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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums — 61. Band Nr. 6
Man sieht ohne jede weitere Rechnung, daß die neun Stationen in allen Fällen die Merkmale
der Küstenstationen aufweisen. Die anfallende Strömung schießt mit verhältnismäßig hoher Ge
schwindigkeit in die Flußtäler und Buchten hinein, ähnlich wie die aufkommende Flut in die Priele
des Watts. Wenn Schnitte parallel zur Küste durch die Flußmündungen gelegt werden (wir werden
dieser Betrachtung solche Schnitte anschließen) so ist über den Flüssen und Buchten die Strö
mungsgeschwindigkeit stets größer als über dem Land dazwischen. Da nun jede anfallende Strömung
letzten Endes die Kontinuitätsbedingung erfüllen muß, d. h. da schließlich an irgendeinem küsten
parallelen Schnitt landeinwärts die gleiche Luftmenge ausströmen muß, die vor der Küste ein
strömt, so dürfen wir an den Flußmündungen eine Konvergenz erwarten 16 ), die aber nicht etwa
in Form von Niederschlag im Wettergeschehen sichtbar werden kann, sondern im Gegenteil, wie
bei der Erörterung der Niederschlagsverhältnisse ersichtlich wurde, niederschlagsärmer sein muß,
nach dem Schema: Geringe Reibung — große Windgeschwindigkeit — geringe Niederschlags
häufigkeit. Wenn man sich vorstellt, daß eine Strömung bestimmter Geschwindigkeit auf eine
rauhere Unterlage Übertritt und unten gebremst wird, so muß sie, um einen durch Stau erzeugten
Massenzuwachs über der rauhen Unterlage auszugleichen entweder unter Stromlinienverengung,
d.h. Geschwindigkeitszunahme das Reibungskissen überströmen oder bei allmählicher Zunahme
der Reibung innerhalb des Reibungskörpers aufströmen, was ja auch durch das Bild des Nieder
schlagsfeldes bestätigt wurde. Sind in dieser rauhen Unterlage nun Rinnen geringer Reibung, so
muß zu ihnen von der Seite oder von oben von den Gegenden des Massenüberschusses, d.h. der
rauheren Unterlage mit höherer Reibung Luft Zuströmen und Wolken auf lösend wirken. Allerdings
müßte die Strömung dann in den Flußtälern streng genommen schneller sein als die anfallende
Strömung. Nach der Tabelle ist das nicht der Fall, aber man darf nicht außer Acht lassen, daß auch
die zehn bzw. neun Stationen, die in unserer Darstellung die Flußmündungen repräsentieren, nicht
in der Achse der Konvergenzen liegen, sondern an Land. Man darf annehmen, daß die Geschwin
digkeit in der Mitte der Flußmündungen höher ist, als das Mittel der benannten Stationen, das ja
schon dicht am Mittel der anfallenden Strömung liegt, vermuten läßt. So sind die tiefen Werte der
Niederschlagshäufigkeit bei den Mündungsstationen zwanglos erklärt und ihre Korrelation zu den
hohen Windgeschwindigkeiten, die sich besonders deutlich in den Schnitten zeigen wird. Über
haupt tritt diese Übereinstimmung in den bisher verglichenen Tabellen so klar hervor, daß die
Reibungsabhängigkeit des Wind- wie des Niederschlagsfeldes kaum noch bezweifelt werden kann.
Bei den Tabellen für ablandige Winde, den Tabellen 16 und 17, ist der Vergleich mit den
Niederschlagstabellen schwieriger. Während wir dort die Leewirkung der Mittelgebirge in Rech
nung stellen mußten, die das Bild der Tabelle umkehren konnten, ist eine gleiche Wirkung hier
nicht zu envarten. Die Tabellen müssen sich denen für auflandige Richtungen entsprechend ver
halten, denn da das Gelände dasselbe ist, muß auch die Reibungswirkung ihrem Charakter nach
die gleiche sein.
Es folgen die beiden Formen der Tabelle in der üblichen Reihenfolge.
Tabelle 16
Über alle Jahreszeiten
F + S
H + W
Stationen
Küste
+ 1,89 — 4,10
+ 2,45 — 3,23
+ 1,58 — 4,60
37
155° 4,51
143° 3,96
161° 4,86
Land
+ 1,64 —2,64
+ 2,01 —2,31
+1,44 — 2,82
24
148° 3,11
139° 3,06
153° 3,17
Differenz
— 7° —1,40
— 4° — 0,90
— 8° —1,69
61
Anzahl der Wetterlagen
99
35
64