Meteorologische Beobachtungen an der Küste von Labrador.
Im Interesse klimatologischer Forschung, besonders der synoptischen Studien aut' dem
Nordatlantischen Ozean, wurden während der „Internationalen Polarforschung 1882—1883“ die
schon um 1800 errichteten Beobachtungswarten Labradors (1,2,3) zu meteorologischen Stationen
zweiter Ordnung ausgebaut, sowie zur Verbindung der Beobachtungen der deutschen Über
winterungsstation Kingua-Fjord im Cumberland-Golf (66,6° N) mit dem Beobachtungsnetz
der nördlichen gemäßigten Zone während des ersten Polarjahres.
Ermöglicht wurde die Gründung dieser Stationen nur durch die freundliche Förderung,
welche das Polarunternehmen von 1882 durch die deutschen Missionare der Herrnhuter Brüder
gemeinde und die Society for furthering the Gospel in London erfuhr. Die Stationen wurden
an den Missionsplätzen (Tafel 1, Abb. 1) Hoffenthal, Zoar, Nain, Okak, Hebron und Rama errich
tet. Vorübergehend kam später 1932—1934 südlich von Hoffenthal noch die Station Makkovik
hinzu. Die unter den Eskimos weilenden Missionare übernahmen nicht nur während des ersten
Polarjahres bereitwilligst die meteorologischen Beobachtungen, sondern setzten sie auch später
zum Nutzen der meteorologischen Wissenschaft fort. Die Errichtung der Stationen hatte der
von der Polarkommission beauftragte deutsche Delegierte Prof. Dr. K. R. Koch (1) geleitet.
Die Ausrüstung der Beobachtungsorte mit Instrumenten geschah seitens der Deutschen
Seewarte, welche auch die Fortführung der Beobachtungen nach Ablauf der ersten internatio
nalen Beobachtungsperiode bis auf den heutigen Tag sicherte und unter ihre Leitung nahm.
Bis zum Jahre 1882 sind nur wenige meteorologische Beobachtungsreihen (4,5,6) veröffentlicht
worden, während mit dem ersten Polarjahr (7) eine systematische jährliche Veröffentlichung der Ergeb
nisse in den zu diesem Zwecke herausgegebenen „Deutschen Überseeischen Meteorologischen Beobach
tungen, gesammelt und herausgegeben von der Deutschen Seewarte“ (8) beginnt, die bis zum Weltkriege
fast lückenlos fortgefiihrt werden konnte.
Es ist erfreulich, daß durch die im Rahmen der zweiten Polarjahrforschung (1931—1934)
jetzt erfolgende Drucklegung zusammenhängender längerer Beobachtungsreihen aus neuester
Zeit (Makkovik, X. 1932—VII. 1934 und Nain, I.—VI. 1931; I. 1932—VII. 1933; IX. 1933;
IX. 1935—III. 1939) die Kenntnis über die nordatlantischen Witterungsverhältnisse eine wert
volle Bereicherung erfährt.
Beschreibung der Labradorküste.
Das Küstengebiet Labradors hat folgenden Charakter: vorgelagerte zahlreiche Inseln und
Inselchen, tief eingeschnittenc Buchten und Fjorde, die sich landeinwärts in schöne Täler fort
setzen; darin Reihen von Seen, die mit Stromschnellen und Wasserfällen abwechseln. An ihren
Ufern ziehen sich schmale, nur die Talsohle bedeckende Tannenwäldchen hin (Bild 1). An
geschützten Stellen wachsen Weiden, Buchen, Zitterpappeln und Erlen, auch viele Blüten
pflanzen geben bisweilen der Landschaft ein freundliches Aussehen. Im allgemeinen ist aber
die dem Eise und den Stürmen ausgesetzte nebelreiche Außenküste öde und kahl.
Im südlichen Teil bei Makkovik und Hoffenthal ist noch die frühere Vergletsche
rung des Landes zu erkennen. Die etwa 200 m hohen Berge mit ihren abgerundeten Vor
sprüngen und Kuppen sind, abgesehen von Flechten und Mosen, nahezu ohne Vegetation. Alle
Bergkuppen haben die Form der „Roches moutonnées“, das ganze Land ist übersät mit zer
streuten, zum Teil riesigen erratischen Felsblöcken verschiedensten Gesteins.
Nach der Station Zoar zu werden die Berge höher, die Küste steiler, die ganze Land
schaft großartiger. Je nördlicher man kommt, um so mehr erinnert die Küste an die Fjorde
Norwegens: tiefes, blaugrünes Wasser in den Buchten und schroffe Felsen, die sich senkrecht
aus ihnen erheben. So liegt die Hauptmissionsstation Nain in der Unity-Bay am Fuße eines
von N bis W sie überragenden nahezu 200 m hohen Bergzuges. Die Nainer Bucht ist umrahmt
von 200 bis 300 m hohen Bergen, von denen der Nain gegenüber auf der südlichen Seite
liegende, Sophie genannt, nahezu senkrecht aus dem Wasser sich erhebt (Bild 2). Hierdurch
werden die Bestimmungen der Windrichtungen zwischen SE und S sowie zwischen N und W
beeinflußt. Auf der Nainer Halbinsel liegen die grünbewachsenen Berghänge von Akbikse, nach
der von den Eskimos wegen ihrer Heilkraft bei Skorbutanfällen geschätzten Pflanze Akbik
(Rubus Chamaemorus) benannt.