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Full text: 48, 1929/1930

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarle. — 48. Bd. Heft 5. 
Systematik (1er Watten. 
Nun, wo wir uns clem freien Watt zuwenden, ist es Zeit, einiges über die Systematik der Watten zu 
sagen. Ich schiebe diesen Abschnitt erst jetzt ein. weil sonst der natürliche Zusammenhang zwischen Vor 
land lind \ orlanclwatten zerrissen worden wäre. 
Wir werden hier in noch höherem Maße als bisher gezwungen sein. Begriffe und Systematik selbst zu 
schaffen. 
ln der Literatur finden wir im allgemeinen ein großes Durcheinander von Begriffen. Viele Autoren 
gebrauchen wahllos Ausdrücke, ohne sie genauer zu definieren. Je nach der Art ihrer Arbeit teilen sie 
die Watten nach verschiedensten Gesichtspunkten ein. Von denjenigen, die klarere Einteilungen ge 
schaffen haben, nenne ich vor allem Krüger und Philippsen. Aber auch diese gehen von verschiedenen 
Tatsachen aus. Diese geringe Einheitlichkeit in der Literatur ist auch weiter gar nicht verwunderlich, 
dürfte doch die Zahl derjenigen Wissenschafter, die das Watt w’irklieh kennen, durchaus zu zählen sein. 
Wir werden später dafür noch im einzelnen Beispiele finden. Die Gründe sind in den außerordentlichen 
Schwierigkeiten zu suchen, die sich einer Durchforschung vor allem der Sehl ick watten und der Randgebiete 
durch den einzelnen entgegenstellen. Darüber soll in der Schlußbetrachtung noch einiges gesagt werden. 
Nur durch Verwendung des leichten Faltkajaks, das dem seetüchtigen Einmannboot der Eskimo gleicht, 
war es mir möglich, in die Welt der Watten wirklich einzudringen. 
Es sollen jetzt zunächst einige Literaturangaben folgen. Marshall schreibt in seinem Werk „Die 
Meere und ihre Bewohner", das vorwiegend zoologisch gehalten ist, auch ein Kapitel über die Watten 
und erwähnt verschiedene Einteilungen. Er nennt einen Botaniker Kohl, der „Heuwatten”, die mit Gras 
bewachsen sind, „Quellemvatten“ (= Quellexwatlen?), die mit Aster tripolimn und Salic-ornia herbaeea 
bestanden sind, und „tote Watten“ ohne Vegetation unterscheidet. Diese Einteilung ist natürlich völlig 
unbrauchbar, da die meisten Watten, und gerade die morphologisch interessantesten Gebiete, soweit sie 
nicht Amvachsvorlandwatt, Kulturwatt oder Inselschutzwatt sind, zu den toten Watten gehören w ürden. 
Line andere Einteilung, die Marshall erwähnt und die er „geologisch” nennt, ist die folgende: „feste 
Watten“, „stäubende Watten" und „Schlickwatten“. Audi sie kann uns nichts nützen; ja, ich wäre fast in 
Versuchung, zu fragen, wo und was in dieser Einteilung eigentlich Geologie ist. Die dritte Unterschei 
dung der Watten, die Marslial] bringt, ist aber gut anzuwenden. Sie richtet sich nach der Lage und nennt 
„Festlandswatten", „Inselwatten“ und ..Stromwatten'. Unter den letzteren versteht er diejenigen Ge 
biete, die in den Flußmündungen liegen. Da der letzte Begriff zu Verwechslungen führen kann, so möchte 
ich lieber die Stromwatten als „Mündungswatten“ bezeichnen zum Unterschied von den „Flußwatten", 
ilie im Gezeiten bereich der Flüsse liegen. Mündungswatten wären etwa in der Elbe der Medemsand. 
Spitzsand und Gelbsand, in der Weser eigentlich nur die Robbenplate. Elußwatten wären etwa in der 
Elbe der Bösch rücken, die Brammer Bank, die Bank von Glückstadt und л ог allem das Gebiet von Juels 
Steert, sowie die verschiedenen Sande von Finkenwärder bis Schulau. Die Weser besitzt ähnliche Ge 
biete. 
Sehr ähnlich dieser letzten Einteilung, aber sehr viel mehr ins einzelne gehend, ist diejenige von 
Krüger. Krüger, der wohl einer der besten Kenner namentlich des oldenburgischen Watts ist. hat auch 
seine W attsystematik im wesentlichen für dies Gebiet gedacht. Er unterscheidet etwa „Inselwatten“. die 
sich in ihrer Lage an die Inseln anschließen, „Festlandswatten“, die er zwar nicht ausdrücklich so bezeich 
net. aber zu denen das Watt von Ostjeverland und das Neue Brack zu redmen sind. Ferner verwendet 
er den Begriff „Wattzunge“ für die lappenförmigen Wattgebiete zw ischen Jade und Eiderstedt. Außer 
dem finden wir bei ihm die Bezeichnungen „Wattinseln" und „Strandinseln”. Der Begriff „Wattinsel“ 
wurde schon im einleitenden Teil erwähnt und umgeänclert. Der Begriff ..Strandinsel" soll hier nicht ver 
wandt werden. 
Philippsen teilt in seinem verdienstvollen kleinen „Wattenbuch", das hier schon oft genannt wurde, 
die W atten nach ihrer Beschaffenheit ein in Schlickwatten. Sandwatten und Sandbänke. 
Eine eigentliche Systematik besteht also nach dem vorhergehenden nicht. Eine solche Systematik aber 
wäre für eine geographische Bearbeitung irgendwelcher W attgebiete außerordentlich nützlich, ebenfalls 
für den Geologen sowie für den ökologisch arbeitenden Zoologen und Botaniker.
	        
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