in die Nachbarländer
Ägyptens, in die Libysche und Arabische Wüste, ins Fayum. nach Italienisch-Eritrea und auf
die Insel Sokotra ausgeführt. Von Berlin und während des Winters von Kairo aus hat Schwein
furth seine Forschungsergebnisse noch weiter vertieft. Sein Reisewerk wurde in 7 Fremd
sprachen übersetzt und erschien zum 80. Geburtstag des Forschers in 3. Auflage. Mit Friedrich
Ratzel zusammen gab er 1888 Emin Paschas Reiseberichte heraus. Es kränkte ihn sehr, daß
er, cler 1873 die Geographische Gesellschaft in Kairo gegründet hatte, zum Internationalen
Geographen-Kongreß in Kairo 1925, weil er Deutscher war, nicht eingeladen wurde. Er starb
am 19. September 1925, im gleidren Jahre mit Oskar Lenz.
Neben seinem großen Reisebericht schrieb er u. a. „Beitrag zur Flora Äthiopiens“ (1867),
„Artes africanae“, „Abbildungen und Beschreibungen von Erzeugnissen des Kunstfieißes
zentralafrikanischer Völker“ (1875), „Flora von Ägypten“ (mit Asdrerson 1867). „Auf un
betretenen Wegen in Ägypten“ (1922), „Afrikanisches Skizzenbuch“ (1925).
Durch den Verlust cler Handschriften mit alien meteorologischen Beobadxtungen durch den
Lagerbrand am 1. Dezember 1870 sind die zusammenhängenden meteorologischen Veröffent
lichungen verhindert worden. Aber in Schweinfurths großem Reisewerk befinden sich zahl
reiche Hinweise. Im 8. Kapitel, das sich mit dem Volke der Bongos beschäftigt, werden die