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Full text: 60, 1940

Joachim Blütiigen: Geographie der winterlichen Kultlufteinbrüche in Europa. 
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Tu diesem Zusammenhänge ist die südwestliche Ecke dieser kontinentalen Schutzzone, das 
Oslogebiet, wegen seiner unmittelbaren Zyklonennähe besonders bedeutungsvoll. Werden 
doch hier gerade durch das Herumschwenken atlantischer Zyklonenausläufer um Südnorwegen 
(Macht, 1957) die im norwegischen Ostland verbleibendenKaltluftmassen aktiviert. So kommt 
es, clafi auf diese Weise erneut NO-KE eingeleitet werden können, die sich mit Weiterwandern 
der Skagerrakzyklone stärker entwickeln und rückwärts auf Schweden übergreifen. Sie dringen 
in der Regel weit vor auf einer von Nordosten nach Südwesten gerichteten Bahn, die zunächst 
auf keine Schranke stößt. Der Kjöl wirkt sidi bei dieser Stoßrichtung der Kaltluft nicht be 
sonders aus, weder hindernd noch schützend. Bei NO-KE ist die Zyklonentätigkeit in der Haupt 
sache entweder nach Island oder nach Südeuropa abgedrängt, so daß der Kjöl eher einengend 
auf den KE wirken könnte. Die Skagerraktiefs, die einen NO-KE auslösen, sind ja meist flache 
Gebilde, die bei ihrer Ostwärtsverlagerung rasch absterben. Die in anderen Fällen markante 
Wärmegrenze in Mittelschweden, die — 5°- Januar-Isotherme, tritt daher bei NO-KE nicht irgend 
wie in Erscheinung. 
Bei dem Kentern cler NO-Strömung stellt sich auch über Nordeuropa ähnlich wie übrigens 
auch in Mitteleuropa, entweder eine Westwind läge ein — und dann kommt es ebenfalls zur 
Erscheinung der schon erwähnten Kaltluftachse — oder aber ein Ansaugen der Kaltluft aus SO. 
Dieses hat für Skandinavien zur Folge, daß vor dem Gebirge an dessen Ostseite ein gelinder 
Stau entsteht, der sidi auffallend häufig in Windstille und Frostverschärfung äußert. Zwar 
mildert die Ostsee die im Baltikum sehr scharfen Advektivfröste auf 
der schwedischen Seite ganz bedeutend, so daß stärkere negative Anomalien der 
Temperatur damit in Skandinavien nicht verbunden sind. Das war z. B. während cler in Mittel 
europa extrem kalten Frostperiode des Januar 1937 cler Fall, die cler deutschen Ostseeküste kalte 
Südodstwinde brachte, Schweden aber schon erheblidi gemilderte Winde aus gleicher Himmels 
richtung. Aber solange der Wind noch eine südöstliche Komponente besitzt, erhält sidi auch die 
Kaltluft im Schutze des Kjöl. Die norwegische Küste zeigt dann allerdings bereits die Wirkung 
cler herangekommenen Warmluft. Für das nördliche Lappland bedeutet diese Lage keine wesent 
liche Änderung gegenüber einer solchen, die durch einen NO-KE über Mittel- und Nordeuropa 
ausgezeichnet ist: in beiden Fällen herrschen an cler Eismeerküste südliche Winde, das eine 
Mal mit niedrigerem, das andere Mal mit höherem Luftdruck. Die südlichen Winde 
müssen daher an der lappländischen Eismeerküste die kältesten sein. 
Sehr selten wird Nordeuropa von NW- und C-KE betroffen. Erstere berühren auf ihrem 
Wege durch das Einfallstor cler Nordsee Südwestnorwegen, ohne hier jedoch als besonders kalt 
empfunden zu werden. Vielfach liegen die Temperaturen sogar etwas über 0°, obgleich Wind 
richtung, Stärke und Böigkeit sowie das synoptische Bild den Charakter des NW-KE erkennen 
lassen. Wir haben es hierbei zweifellos nicht mit einer unmittelbar ablenkenden Wirkung des 
skandinavischen Gebirges zu tun, sondern ausschließlich mit der Lage der Minima, die den 
NW-KE eben lediglich über die Nordsee nach Mitteleuropa steuern und dabei gelegentlich Siid- 
westnorwegen streifen. Es ist keinesfalls anzunehmen, daß der Kjöl für einen so kraftvollen, 
zyklonal gebundenen KE-Tvp ein absolutes Hindernis bedeutet. Das beweisen ja auch die 
selteneren Fälle eines Uberschwemmens Nordeuropas mit Nordwestluft, für die wir noch Bei 
spiele anfiihren werden. Eine Verzögerung andrängender Luftmassen entlang cler Küste ist 
sicher sofort vorhanden wegen cler Reibung, die absolute Höhe der Gebirge für sich dagegen 
ist viel weniger direkt hinderlich, als vielmehr der Widerstand schwerer und mächtig an 
geschwollener Kaltluft hinter dem Gebirge. Die klimatisch bedeutungsvolle Einwirkung dieser 
Art auf den Weg und das Schicksal der Zyklonen hat Macht (1937) überzeugend dargelegt. 
Es ist also etwas anderes, ob Skandinavien den Luftströmungen den Zutritt verwehrt, oder 
ob es die zugehörigen Luftdruckgebilde auf einen bestimmten Weg weist. Das letztere ist der 
Fall: aber diese Frage verschiebt das Kausalproblem in die meteorologische Sphäre, sie sei 
darum hier nicht näher behandelt. 
Rundlich können auch C-KE aus Mitteleuropa für Skandinavien von Bedeutung werden. 
Sie dehnen sich unter Überschreitung der Ostsee gelegentlich bis Südskandinavien aus. Es kann
	        
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