Gerhard Neumann: Eigenschwingungen der Ostsee
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am 12. Dezember an, die ausgezogenen Linien den Hebungsbetrag zwischen dem entsprechenden Minimum in der westlichen
Ostsee und dem darauffolgenden Maximum. Die Zahlen bedeuten cm.
Diese Hubhöhendarstellung gibt uns ein klares und eindeutiges Bild von dem Schwingungsvorgang in der
Ostsee. Sämtliche Hubhöhen ordnen sich der kontinuierlich fortschreitenden Verteilung sehr gut ein, und es
besteht gar kein Zweifel, daß es sich bei der hier beobachteten Schwingung um die einknotige Eigenschwin
gung des Systems Ostsee—Finnischer Meerbusen handelt. Die Knotenlinie liegt etwa auf der Linie Libau —Stock
holm, etwas nördlich von Gotland. Sie verläuft nicht, wie man a priori vermuten könnte, auf einem wesent
lich kürzeren Weg quer durch das Ostseebecken, sondern hat eine mehr meridionale Lage, die für die ein
knotige Ostseeschwingung typisch zu sein scheint. Vom Eingang des Finnischen Meerbusens bis zu seinem
Ende wachsen die Hubhöhen infolge der fortschreitenden Beckenverengung sehr stark an und erreichen
schließlich bei Koivisto etwa doppelt so große Beträge wie in der westlichen Ostsee bei Gjedser. An der Süd
seite des Arkonabeckens sind die Amplituden offenbar kleiner als an der Nordseite, eine Tatsache, die sich
auch bei anderen Schwingungsfällen bestätigen läßt. Wie schon einmal erwähnt wurde, können im westlichen
Teil des Schwingungsbeckens die größten Amplituden bei Gjedser beobachtet werden; in der Mecklenburger
Bucht sind sie wieder etwas kleiner, was in Abb. 4 deutlich in Erscheinung tritt.
Um feststellen zu können, wieweit die Beltsee an den Schwingungen des Ostseebeckens beteiligt ist, sind
auch die Wasserstandskurven von Kopenhagen, Korsör und Fredericia dargestellt (Abb. 3). Abgesehen von Ge-
zcitenschwingungen und einer plötzlichen Senkung des Wasserspiegels am 13. Dezember etwa 0 Uhr ist in
Kopenhagen nichts mehr von der Schwingung des Ostseebeckens zu erkennen. In Korsör (im Großen Belt)
und Fredericia (im Kleinen Belt) sind dagegen noch Wasserstandsschwankungen ähnlich wie in Gjedser oder
Marienleuchte bis zum 13. Dezember zu beobachten. Am 13. Dezember erfolgt dann wie in Kopenhagen eine
Senkung des Wasserstandes, aber ein Weiterschwingen mit der Periode der Eigenschwingung findet nicht statt.
Nur die halbtägige Gezeitenbewegung ist in den Wasserstandskurven enthalten, die vorher fast völlig unter
drückt war.