150
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobscrvatoriums. — 60. Band. Nr. 6/7.
spanischen. Hochland, in der Po-Ebene sowie in den Gebirgen und Becken der Balkanhalbinsel
(vgl. Bacso, 1939). Es ist jedoch klar, daß es sich bei dem Auftreten von KE in diesen Teilen
Europas nur um periphere Erscheinungen handelt, die nicht in der Weise am Zustandekommen
des Klimas beteiligt sind wie im übrigen Europa. 4 * * 48 49 ) Die Nähe Kontinental europas, die Hoch
lage und Abgeschlossenheit sowie die Neigung zu antizyklonalen Luftdruckverhältnissen stellen
das Innere der sLido«(europäischen Halbinsel zwischen Mittel-und Nordosteuropa. Dies kommt
z, B. treffend zum Ausdruck in den mittleren Windverhältnissen der Walachei, welche 1. Ricli
(1938) kürzlich untersucht hat. Er fand, daß westliche und östliche Luftströmungen vor
herrschend sind und einander ablösen. In den Wintermonaten überwiegen die Ostwinde, die
dem Südostabhang der bekannten kontinentalen Hochdruckachse entspringen und die kalte
Bodenkaltluft dieser Gebiete verfrachten. Bemerkenswert ist jedoch, daß gerade im Januar
der Anteil der Westwinde auf Kosten der Ostwinde vorübergehend sehr hoch ist und den
stärkeren ozeanischen Einfluß in diesem Monat verrät. Im ganzen zeigen uns diese Äufzeidi-
nungen die Vereinfachung des Winterregimes in Südosteuropa gegenüber Mitteleuropa im
Hinblick auf die Lufttransporte. Es leitet über zu den von Multanowsky (1924) behandelten
Nordoststürmen des Schwarzen Meeres, die als normale winterliche Erscheinung Beziehungen
zum asiatischen Monsunsystem besitzen. Da Südosteuropa ebenso wie der Hauptteil Nord
osteuropas randlich zu unserem Untersuchungsgebiet liegen, wird in dieser Arbeit nicht näher
darauf eingegangen. Die Begrenzung Mitteleuropas für unsere Zielsetzung ist damit in großen
Zügen gegeben. Die ebenfalls von KE randlich betroffenen Teile Südeuropas werden anhangs
weise dazu im gegebenen Falle besprochen.
Der mitteleuropäische Winter setzt mit Frost im Gefolge der ersten weitreichenden NW -KE
ein, also ungefähr Mitte bis Ende Oktober. Sehr selten gelangen schon die ersten NW-KE über
haupt nach Mitteleuropa. Aber bereits Ende des Monats beginnt auch bereits die Zeit der Wahr
scheinlichkeit für NO-KE. Die NW-KE unterscheiden sich, wie sie es auch in Island bereits tun.
von den gleichen KE des Frühjahres durch die höhere Advektivieniperatur. Der Frost im
Herbst tritt daher in Mitteleuropa bei Nordwestluft erst im Absink-
stadium ein. Dann erst ermöglicht die Aufheiterung in Verbindung mit der fortgeschritte
nen Jahreszeit verbreiteten Frost. Dementsprechend ist auch das Auftreten von Schneeschauern
im Herbst bei NW-KE noch selten.
Die herbstlichen Frühfröste hat P o 11 a c k (1950) behandelt. Auch er gelangte zu dem Ergebnis, daß die herbst
lichen Frühfröste hauptsächlich Strahlungsfröste antizyklonalen Charakters sind. Trägt jedoch Advektion zu einer
Intensivierung- des Frostes bei, dann kommt diese wie im Frühjahre aus NW—N oder auch aus NO, von Skandinavien
bzw. Osteuropa her. Wir werden noch sehen, daß diese herbstliche Abkühlung aus NO anfangs auf Nsk-KE zurück
geht. 48 ) Als Termine besonderer Frostgefahr hebt P. die Zeiten vom ii. bis 27. September und vom 5. Oktober an
hervor. Der 17. Oktober wird von ihm geradezu als Zeitpunkt der „Herbsteisheiligen“ bezeichnet. Die Arbeit
P o 11 a c k s , auf die wir noch zurückkommen müssen, ist auch methodisch insofern beachtenswert, als er darin be
reits für Mitteleuropa verschiedene Typen von Kaltluftadvektion auseinanderhält, die sich allerdings mit den liier
verwendeten nicht decken.
Ist der Beginn der KE über Mitteleuropa somit abhängig von der beginnenden Kaltluft
produktion des Eismeeres nördlich Islands bzw. bei Spitzbergen (wenn es sich um die Einflüsse
von Nsk-KE handelt), so macht sich das Festland Mitteleuropas selbst erst im November kälte
produzierend geltend. Sowohl flache, nebelreiche Kaltluftlager mit langsam
sinkender Temperatur und geringen Strömungsverhältnissen wie auch kurzfristiges
Absaugen der im Südosten gebildeten Kaltluft setzen in diesem Monat ein. Das sind typische
„Strahlungsvertreter“ in der Reihe der KE und zu dieser Zeit noch nicht von NO-KE her
zuleiten. Das Auftreten der SO-KE oder der zuvor erwähnten NW-KE wird geregelt durch die
Zyklonenfrequenz im atlantischen Bereich. Nordeuropa ist zunächst noch ohne direkte Be
deutung für Mitteleuropa bis auf die Fälle, in denen Eismeerkaltluft den Weg über Norcl-
4S ) Die als Bora zum Adriatischen Meer abfließenden Kaltluftmassen des Karstes besitzen in der Bucht von
Fiume günstige Voraussetzungen, da hier ein besonders steiler winterlicher Temperaturgradient besteht (Reya, 1939,
Karte 1 und 4). Auch der Kosava des Eisernen Tores, den Küttncr (1940) behandelt, ist ein durch die Orographie
beeinflußter (DüsenWirkung der Gebirgsliicke!) im Winter trockenkalter SO-Wind, den SO-KE vergleichbar.
49 ) Vgl. das Beispiel bei Naegler (1920).