Joachim BUithgen: Geographie der winterlichen Kaltlufteinbriidie in Europa.
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den anfänglichen NW- und N-Strom ein umfassenderer und kalter Nordostluft vorstoß durch, der
sich in Innerskandinavien unter Einbeziehung der dort lagernden selbständigen Kaltluft weiter
vorarbeitet. Trotz allgemein einheitlicher Kaltluftströmung bleiben mehrere Orte mit Wind
stille im Inneren erhalten. Audi hier bleibt also die Tendenz der Fvaltluftaehse bestehen.
Die Kombination zwischen Ausstrahlung' und Advektion in Lappland, die auch für ganz Nordosteuropa dieser
hohen Breiten z. T. gilt, geht treffend in ihrer Bedeutung für die dortige Klimagestaltung aus den Ausführungen
Kcränens (1928, S. 48/49) hervor: „Die größten interdiurnen Abkühlungen erscheinen das ganze Jahr hindurch im
Fig. 88. Nsk- und NO-KE vom 25. Februar 193:1,
Zufuhr von Eismeerkaltluft nach Nordlappland.
(Nach Bad. Wetterbericht.)
Fig. 89. Nsk-KE vom 26. Februar 1931, Eismeer
kaltluft ist weiter vorgedrungen, kontinental
modifiziert. (Nach Bad. Wetterbericht.)
Zusammenhänge mit den Einbrüchen der Polarluft. Demgemäß sind die Winde aus den kalten Richtungen in diesen
Fällen durchaus vorherrschend. Im Herbst und während der Winterzeit bis zum März sind beinahe alle solche Ab
kühlungen durch die Polarluft vorbereitet und w-erden dabei durch kräftige Ausstrahlung in der an Wasserdampf
armen Luft weiter verschärft. In einzelnen Fällen bildet jedoch die Ausstrahlung nach einer Vorbereitung durch
Winde polarer Herkunft die Hauptursache der starken Abkühlung. Insbesondere wirksam wird die Ausstrahlung aus
einer Schneefläche infolge des großen Reflexionsvermögens der Schneedecke, das bekanntlich durchschnittlich von 60
bis 70 % und bisweilen wohl noch mehr der eingestrahlten Wärme beträgt. Der stärkste Temperaturfall erfolgt somit
in der kalten Jahreszeit am besten bei klarem Himmel. Im Anfangsstadium können doch schwache Schneefälle ein-
treten.“
Auf die klimatische Übergangs Stellung Lapplands wurde schon an anderer
Stelle hingewiesen. Sie ist erkennbar u. a. aus den Eisverhältnissen der Bottenwiek sowie auch
aus den Vegetationsverhältnissen an der polaren Baumgrenze. In bezug auf das Verhalten der
Kaltluft wurde Lappland eingehend besprochen, weil es den Schlüssel für das Verständnis der
Kaltlufttransporte in Nordeuropa birgt. Die Bedeutung seiner Nähe zum Eismeer kommt dabei
zum Ausdruck insbesondere in der Tatsache, daß vornehmlich die Vorgänge nahe der arktischen
Front (im Sinne Bergerons) als der Kampfzone zwischen arktischer und „polarer“ Luft
(nach Schinzes Luftmassengliederung, man berücksichtige jedoch Linkes Einwände
gegen diesen letzteren Begriff (1936 [b])) Lappland berühren. Zur Ausbildung von Warmluft
sektoren im mittel- und nordwesteuropäischen Sinne kommt es hier nicht mehr; es ist also
daran nicht die innerlappländische beharrliche Kaltluftbildung schuld. Die „polare“ (besser:
gemäßigte) Kaltluft übernimmt also hier die Rolle des Warmluftsektors gegenüber der arktischen
Luft. Dies ist zunächst clas Primäre; daß der Widerstand der lappischen Kaltluft die Ausbildung
von Okklusionen an der Eismeerküste begünstigt, ist eine andere Sache, die damit nicht durch
einander geworfen werden darf. Das Ergebnis beider Vorgänge bedeutet demnach, daß sich im
Bereich des Barentsmeeres verschiedene KE-Typen in rascher Aufein
anderfolge ab lösen und in ihrem durchschnittlichen Ablauf das Klima der Nordspitze