30
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Mai'ineobservatoriums. — 61. Band, Nr. 9.
Ihrige Teil etwas seitlich verschoben ist. Eine falsche Gangbestimmung wird aber hierdurch
nicht bewirkt, da die Neigung der Kurve nicht verfälscht ist. Der zweiten Kurve liegt die An
nahme zugrunde, daß alle unterteilenden Impulse der Reihe nach mit Fehlern von + 4 %, + 2 %,
0*/«, —2 %, —4% behaftet sind. Das Aussehen wirklicher Registrierkurven bei absichtlich
fehlerhafter Unterteilung der beschriebenen Art zeigt Fig. 28, Iah 3. In allen Fällen tritt noch
keine Verfälschung der Kurvenneigungen und damit der gemessenen Gangwerte ein, solange
sich an den bestehenden Verhältnissen während cler Messung' nichts ändert. Die Gangbestim
mung ist jedoch gerade der eigentliche Zweck der Zeitwaage.
Ihr Anwendungsgebiet ist daher die Lagen- und Temperaturprüfung. Bei der Lagenprüfung
wird die Lage der Uhren zur Sthwerkraftriehtuug verändert, und zwar jeweils um 90°, so daß
sich insgesamt 6 Lagen für die Prüfung ergeben. Während bei der älteren Prüfmethode mittels
Chronographen die Ulir mindestens einen vollen Tag in jeder Lage bleiben mußte, können mit
der Zeitwaage die Lagen verhältnismäßig rasch nacheinander geprüft werden. Um die erforder
liche Genauigkeit zu erzielen, braucht man eine Prüfdauer von ca. 20 Min. in jeder Lage.
Gewisse Hauptlag'en (Zifferblatt oben und Bügel oben) müssen jedoch bei cler Prüfung wieder
holt werden, um festzustellen, welche Gangänderungen dem Ablaufen cler Zugfeder zuzu
schreiben sind. Hierdurch sind der Genauigkeit des Verfahrens Grenzen gezogen, die von der
Güte cler Uhr abhängen, sowie davon. bis zu welchem Grade es gelungen ist. die Schwingungs-
dauer der Unruhe von der Schwingungsweite unabhängig zu machen. Wegen der Reibung, der
Wirkung des Antriebs und, bei geringster Abweichung des Schwerpunkts von der Drehachse,
auch der Schwerkraft, ist diese Unabhängigkeit keineswegs von selbst vorhanden. Andererseits
ist es nicht einwandfrei, durch teilweises Aufziehen der Uhrfeder dem Ablaufen entgegenzu
wirken, da nicht sicher ist. daß sich die Feder hiernach ebenso entspannt wie hei ungestörtem
Ablauf.
Bei der Temperaturprüfung wird die Uhr in ein und derselben Lage (in der Regel Bügel
oben) bei drei verschiedenen Temperaturen 5°, 20° und 35° geprüft. Während cles Temperatur-
Wechsels verändert sich wieder der Aufzugszustand merklich. Es ist daher vorteilhafter, die Uhr
täglich in nur einer Temperatur zu prüfen (insbesondere, da stets mehrere Uhren die Prüfung
zugleich durchmachen) und hierbei immer die gleiche Zeit, vom Aufziehen gerechnet, einzu-
lialten. Bei diesem Verfahren gehen allerdings wieder die zufälligen täglichen Gangänderungen
in das Ergebnis ein.
Hiermit ist die grundsätzliche Schwierigkeit der Anwendung der Zeitwaage zu Lhren-
priifungen berührt. Obgleich der mittlere Fehler cler einzelnen Gangmessung nur 0.1 Sek./Tag
beträgt, ergibt sich ein verhältnismäßig großer mittlerer fehler für die einzelnen Prüfergeb
nisse, der nur als Erfahrungswert für die verschiedenen Klassen der Uhrengüte zu gewinnen ist.
Diese Verhältnisse haben ihren Niederschlag in den Fehlergrenzen für die Prüfungen cler
Deutschen Seewarte gefunden.