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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums — 61. Band, Nr. 10
am Boden bei den verschiedenen Wetterlagen treten beim Vergleich deutlich heraus. Leider war es nicht
möglich, die Temperaturen der freien Atmosphäre zum Vergleich heranzuziehen, da Aufstiege über den
wichtigsten Gebieten, beispielsweise über Jugoslavien, fehlen.
Es wird vielleicht auf fallen, daß alle Wetterlagen, die für die folgende Betrachtung herangezogen
werden, aus dem Winterhalbjahr stammen. Die Ausbildung der italienisdien Depressionen ist aber fast
immer abhängig vom Ausmaß des meridionalen Austausches, der im Winter im allgemeinen größer ist als
im Sommer.
Die Erfahrung lehrt, daß sich die Depressionen in den weitaus meisten Fällen im Golf von Genua
bilden, sidr dort vertiefen und anschließend unter allmählichem Auffüllen ostwärts oder südostwärts abziehen.
Diese Fälle treten ein, wenn die Kaltluft (vielfach verkappte maritime Kältluft) aus Westen bis Nordwesten
herangeführt wird, so daß der Stau der kalten Luft in der Hauptsache an den Westalpen eintritt. Bevorzugt
entsteht eine soldie Isobarenverteilung im Alpenbereich, wenn ein Tief über England und die Nordsee (mög
lichst weit südlich) ostwärts zieht und womöglich im nördlichen Mitteleuropa auffüllt. Strömt die Kaltluft
aber aus einer anderen Richtung heran, so wird sich das Tief audr an einer anderen Stelle am Südrand der
Alpen bilden. Es muß also streng geachtet werden nicht allein auf die Temperaturverteilung über Südeuropa,
sondern auch auf Strömungsrichtung und -stärke und somit darauf, wie groß die Menge der aus einer be
stimmten Richtung zugeführten Kaltluft ist und an welchem Teil der Alpen sie zuerst ankommt.
Es folgt nun die Besprechung von sechs Wetterlagen:
26. bis 27. Januar 1938 (Karten 23, 29, 36, Tafeln 3 u. 4).
Auf der Südseite eines umfangreichen Tiefdruckgebietes über dem Nordmeer wird Mitteleuropa am
26. Januar morgens (Karte 29) aus vorzugsweise westlicher Richtung maritime polare Kaltluft zugeführt,
deren Front um 8 Uhr schon etwas südlich der Alpen liegt. Eine neue Verwirbelung im Seebereich südlich von
Irland verhindert zunächst die Bildung einer Depression über dem Golf von Genua. Am nächsten Morgen
(27. Januar) überströmt neuerdings ein breiter Strom polarer Kaltluft Westeuropa mit westnordwestlichen
Winden. Die Kaltfront erstreckt sidr fast meridional vom Westrand der Alpen zur Elbemündung (Karte 36),
so daß es im westlichsten Teil Oberitaliens, also etwa über Turin, zur Ausbildung einer Depression von
1005 mb kommen kann, die, als die Kaltluft auch von Norden her gegen die Alpen drückt, sich unter geringer
Ostwärtsverlagerung in den nächsten sechs Stunden bis 14 Uhr um 10 mb vertieft. Damit hat sie bereits ihren
Höhepunkt erreicht; um 19 Uhr ist sie weiter nach Osten gezogen und beginnt aufzufüllen. Im folgenden
zieht sie ostsüdostwärts ab.
Besonders hingewiesen sei auf die im Vergleich zu anderen Temperaturverteilungen relativ niedrigen
Temperaturen über Jugoslavien (Karte 23). Durch die Art der Druckverteilung wird diese Kaltluftmasse aber
an der Annäherung an die Adria gehindert.
Die Höhenkarte vom 26. Januar verzeichnet in 5000 m Höhe eine starke Westströmung, die über West
europa zum 27. Januar eine Drehung auf Nordwest erfährt.
29. bis 31. Januar 1938 (Karten 30, 37, 38, Tafeln 3 u. 4).
Mit großer Geschwindigkeit strömt auf der Südseite eines kräftigen Tiefdruckgebietes über dem Nord
meer polare Kaltluft über Nordwesteuropa südostwärts. An ihrer Front bildet sich eine Teilstörung, die mit
985 mb am 30. Januar morgens über Belgien liegt (Karten 30, 37). Auf ihrer Rückseite bricht um die Mittags
zeit Kaltluft an den Westalpen ein, so daß sich um 14 Uhr über Genua bereits ein Tief von 995 mb gebildet
hat. Diese Depression zieht südostwärts und befindet sich um 19 Uhr mit 990 mb im Tyrrhenischen Meer
(Karte 38); gleichzeitig hat sich über der oberen Adria ein Tief von 995 mb gebildet. Die Ilauptzyklone zieht
rasch südostwärts weiter.
Die Temperaturdifferenzen-Verteilung ist ähnlich wie am 26. Januar 1938 (vgl. Karte 23). Auch hier
läßt die Art der Druckverteilung Nordostwinde über der dalmatinischen Küste nicht zu, trotz des Aufbaues
eines schwachen Hochdruckgebietes über Ungarn, weil tiefer Drude über der Ostsee liegt. Nordostwinde
kommen erst auf, als die Depression das Tyrrhenische Meer bereits verlassen hat. Die Höhenströmung in
5000 m Höhe kommt über dem Alpenbereidr am 29. Januar mit großen Gesdiwindigkeiten aus West bis West
nordwest, am 30. Januar aus Nordwest.
10. bis 12. November 1937 (Karten 24, 25, 31, 39, 40, Tafeln 3 u. 4).
Auf der Rückseite eines über dem Kattegat festliegenden und an Ort und Stelle auffüllenden Tiefs
strömt mit geringer Geschwindigkeit aus etwa Nordwest Kaltluft gegen den westlichen Teil der Alpen
(Karte 31). Über Oberitalien entsteht ein Tief von 1000 mb (10. November, 19 Uhr, Karte 39), das sich zum
11. November, 8 Uhr, auf 995 mb vertieft (Karte 40). Es hat sich gleichzeitig etwas nach Süden verschoben,