Dr. Carl Pflugbeil: Sturmtiefbildung ü. d. nordamerik. Kontinent (Höhen Wetterkarten; Isentropen-Analyse) 19
proportional ist. Der aus der zu geringen Fortbewegung der Zungen feuchter Luft geschlossene seitliche Aus
tausch, das „lateral mixing“, soll deshalb durchweg längs der isentropen Flächen stattfinden, und eigentliche
Luftmassengrenzflächen sollen aus demselben Grunde im Prinzip mit einer isentropen Flädre zusammenfallen.
Überdies soll dieser seitliche Austausch desto größer sein, je kleiner der Vertikalaustausch ist (Inversionen);
eine Beziehung, auf welche zuerst auf Grund ozeanographischer Untersuchungen in der Karibischen See hin
gewiesen ist (19), nur daß hier der seitliche Austausch auf Flächen gleicher Dichte vor sich ging.
Um einen Einblick in diesen seitlichen Austausch zu bekommen, wählen wir nun eine Wetterlage aus,
bei der ein besonders intensives „lateral mixing" eintreten müßte. Eine solche finden wir am 8. November 1938
über Deutschland. Eine stabile, meist geschlossene Wolkendecke liegt an einer gut ausgeprägten Temperatur
inversion über dem Reich, und der vertikale Austausch ist durch diese Sperrschicht sicher weitgehend herab
gesetzt. Um so größer müßte also der seitliche Austausch sein, und wenn dieser vorzugsweise längs der isen
tropen Fläche stattfindet, dann müßte diese Wolkenluft an der Inversion in einer isentropen Fläche liegen.
Abbildung 32 gibt die potentiellen Temperaturen der Wolkenluft wieder. Wir erkennen deutliche Unterschiede
Abb. 32: Potentielle Temperaturen der Wolkenluft (°C).
8. XI. 38., 8h.
zwischen den Werten über Nord- und denen über Westdeutschland, obwohl überall, wie die beigegebenen
Textauszüge dartun, eine Wolkendecke (wie schon am Vortage) vorhanden ist.
In der Nähe der Frontflächen, wo vielfach lebhafteste Vertikalbewegungen auftreten, dürfte der Einfluß
eines seitlichen Austausches vermutlich noch geringer sein, während bei dem horizontal geschichteten Medium
des Meerwassers ein „lateral mixing" von vornherein wahrscheinlicher ist.
Es ist überdies nicht von der Hand zu weisen, daß die zu langsame Bewegung der Zungen feuchter Luft
in isentropen Flädren, aus welcher auf den seitlidien Austausch geschlossen wurde, einen Effekt nichtadiaba
tischer Vorgänge, insbesondere einen Effekt von Strahlungseinflüssen darstellt, da letztere nach Mügge und
Möller (20) in 24 Stunden sdion Abkühlungen um durchschnittlich 2° C hervorrufen können und gerade die
Randpartien feuchterer Luft sicher strahlungsempfindlich sind.
Im folgenden gehen wir zu den isentropen Karten für den praktisch vorliegenden Fall über (Abb. 33—36,
Tafel VI). Die ausgezogenen Linien stellen Isobaren des aktuellen Druckes, die gestrichelten Linien Isobaren
des Kondensationsdruckes in Abständen von 50 mb dar*. Links von der Station steht der aktuelle Druck, rechts
der Kondensationsdruck; unter der Station die relative Feuchtigkeit in Prozent, darüber die spezifische Feuchtig
keit in g Wasserdampf pro kg feuchte Luft. In den isentropen Karten der Amerikaner werden noch die Winde
aus den entsprechenden Flöhen eingetragen. Wir verzichten hier darauf, da wir eigene vollständige Höhen
karten zur Verfügung haben. Unser Augenmerk richten wir zunächst auf die Gebiete mit Sättigung (schraffiert
eingezeichnet) und vergleichen diese Zonen mit den tatsächlich aufgetretenen Niederschlagsgebieten (Abb. 11
bis 14, Tafel III—TV). Die Niederschläge über Mexiko und Texas zu Beginn der untersuditen Zeit kommen
* In diesen Karten (Abb. 33—36) sind die isobaren Liniensysteme aus Gründen der Konstruktion und Übersichtlichkeit
auch in den Sättigungszonen zur Darstellung gebracht; eine reale Bedeutung braucht ihnen hier (das würde nämlich die
Existenz von Übersättigungszonen bedeuten) nicht zuzukommen.