W. Horn: Die astr. Grundlagen des harmon. Verfahrens usw.
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2 (s —- h), also der Periode eines halben synodischen Monats, stellen in der Hauptsache der Einfluß der tan
gentialen Komponente der störenden Kraft dar, wie aus Abb. 2 anschaulich wird; sie werden als Variation
bezeichnet, die bereits von Newton richtig erklärt wurde. Das Glied (0100) mit dem Argument (h — p@)
und der Periode eines anomalistischen Jahres stellt die Schwankungen in der radialen Komponente der stören
den Kraft wegen der Exzentrizität der Erdbahn und der daraus folgenden Veränderlichkeit der
Entfernung der Sonne dar; es wird als jährliche Ungleichheit bezeichnet. Diese und die Variation wurden von
Tycho Brahe entdeckt. Das Glied (0001) mit der Periode eines synodischen Monats wird parallaktische
Ungleichheit genannt.
Bei Ephemeridenberechnungen müssen außer den Störungen durch die Sonne auch noch die durch die
Planeten berücksichtigt werden. Die größte, von Hansen entdedete, Störung mit einem Koeffizienten von
14" in Länge und einer Periode von 273 Jahren rührt von dem Planeten Venus her. Sie ist bedeutender als
eine ganze Anzahl von D o o d s o n noch berücksichtigter Sonnenstörungen, die allerdings kürzere Perioden
haben. Nur der Planet Jupiter verursacht noch eine Störung mit einem Koeffizienten von etwas über 1"
und der Periode etwa eines halben Jahres, alle übrigen Planetenstörungen sind kleiner.
5, Die zu Beginn des Abschnitts 2 gestellte Aufgabe ist damit im wesentlichen gelöst: aus den Formel
gruppen (10) oder (10 a) sowie aus den durch Tabelle 1 dargestellten Entwicklungen ergeben sich die auf die
Ekliptik bezogenen Orte der Sonne und des Mondes sowie die Verhältnisse der mittleren zu den wahren
Entfernungen, und zwar, wenn von den geringen säkularen Änderungen in den Formeln für die Sonne ab
gesehen wird, in der Form eines konstanten oder „gleichmäßig“ mit der Zeit zunehmenden mittleren Gliedes,
zu dem jeweils eine Anzahl rein harmonischer Ungleichheiten tritt; diese Ausdrücke für die Länge und Breite
führen mittels des Wertes für t aus (4), den Doodson konstant gleich 23° 27' 8" 26 annimmt, und der
Formeln (3) und (1) zu den Ausdrücken für die Zenitdistanzen der beiden Gestirne. Einige Bemerkungen
sind jedoch noch über die in (1) auftretende Sternzeit O erforderlich.
Die Sternzeit ist begrifflich bestimmt als der Stundenwinkel des Widderpunkts. Der Zeitraum zwischen
zwei aufeinanderfolgenden Durchgängen des Widderpunkts durch den oberen Meridian ist der sog. Stern
tag; er beträgt 23 h 56 m 4? 091 nach mittlerer Sonnenzeit und ist wegen der Präzession des Widderpunkts
um 0?009 kürzer als die Dauer einer Erdumdrehung. Diese ist bisher als konstant angesehen worden,
doch legen gerade die Abweichungen der Mondbewegung von den Vorausberechnungen den Gedanken an
eine Unbeständigkeit der Umdrehungsdauer der Erde nahe. Genauer ist wegen der Nutation zwischen mitt
lerer, von der Nutation befreiter, und wahrer Sternzeit zu unterscheiden, f) möge die mittlere Sternzeit
bezeichnen. Bürgerlich ist zur Zeitangabe gebräuchlich die mittlere Sonnen zeit eines bestimmten Zeit
meridians, der im allgemeinen nicht mit dem Meridian des Ortes übereinstimmt, also der Stundenwinkel der
mittleren Sonne auf dem Zeitmeridian, vermehrt um 12 h oder 180®, da die Zeit vom Durchgang durch den
unteren Meridian ab gezählt wird. Da die Entwicklungen für die Koordination der Sonne und des Mondes
in der mittleren Sonnenzeit des Meridians von Greenwich (MGZ.), die jetzt in der bürgerlichen Zählweise zu
24 Stunden von Mitternacht zu Mitternacht mit t statt mit T bezeichnet werde, ausgedrückt sind, so müßte
eigentlich die gesetzliche Zeit am Ort t 0 in die Entwicklungen an Stelle der MGZ. T oder t auf folgende Weise
eingeführt werden: Bezeichnet L die Länge des Ortes und S die Länge des Zeitmeridians, in Graden positiv
nadi Westen von Greenwich aus gezählt, so ist, wenn die Zeiten durch die Beziehung 24 h = 360 0 nunmehr
ebenfalls in Graden ausgedrückt werden,
t 0 = t — S, t = t 0 + S,
und der Stundenwinkel der mittleren Sonne am Ort zur Zeit t Q gleich t 0 — 180° + (S — L). Die mittlere
Sternzeit auf dem Meridian von Greenwich O ergibt sich zu
(15) 0 = t — 180° + «,
worin « die Rektaszension der mittleren Sonne im Gradmaß nach (6) bedeutet. Hieraus folgt für die mittlere
Sternzeit des Ortes 0', ausgedrückt durch die gesetzliche Zeit am Ort t e ,
0' = t Q — 180» + a + (S - L) ;
c< ist hierin nach (6) für t t 0 + 3 zu berechnen. Es ist jedoch üblich, alle Berechnungen vor allem von
Arbeitstafeln zunächst für den Meridian von Greenwich und MGZ. durchzuführen und die Ergebnisse erst
nachträglich wegen der Länge des Beobachtungsortes und wegen der cingeführten gesetzlichen Zeit zu ver
bessern.