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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Manneobservatoriums — 61. Band Nr. 5
obachtet wurde, nach Süden ausgebuchtet, im. zweiten Zeitraum vom 27. Jan. bis 24. Febr. (Abb. 14) wurde
die Eisgrenze lediglich auf 30 0 W neu berührt. Der ganzen Struktur nach befindet sich das Eis in diesem
Raume in einem Rückzugsstadium. Das mag jahreszeitlich bedingt sein. Im Gegensatz dazu behielt aber das
Eis im Abschnitt „A“ nach Meldungen anderer Expeditionen auch in der Folgezeit seine weit nördlicher
reichenden Positionen, wie es auch auf den norwegischen Eiskarten in früheren Jahren zum Ausdruck kommt
(Hansen 1935, Atlas 1936). Es scheint daher in ursächlichem Zusammenhang mit dem auf dieser Länge
weit nach Süden vorstoßendem warmen Zwischenwasser zu stehen.
Die Temperatur- und Salzgehaltsverteilung ist gleichlaufend mit der Eisgrenze ruhiger und einheitlicher
geworden, und ist durch die schnellere Abschmelzung der warmen Jahreszeit bedingt. In beiden Zeiträumen
befindet sich das kälteste und salzärmste Wasser an der Eisgrenze bzw. im Gebiet größeren Eisvorkommens
(Abb. 10 bis 12 und 14 bis 16). In der Mitte, zwischen 20 0 und 26 0 W, liegt ein Gebiet stärkerer Erwärmung,
das zugleich durch Vermischung mit tieferen Wasserschichten einen größeren Salzgehalt aufweist als die Rand
gebiete. Die Gegensätze können ganz beträchtlich werden. Im Zeitraum vom 7. Jan. bis 4. Febr. wurden Tem
peraturen zwischen —1,1 0 und 1,1 0 und Salzgehalte zwischen 32,94 und 34,11 °Joo gemessen. Im Zeitraum
vom 27. Jan. bis 24. Febr. betrugen die entsprechenden Werte —1,1 0 und 2,0 0 sowie 33,25 und 34,11 0 / 00 .
An den Rändern zur Eisgrenze treten dabei starke Gefälle auf, die in der obersten Wasserschicht wirksam sind.
So weist auf Abbildung 12 bei 20 0 W und 59 0 S die Zunge salzarmen Wassers eine Mächtigkeit von rund
50 Metern auf (s. im Längsschnitt „a", Serie 31—32).
Bei einem Vergleidi der verschiedenen Abschnitte fallt auf, daß der Salzgehalt im Abschnitt „A“ von der
Eisgrenze zum eisfreien Wasser hin fällt, im Abschnitt „B“ dagegen von der Eisgrenze zum eisfreien Wasser
hin steigt. Im Abschnitt „A“ ist die Erwärmung noch nicht weit fortgeschritten, die Abschmelzung erfolgt
langsam und vornehmlich in den Gebieten des lose verteilten Treibeises. Im Abschnitt „B“ ist das lose ver
teilte Treibeis stark zurückgegangen, die stärkste Abschmelzung erfolgt an der Eisgrenze, und infolge der fort
geschrittenen Erwärmung ist sie sehr schnell und ausgiebig. Die Oberfläche wird daher auch in verstärktem
Maße mit Schmelzwasser verdünnt. In den jetzt eisfreien Räumen des Abschnitts „B“ bleibt aber der früher
erreichte Salzgehalt erhalten bzw. wird er durch Vermischung mit den tieferen Wasserschichten erhöht.
Die entsprechenden Karten des Phosphatgehalts (Abb. 5, 9, 13 und 17) zeigen keinen offensichtlichen Zu
sammenhang mit der Temperatur- bzw. Salzgehaltsverteilung. Nur der Charakter ist derselbe, die Oberflächen
verteilung ist außerordentlich wechselhaft. Die Phosphatverteilung mag noch mehr als die anderen Elemente
von der wechselhaften Eisverteilung beeinflußt sein. Unter der geschlossenen Eisdecke wird der Phosphatgehalt
durch Vermischung mit dem Tiefenwasser angereichert und nur langsam verbraucht. Wird dieses Wasser der
oberen Schichten dann vom Eis freigegeben, so daß Luft und Sonnenstrahlung darauf einwirken können, so
wird die äußerst lebhafte Planktonwucherung einsetzen, die für die antarktischen Meere charakteristisch ist.
Dieses reiche Plankton vermindert den Phosphatgehalt bis zu einem gewissen Grade, wobei noch Eisschmelze
und Niederschläge mitwirken, so daß ein äußerst veränderliches Bild entsteht, zumal die Eisbedeckung und
damit die Abschmelzgebiete stark wechseln. Das örtlich sehr unterschiedliche Plankton- bzw. Diatomeen
wachstum kam auch in der wechselnden Wasserfarbe zum Ausdruck. Es war außerordentlich eindrucksvoll,
wie die Wasserfarbe innerhalb weniger Tage, ja sogar Stunden, also auf kleinem Raum, von klarstem Blau bis
zum dunklen und trüben Grün wechselte bei gleicher Beleuchtung. Leider konnten die Wasserfarben nicht
nach der Forelschen Skala genau erfaßt werden, da die Wasserfarbe bei der großen Bordhöhe (11 bis 14 m)
nicht genau festgelegt werden konnte. Außerdem war sie auch häufig an den in Betracht kommenden Stellen
durch die Abwässer der Kocherei gefälscht. Daher wird von einer Angabe der Wasserfarbe abgesehen.
Die für die antarktischen Meere typischen hohen Phosphatwerte schwanken in unserem Beobachtungsgebiet
zwischen 20 und 65 mg/m 3 . Die Veränderung zwischen den unterteilten Zeiträumen ist ganz beträchtlich und
ergibt völlig zusammenhanglose Bilder, die zeigen, wie stark Vermischung und Vertriftung die Verhältnisse in
der Oberflächenschicht beeinflussen. Zum Teil treten starke Gradienten an der Eisgrenze auf, wie zwischen
6 0 und 8 0 W oder 11 0 und 13 0 W (Abb. 5). In verstärktem Maße sehen wir dies auf Abb. 9 bei 10 0 W
und zwischen 14 0 und 15 0 W. Im Abschnitt „B“ finden wir diese Erscheinung, entsprechend dem starken Zu
rückweichen des Eises, lediglich zwischen 29 0 und 30 0 W wieder.
Bei dem Entwurf der Oberflächenkarten war sich der Verfasser natürlich dessen bewußt, daß gegen diese
Art der Darstellung mannigfache Bedenken erhoben werden können. Denn durch eine Zusammenfassung von