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Aus dem Archiv der Deutschen. Seewarte und des Marineobservatoriums, 61. Band, Nr. 4
Ersetzen wir in der ersten Gleichung den Differentialquotienten durch den Differenzenquotienten, inte
grieren die zweite und multiplizieren mit 2, dann erhalten wir
und
2Jtio (x)
2 ?o (x) -
4?r 2
gT 2
1
S(x)
2 J 0 (x) 4 x
J 2 ijo (x) b (x) dx
O
7)
Zu den Gleichungen kommen im Falle eines an beiden Enden geschlossenen Beckens noch Grenzbedin
gungen hinzu, die die Größe T, die Periode der Eigenschwingungen der abgeschlossenen Wassermasse, festlegen.
Sie lauten £ 0 = 9 für beide Enden des Sees.
Eine erste rohe Näherung für die Periode Ti der einknotigen freien Schwingung berechnet man nach der
M e r i a n sehen Formel
m 2 1
Ti ^ v- ’
y gho
wo h 0 die mittlere Tiefe des Sees bedeutet. Mit dieser Periode bestimmt man den Faktor Al 1 !. und nimmt
gTH
an einem Ende des Sees (x 0, Querschnitt 0) 2^ 0 =+ 100 cm an. Bei einer genügend großen Zahl von
Querschnitten kann angenommen werden, daß zwischen zwei benachbarten Querschnitten die Hubhöhe kon
stant bleibt und sich dafür bei jedem Schnitt sprunghaft ändert. Es kann dann die Größe
XI
q = f 2r, 0 b (x) dx — 2 v (xj)
O
berechnet werden, wobei v (xi) die Oberfläche des Sees vom Querschnitt 0 bis zum Querschnitt 1 ist. Ist S (xi)
die Fläche des ersten Querschnitts, dann lassen sich die Größen 2 J 0 (x i) und 2 /1 r\ 0 (xi) nach den Formeln 7)
leicht bestimmen. Als Amplitude am Querschnitt i ergibt sich 100 + 2 A ;/ 0 (xi) cm. Mit dieser Amplitude wird
dann genau so weiter gerechnet, wie es mit der Amplitude 100 cm am Querschnitt 0 geschehen ist. Sind wir
schließlich mit unserer Rechnung am anderen Ende des Sees angelangt, dann muß sich für q bzw. bei
richtig gewählter Periode Ti, der Wert 0 ergeben. Ist diese Grenzbedingung nicht erfüllt, dann müssen wir
die Rechnung mit einer anderen Periode wiederholen und so lange fortsetzen, bis q bzw. J am letzten Quer
schnitt verschwindet.
Das Verfahren benötigt zu seiner Durchführung die genaue Kenntnis der orographischen Beschaffenheit
des Sees. Zuerst wollen wir es auf das Schwingungssystem Ostsee — Finnischer Meerbusen anwenden. Dabei
entsteht natürlich gleich die Frage nach der Begrenzung der Ostsee im Norden und Westen, denn das Schwin
gungsbecken soll in diesem Fall in der Beltsee und im Aalandsmeer als vollständig geschlossen angesehen werden.
Als Abgrenzung gegen den Bottnischen Meerbusen wurde die Linie Sandhamn — Feuerschiff Svenska Björn —
Kökarsörn — Utö — Hangö gewählt. Ungleich schwieriger ist dagegen die Begrenzung des Ostseebeckens im
Westen. Wir nehmen als ersten Fall an, die Ostsee sei im Westen durch die Linie Staberhuk (Fehmarn) —
Hyllekrog (Laaland) gegen die Kieler Bucht und bei den Drogden gegen den Sund begrenzt. Das Becken von
Travemünde bis Leningrad teilen wir, unter Ausschluß des Rigaischen Meerbusens, durch 53 Querschnitte senk
recht zum Talweg ein. Es gehören zu dem System Ostsee — Finnischer Meerbusen in diesem Fall die Schnitte 0
bis 54; der Schnitt 0 liegt bei Travemünde und der Schnitt 54 bei Leningrad (Abb. 18). Die Querschnitte sind
mit einem mittleren Abstand von 15 sm dicht genug gelegt, um ein hinreichend genaues Bild von der oro
graphischen Beschaffenheit des Beckens zu geben. Als Tiefenkarte für die Ausmessung diente die Deutsche
Admiralitätskarte D 98. Die Querschnitte wurden auf Millimeterpapier unter vollständiger Ausnützung der
in der Seekarte angegebenen Tiefenzahlen konstruiert und ausplanimetriert. Ebenso wurde das Areal der Ober
fläche zwischen den Querschnitten mit ausreichender Genauigkeit aus dieser Seekarte planimetrisch bestimmt.
Die Ergebnisse der Ausmessung (Ostsee, Bottnischer und Finnischer Meerbusen) sind in Tabelle 4 übersichtlich
zusammengestellt. Die Normalkurve, die nach diesen Werten für das Becken Lübecker Bucht — Finnischer