Erwin Prager: Der Einfluß einer Flachküste auf Wind und Niederschlagsfeld
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der zur Verfügung stehenden Wetterlagen abnehmen. Die Karte der Zyklonenzugstraßen van
Bebbers zeigt, wie sehr wir im Mittelpunkt raschen Wetterwechsels liegen. Selbst bei relativ statio
nären Lagen in dem betrachteten Gebiet wird nach Westen oder Norden die Einheitlichkeit des
Bildes durch die weiterziehenden Störungen um so mehr verzerrt, je weiter man das Netz ausdehnt.
An der Ostküste Schleswig-Holsteins sind nun die Verhältnisse andere als an der Westküste. Erstens
liegt hier kein breiter Gürtel flacher Marsch an der Küste, sondern ein unruhiges Hügelland zieht
sich an der ganzen Küstenlinie entlang, weit landeinwärts, der Abfall zur See ist verhältnismäßig
steil. Hier sind keine Watten und keine Gezeiten. Zweitens haben wir hier vor der Küste nicht die
weite See wie an der Westküste, sondern sie ist verhältnismäßig schmal und jenseits sind die zer
klüfteten Landmassen der dänischen Inseln, die, wie Fünen, Arrö und Langeland, selbst wieder
Hügelland tragen. Drittens ist endlich die „auflandige“ Nordströmung hier gar nicht auflandig,
sondern nahezu ablandig. Dennoch ist auch hier deutlich die getreue Abbildung der Küstenkonfigu
ration im Bilde der Niederschlagshäufigkeit zu sehen. Man muß berücksichtigen, daß ein grund
legender Unterschied in der Reibungswirkung zwischen auflandiger und ablandiger Strömung nicht
besteht. Bei der verhältnismäßig hohen Küste wird die Leewirkung eben besonders deutlich,weniger
durch die adiabatische Erwärmung, als durch den plötzlichen Übertritt von der rauhen Unterlage
des Hügellandes auf die glatte See. Es tritt eine Beschleunigung durch die Abnahme der Reibung
ein und der dadurch in Bodennähe entstehende Massenverlust wird durch die Neigung zu absteigen
der Bewegung ausgeglichen. Die im Mittel nordwestliche Strömung unserer Karte ist an der Küste
Schwansens in die Eckernförder Bucht hinein genau ablandig und strömt am andern Ufer gegen die
dänische Wohld wieder auf, und die Karte zeigt an dieser Stelle eine tiefe Einbuchtung der Iso
linien. Um die Wirkung der Schlei sichtbar zu machen, reicht die Zahl der Stationen nicht aus. Im
Gegenteil zeigt Schleswig einen hohen Wert, da wohl die Wirkung der Schlei durch die der Hüttener
Berge, die sich jenseits des Selker Moores auf Höhen von mehr als 100 m emporziehen, verdeckt
wird.
Fig. 4