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Fr. Model : Pegelstationen des Kriegsmarine-Pegelnetzes der Ostsee.
arbeiten nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren: ein viele Meter tiefer Brunnen an
Land ist durch ein in der Tiefe des niedrigsten Niedrigwassers horizontal verlegtes Rohr an
die Wasserstandsschwankungen der freien See angeschlossen, in ..Kahlberg“ und „Cranz“
stehen dagegen Pegelbrunnen mehrere hundert Meter vom Strand entfernt im offenen Meer.
Daß die Errichtung eines Registrierpegels an der deutschen Ostseeküste nicht so ohne
weiteres möglich ist, erhellt folgende Überlegung. Ein mechanischer Schreibpegel besteht aus
einem Schwimmer und Gegengewicht sowie einer rein mechanischen Vorrichtung, die die Auf-
und Abbewegungen des Schwimmers auf eine Schreibfeder liberträgt, die durch übliche Re
gistrierung die gewünschte Wasserstandskurve liefert. Schlechthin ein solches Gerät an der
Küste aufzustellen ist nicht möglich, da es bei niedrigem Wasser stand trockenfallen würde. Man
müßte den Pegel schon an einer Buhne 10 bis 100 m weit in See hinaussetzen. Um ihn bedienen
zu können, wäre die Errichtung eines Laufstegs nötig, eine unbefriedigende Konstruktion, da
das Gerät bei schlechtem Wetter nicht erreichbar wäre. Abgesehen davon lassen der Seegang
und die Brandung gar nicht zu. ein Gerät ohne irgendwelchen Schutz arbeiten zu lassen —
über die Verwendungsmöglichkeit von Fernpegeln wird später gesprochen werden. Wünscht
man kein breites, verschmiertes Registrierband zu erhalten, sondern eine einwandfreie Re
gistrierkurve, so muß die Wasserbewegung „abgedämpft“ werden. Der Schwimmer des mecha
nischen Pegels muß sich innerhalb von Schutzbauten — meist einem Rohr — auf und ab
bewegen, die mindestens im Verhältnis 1 : 1000 abgedämpft sind; dabei versteht man unter
Dämpfungsverhältnis ein Flächenverhältnis, nämlich das der Flutöffnung zum Rohrquerschnitt.
Bei normaler Schwimmergröfie wird ein Rohr von 30 cm 0 benötigt, was einer Eintrittsöffnung
von 9 mm 0 entspricht. Derart geringe Öffnungen sind innerhalb eines Monats verstopft, und
es bedarf großer Fürsorge durch den Pegelwärter, um sie dauernd freizuhalten, da das im Ge
zeitengebiet übliche Spülverfahren in der Ostsee nicht anwendbar ist. So bereiten der See
gang, die Dünung und die Brandung der laufenden Bedienung und pfleglichen Wartung große
Schwierigkeiten, weit schlimmer aber würde die See dem Gerät selbst zusetzen. Ohne irgend
welche Schutzbauten ist es unmöglich, selbst die abgekapselten W i 1 c k e - Pegel (von denen
noch ausführlich gesprochen werden wird; siehe Sachverzeichnis) in der Branclungszone auf
zustellen. Es nimmt deshalb nicht wunder, wenn die ersten beiden Pegel, die von der Marine
1883 in der Ostsee errichtet wurden, „Marienleuchte“ und „Arkona“, die später in die Verwal
tung des Geodätischen Instituts übergingen, von vornherein nicht in der ungeschützten Bran
dungszone, sondern hinreichend weit vom Ufer entfernt auf festem Boden Aufstellung fanden.
Die nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren (s. o.) errichteten Stationen erforderten
umfangreiche Unterwasserarbeiten, die große Kosten verursachten.
Die strandabbauenden auflandigen Stürme verursachen einen kräftigen, seewärts gerich
teten Bodenstrom (Sog), so daß gelegentlich innerhalb weniger Stunden die Zutrittsöffnung des
Rohres mit Sand und Geröll verstopft wurde. Aber auch die strandaufbauende küstenparallele
Strömung lagert laufend Sinkstoffe, vorwiegend Sand, auf der Eintrittsöffnung ab. Um Be
triebsstörungen zu vermeiden, wird von Zeit zu Zeit das Zutrittsrohr gereinigt. Der Brunnen,
der durch einen Schieber verschließbar ist, wird mit einer Pumpe mit Wasser gefüllt, und das
nach Freigabe unter Überdruck ausströmende Wasser reinigt beim Durchstoßen das Rohr und
legt die Eintrittsöffnung wieder frei. Allein diese Reinigungsmethode hat bis jetzt mit Erfolg
nur in der westlichen Ostsee gearbeitet. Bereits in Arkona verstopfte sich der gesamte Zufluß
so hoffnungslos, daß die Anlage im Jahre 1936 aufgegeben werden mußte. Im übrigen hat sich
auch in Marienleuchte vor Jahren ein vollständiger Neubau notwendig gemacht.
Als die Reichswasserstraßenverwaltung unter fördernder Mitwirkung des Ober
kommandos der Kriegsmarine im Bereich der Wasserstraßenämter Labiau und Elbing in
den Jahren 1935/36 Seepegel errichtete, wurde auf das Prinzip der kommunizierenden
Röhren nicht zurückgegriffen. Es war zu befürchten, daß bei den Sandverlagerungen
großen Ausmaßes, die an der Samländischen Küste statthaben, die Anlagen noch weit
öfter Betriebsstörungen aufweisen würden, als es bereits bei Arkona die Regel war. So
blieb denn nichts anderes übrig, als die eingangs geschilderte Aufstellungsart im freien