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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums, 61. Band, Nr. 4
Die Größe X ß • T heißt das logarithmische Dekrement der Schwingung. Es ist gleich dem natür
lichen Logarithmus des Verhältnisses zweier aufeinanderfolgender Amplituden (x |1 /x jl j = Dämpfungs
verhältnis) auf der gleichen Seite *) oder
ln x„ — ln x„
wenn x n und
m — n
die Größe der n-ten und m-ten gleichgerichteten Amplitude der Schwingung bedeuten.
Die Bestimmung realer logarithmischer Dekremente der Schwingungsamplituden aus den Beobachtungen
ist nun keineswegs so einfach, als es auf den ersten Blick scheinen könnte. Brauchbare Werte für das Dämp
fungsverhältnis kann man nur aus regelmäßig abklingenden Reihen von reinen Schwingungen bestimmen. In
•vielen Fällen findet man ein scheinbar reines Abklingen von Schwingungen in den Wasserstandskurven, das
aber nicht allein durch die Dämpfung verursacht ist, sondern auch dem Umstand zuzuschreiben ist, daß die
Störungskräfte selbst langsam nachlassen. Weiter ist zu beachten, daß auch unter scheinbar reinen Schwin
gungen Oberschwingungen verborgen sein können. Persistente Schwingungsserien, die sich mit Sicherheit auf
einen Impuls zurückführen lassen, sind aber schon in kleineren Seen schwer zu beobachten; in der Ostsee
wird man sie noch seltener finden.
Eine ziemlich reine einknotige Eigenschwingung des Systems Ostsee — Finnischer Meerbusen, die nach dem
Aussetzen der Störungskräfte unter dem Einfluß der Dämpfung scheinbar wenig gestört abklingen kann,
zeigt das Beispiel vom 11. bis 15. Dezember 1932 in Abb. 3. Die Dämpfung ist hier sehr groß, besonders
im Finnischen Meerbusen, wo die mittleren Werte von / = 0,75 bei Koivisto auf X = 0,45 bei Hangö
regelmäßig abnehmen. In Gjedser erhält man für das logarithmische Dekrement 0,41 und in Kungsholms-
fort 0,60. Die Dämpfung ist also bei den einzelnen Stationen sehr verschieden. Als mittleren Wert für das
ganze Ostseebecken könnte man angenähert X = 0,5 annehmen. Mit diesem logarithmischen Dekrement
konnten wir bei der Analyse der Schwingung vom 13. bis 17. Januar 1936 auch eine gute Elimination der
einknotigen Schwingung erreichen (s. Abb. 14). Eine genaue Angabe der Größe von /. ist wegen der kurzen
und in den meisten Fällen nie ganz reinen Schwingungen des Ostseebeckens nicht möglich. Die oben an
gegebenen Werte vermitteln uns aber eine Vorstellung von der Größenordnung des logarithmischen
Dekrementes bei den Schwingungen der Ostsee. Zum Vergleich mit den entsprechenden Werten in anderen
Seen können wir auf eine Zusammenstellung der X -Werte für die Fiauptschwingungen verschiedener See-
bccken von Endrös (15) zurückgreifen. Die logarithmischen Dekremente sind in den einzelnen Seen sehr
verschieden, den kleinsten Wert finden wir mit X = 0,030 beim Genfer See und den größten Wert >1=0,62
beim Waginger-Tachinger See. Einige Beispiele für stark gedämpfte Seen seien noch angegeben: Für den
Biwasee bestimmte Endrös einen mittleren Wert X = 0,56, und für das Kurisdie Haff fand Lcttau (26)
X 0,50. Diese Werte sind alle ungefähr von derselben Größe wie die in der Ostsee beobachteten. Auch
beim Chiemsee (Endrös [16]), Eriesee und Plattensee ist das logarithmische Dekrement sehr groß (X =
0,36 bis 0,39). Die starke Dämpfung der Seiches der Ostsee steht also nicht einzig da. Wir sehen, daß auch
an anderen Seen ähnlich stark gedämpfte Schwingungen beobachtet werden. Aber es verdient an dieser Stelle
hervorgehoben zu werden, daß die Ostsee mit ihren stark gedämpften Eigenschwingungen die größten
Schwingungsperioden aufweist, die an Seen bisher beobachtet werden konnten.
Eine noch größere Verschiedenheit weisen die Werte für ß — , die sogenannte Reibungskon
stante, in den einzelnen Seen auf, während man bisher dafür eine bestimmte Größenordnung angenommen
hatte. Bei der Ostsee erhält man ß = 0,3 [10= 3 min -1 ], einen im Vergleich zu anderen Seen recht kleinen
Wert. Endrös (15) findet Werte zwischen 0,4 und 19,6.
Ein Vergleich der theoretisch berechneten Schwingungsdauern mit den beobachteten ist nur dann mög
lich, wenn man den Einfluß des Dämpfungskoeffizienten bzw. des logarithmischen Dekrementes mitberück
sichtigt. Wie aus der Physik bekannt ist, wird die Frequenz der gedämpften Schwingung gegenüber der
l ) Wir schließen uns mit dieser Definition des logarithmischen Dekrementes der heute in der Physik gebräuchlichen
Bezeichnungsweise an (Kohlrausch [24]). Früher wurde, besonders in der Mechanik, als Dämpfungsverhältnis das
Verhältnis zweier in entgegengesetzter Richtung aufeinanderfolgender Ausschläge definiert. Auch in der älteren Sciches-Lite-
ratur findet man oft das logarithmische Dekrement als den natürlichen Logarithmus des Verhältnisses zweier aufeinander
folgender, entgegengesetzter Ausschläge angegeben, worauf beim Vergleich älterer und neuerer Z -Werte besonders zu
achten ist.