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Full text: 61, 1941

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums, 61. Band, Nr. 4 
Am 7. Februar liegt nördlich von England ein Hochdruckgebiet, das nach Süden immer mehr Raum ge 
winnt. In der nördlichen Ostsee und im Finnischen Meerbusen ist der Wind schwach und geht nicht über 
Windstärke 3 hinaus. Nur in der westlichen Ostsee herrscht stärkerer NO-Wind, der im westlichen Teil der 
Ostsee das Wasser anstaut, das sich beim allmählichen Abflauen des Windes vom 7. bis 8. Februar langsam 
gegen das mittlere Ostseebecken ausgleicht. Am 8. Februar hat sich das Hoch noch weiter nach Süden verlagert 
und liegt mit seinem Kern über Schottland. In der ganzen Ostsee ist der Luftdruck weiter angestiegen. Der 
Wind ist im ganzen Ostseeraum schwach (2—4 Beauf.). Diese Hochdruckwetterlage hält auch am 9. und 
10. Februar an, und der Wind bleibt schwach aus wechselnden Richtungen. Erst am 11. Februar frischt der 
Wind aus nordwestlicher Richtung in der nördlichen Ostsee auf. 
Bei dieser sehr ruhigen Hochdruckwetterlage sind im ganzen Ostseeraum keine Veränderungen in der 
Windrichtung oder -stärke eingetreten, die eine solche Schwingung verursacht haben könnten. Es kann auch 
nicht ein einzelner Impuls gewesen sein, der die Wassermasse in Schwingungen versetzt hat, denn die Ampli 
tuden wachsen, von kleineren Werten beginnend, im Verlauf des Schwingungsvorganges immer mehr an. Wir 
haben ein „ A u f s c h a u k e 1 n “ der Schwingungen vor uns, wie es nur eintreten kann, wenn die Periode 
der Störungskraft mit der Periode der Eigenschwingungen in Resonanz ist 1 ). Die schwingungserzeugende 
Kraft ist der Luftdruck über dem Finnischen Meerbusen. In Abb. 16 ist zusammen mit den Wasserstands 
kurven der Gang des Luftdrucks vom 7. bis 11. Februar 1930 für Helsinki angegeben. Der Luftdruck „schwingt" 
mit einer Periode von 28 Stunden, also genau mit der Eigenperiode der einknotigen Ostseeseiche. 
In der westlichen Ostsee bleibt der Luftdruck, wie aus dem Barogramm von Feuerschiff Adlergrund hervor 
geht, während der ganzen Zeit ziemlich konstant. Im Finnischen Meerbusen setzen die Luftdruckwellen am 
8. Februar mit einem Minimum um 5 Uhr ein. Dabei erhält der im Steigen begriffene Wasserstand im Fin 
nischen Meerbusen einen zusätzlichen Impuls durch die statische Luftdruckwirkung. (In der westlichen Ostsee 
fällt zu dieser Zeit der Wasserstand beim Abflauen de NO-Windes.) Im weiteren Verlauf der Schwingung 
werden nun bis zum 11. Februar die Amplituden durch die periodisch einwirkende Kraft immer weiter auf 
geschaukelt, wobei das ganze westliche Ostseebecken in entgegengesetzter Phase mitschwingt. 
Hier zeigt uns die Natur ein Beispiel, wie leich die große Wassermasse der Ostsee durch eine Reihe 
schwacher Impulse zu Schwingungen angeregt werden kann; nur müssen die Anstöße mit der Periode der Eigen 
schwingungen erfolgen und an einem besonders empfindlichen Teil des Schwingungsbeckens angreifen, also bei 
spielsweise dort, wo die betreffende Schwingung einen Schwingungsbauch hat. Leider fehlt in diesem Beispiel 
das Abklingen des Schwingungsvorganges nach dem Aufhören der erregenden Kraft. Die eigentlichen freien 
Schwingungen werden am 11. Februar durch den in der nördlichen Ostsee plötzlich sehr stark auffrischenden 
NW-Wind unterdrückt. 
Ein anderes Beispiel für die Erregung von Eigensdiwingungen durch Luftdruckstörungen ist der Schwin 
gungsfall vom 10. Dezember bis 15. Dezember 1932 (Abb. 3), bei dem das freie Ausschwingender 
Wassermasse bis zum Ende besonders schön beobachtet werden kann. Auch in diesem Fall waren die 
atmosphärischen Bedingungen besonders günstig, und es ist vor allem dem beständigen und ruhigen Wetter 
nach der Erregung der Schwingung zu verdanken, daß der Schwingungsvorgang so ungestört abklingen konnte. 
Auf der 8-Uhr-Wetterkarte des 10. Dezember 1932 liegt ein Hochdruckgebiet im Nordatlantischen Ozean 
zwischen Island und Schottland, von dem sich eine kräftige Brücke hohen Druckes über Deutschland hinweg 
bis nach Polen erstreckt. In der westlichen Ostsee herrscht schwacher Wind aus wechselnden Richtungen, in 
der nördlichen Ostsee und im Finnischen Meerbusen Westwind Stärke 2—4. Im Nordmeer liegt ein Tiefdruck 
gebiet, das nach SO vordringt und am 11. Dezember 8 Uhr mit seinem Kern nördlich von Haparanda liegt. 
Das nordatlantische Hochdruckgebiet ist am 11. etwas schwächer geworden, aber die Brücke hohen Druckes 
über Deutschland nach Polen besteht weiter, und der Wind in der westlichen Ostsee bleibt schwach aus wech- 
J ) Wirkt auf ein schwingungsfähiges System von der Eigenfrequenz io 0 eine periodische Kraft von der Frequenz o>, 
so gerät es nach Durchlaufen eines Einschwingvorganges in eine erzwungene Schwingung mit der Frequenz to der erregenden 
Kraft. Sowohl die Phasendifferenz zwischen erregender Kraft und erzwungener Schwingung, als auch die Amplitude der 
erzwungenen Schwingung, hängt von der Differenz «i—co* ab. Wenn die Frequenz der erregenden Schwingung mit der 
Eigenfrequenz des ungedämpften Systems übereinstimmt, spricht man von Resonanz. Streng genommen handelt es sich bei den 
hier beobachteten Schwingungen nicht um freie, sondern um erzwungene Schwingungen. Der beobachtete Schwingungsvo.rgang 
entspricht aber ganz dem einer einknotigen freien Schwingung ün System Ostsee — Finnischer Meerbusen, nur mit dem Unter 
schied, daß die Schwingung dauernd verstärkt wird.
	        
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