Hans Waiden: Uber eine Sturmdepression im Tyrrhenischen Meer
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da die Kaltluftzufuhr über Südfrankreich kräftiger geworden ist, so daß sich bei Turin ein kleines Tief bilden
konnte, das dann nach Ostsüdosten abzog. Damit ist der Höhepunkt dieser Genuazyklone erreicht; sie wandert
im folgenden unter Zerfall ab nach Ostsüdosten, später Osten.
In diesem Falle ist es über Jugoslavien, vor allem am 11. November (Karten 24, 25), verhältnismäßig
warm. Zustrom von frischer Kaltluft in die Adria aus Nordosten kann also nicht erwartet werden. Die Ver
lagerungsrichtung der Depression steht im Einklang mit der Temperaturverteilung. Auffällig ist noch die
Zunahme der Temperaturgegensätze über Südeuropa in der Zeit vom 10. zum 11. November.
Auf der Höhenkarte wandert ein Höhentief vom Kattegat (10. November) südwärts und teilt sich in
zwei Kerne, von denen am 11. November der eine über dem Rheinland, der andere über Norditalien liegt.
10. bis 12. Februar 1938 (Karten 26, 32, 33, 41, 42, Tafeln 3 u. 4).
Auf der Rückseite eines am 10. Februar um 8 Uhr (Karte 32) über der Nordsee, um 19 Uhr über der
westlichen Ostsee liegenden Teiltiefs wird aus Nordnordwesten mit großen Windgesdvwindigkeiten maritime
Kaltluft nach Mitteleuropa geführt, die in der Nacht zum 11. Februar die Alpen erreicht. Am 11. Februar um
8 Uhr (Karte 33) liegt bereits eine Depression von 1000 mb in der Mitte des Golfs von Genua, während West
europa unter den Einfluß der Antizyklone im Südwesten von Irland gelangt ist. Gleichzeitig umströmt die
Kaltluft auch im Osten das Massiv der Alpen, wobei über Ungarn die Temperaturen infolge des Wegräumens
des flachen Strahlungs-Kaltluftkörpers etwas erhöht werden. Die Genua-Depression zieht rasch südostwärts
und liegt um 19 Uhr (Karte 41) in der Gegend von Foggia, während sich über Jugoslavien ein Hochkeil auf
baut, in dessen Bereich die Temperaturen um mehrere Grade unter den Gefrierpunkt absinken. Nunmehr
kann Kaltluft mit Fallwinden in den Adriabezirk einströmen. Über die beiden getrennten Depressionen über
Süditalien (12. Februar, Karte 42) ist deshalb folgendes zu sagen: Das Tief über dem südlichen Adriatischen
Meer ist die einstige Genua-Zyklone, die ihre Wanderung nach Südosten fortgesetzt hat, und das Tief über
dem Tyrrhenischen Meer ist eine Neubildung vor der aus Jugoslavien ausfließenden Kaltluft. Dieses Tief
hält sich noch etwa einen halben Tag lang im Tyrrhenischen Meer, um dann nach dem Ionischen Meer ab
zuziehen.
Karte 26 enthält die Temperatur-Unterschiede zur 8-Uhr-Temperatur in Lyon am 11. Februar. Die
Gegensätze sind gering. Über dem südöstlichen Europa ist es verhältnismäßig kalt.
In rund 5000 m Höhe dreht die kräftige Strömung über West- und Mitteleuropa von Westnordwest
(10. Februar) auf Nord (11. und 12. Februar). Am 12. Februar bildet sich ein Höhentief über der Adria.
25. bis 26. Dezember 1938 (Karten 27, 34, 43, 44, Tafeln 3 u. 4).
Während an beiden Enden der Alpen kontinentale Kaltluft südwärts strömt, befindet sich tiefer Druck
über dem italienischen Bereich. Gleichfalls über Italien liegt ein Höhentief fest. Bei den kalten östlichen
Winden liegt das Haupttief am 24. und 25. Dezember im Seebereich westlich von Korsika und Sardinien
(Karte 34). Am 25. Dezember beginnt das noch um 8 Uhr über dem Balkan liegende Tiefdrucksystem auf
zufüllen (Karte 43). Es hat bis zum 26. Dezember, 8 Uhr, einem Hochdruckkeil mit einem kleinen Kern von
1025 mb über Jugoslavien Platz gemacht (Karte 44). Zum gleichen Termin ist das oben erwähnte Haupttief
nach Osten ins Tyrrhenische Meer gewandert. Ob es sich hierbei um eine reine Wanderung der Depression
oder um einen Druckanstieg im Golf du Lion infolge der Kaltluftzufuhr mit gleichzeitiger Neubildung einer
Störung über dem Tyrrhenischen Meer handelt, kann hier nicht entschieden werden. Jedenfalls kommt es über
Italien zu Nordostwinden mäßiger Stärke. Die Depression füllt aber bald auf, da sie bereits vollständig von
der aus Südfrankreich herangeführten Kaltluft umflossen ist.
Bei dieser Wetterlage war es im Vergleich zu Südfrankreich über dem Balkan relativ warm (Karte 27).
1. bis 3. Februar 1937 (Karten 28, 35, 45-49, Tafeln 3 u. 4).
Anfang Februar 1937 ist die Temperaturverteilung über Europa ausgezeichnet durch die starke
Strahlungskälte über Osteuropa, während dem westlichen Europa milde Luft aus dem Atlantik zugeführt
wird. Die Grenze zwischen kontinentaler Kaltluft und der milden Meeresluft liegt am 1. Februar, 8 Uhr
(Karte 35), auf der Linie Holland—Württemberg. Zu diesem Termin wird das Minimum der Temperatur
über Bessarabien mit —32° C im Kern des über Osteuropa liegenden Hochdruckgebietes verzeidmet. Diese
Wärme Verteilung ist auch auf der Temperaturdifferenzen-Karte (Karte 28) zu erkennen. Besonders bemer
kenswert scheint es mir zu sein, daß es über Jugoslavien kälter als über Frankreich, über der Adria kälter als
über dem unteren Rhönetal ist. Die Kaltluft wird durch die rein S—N verlaufenden Isobaren über dem Balkan
am kräftigen Abfließen nach dem Adriabezirk gehindert. Am 1. Februar liegt über den britischen Inseln ein
Tiefdrucksystem von etwa 990 mb. Bei dem im Golf du Lion liegenden flachen Tief scheint es sich um eine
„in Lee“ der Alpen entstandene Störung zu handeln.