132
Ans dem Ardiiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums. — 60. Band. Nr. 6/7.
Selbst dann, wenn westliche Luftzufuhr auch in Innerskandinavien und Lappland bis zum
Boden durchgedrungen ist (was bei starkem Gradienten des Kolatiefs einzutreten pflegt), zeigt
sich entlang dem Ostfuß der Gebirge bis nach Lappland hin eine Kaltluftachse. Wir werden
dieses für die Dynamik des nordeuropäischen Winters so wichtige Element noch an einigen
typischen Beispielen kennen lernen. Hier sei daher nur der Begriff der Kaltluftachse in
diesem Zusammenhänge eingeführt.
Wenn also die Temperatur vom Inneren Skandinaviens zur Ostsee hin wieder etwas an
steigt, so kann das nicht allein dem sekundären erwärmenden Einfluß der Ostsee selbst zu
zuschreiben sein. Vielmehr werden auch die den Kaltluftblock zunächst iiberwehenden mari
timen Winde weiter ostwärts zu einer sich auch schließlich am Boden langsam durchsetzenden
Mischung führen“), welche erst wieder durch die nach Osten zu intensivere kontinentale Ab
kühlung aufgehoben wird. Im schematischen Querprofil ergabt sich daher folgendes Bild:
Kontinen-
77* N. e/c h+ talisierung*
+ = Mischungswirkung verstärkt durch Ostsee
luvwirkung
Fig. "7. Querschnitt durch Nordeuropa von W nach O bei Westwindiiberwehung.
Relativ selten wird, wie schon erwähnt, ganz Nor d e u r o p a von westliche n
m i 1 d e n Winden a m Boden über w e h t, aber ebenso selten ist auch die Ausbildung eines
Kaltluftkissens, das auf Skandinavien beschränkt ist und nach allen Seiten hin abströmt. Das
hat seinen leicht erkennbaren Grund. Bei ruhigen Strömungsverhältnissen ist die Voraussetzung
für das Anwachsen der Kaltluftproduktion gegeben. Bei dieser Lage pflegt aber auch clas finni
sche und nordrussische Kontinentalgebiet an dieser teilzuhaben, womit dort erst recht eine
Kaltluftproduktion stattfindet und die Neigung zu hohem Luftdruck nach Osten hin wächst. Die
skandinavische Kaltluft pflegt also in diesem Falle zwar an der norwegischen Küste zum Nord
meer abzufließen, erhält aber gleichzeitig, wenn auch oft nur langsame Zufuhr frisdier Kaltluft
von Osten her, anstatt claß die Kaltluft aus Mittelskandinavien nach Finnland hinabfließt, wie
es einem isolierten Kaltluftkissen in Skandinavien entsprechen würde.
Wir wissen aus Mangel an Stationen nicht, wie weit die an der norwegischen Küste mit O- bis SO-Winden
abfließcnde Kaltluft auf den Skandik hinaus zu verfolgen ist. Ich halte eine relativ nahe der Küste gelegene Grenze
für sehr wahrscheinlich, denn schon Jan Mayen liegt ganz entschieden auf der polaren Seite des den Skandik be
deckenden Tiefdrucktroges (Kunze, 1933), auch ist auf den Wetterkarten, ob mit großem oder geringem Redit
bleibe dahingestellt, zumindest ein Ausläufer der Zentralzyklone bei Island des öfteren eingezeichnet. Die norwe
gische Kiiste liegt daher unmittelbar im Oszillationsbereich der skandinavischen Kaltluft uncl der maritimen Warm
luft. Die tiefen Temperaturen werden hier von Ost- bis Südostwinden gebracht, wobei die föhnartige Kompressions
wärme und die durch die gleichzeitige Wolkenauflösung und Ausstrahlung bedingte Abkühlung sich etwa ausgleichen.
Infolge ihrer festländisdien Herkunft ist die Luft von vornherein kalt gegenüber den maritimen Luftkörpern.
Die in dem Verlaufe der Januarisothermen scharf ausgeprägte Wärme grenze quer
durch Mittelseh weden, die ungefähr der — 5°-Januar-Isotherme entspricht, gibt sich auch
in Verlauf und Häufigkeit der Kaltluftvorstöfie zu erkennen. Sie ist also nicht allein durch die
Intensität des Strahlungsfrostes im Schutze des Kjöl bedingt. Die NO-KE lassen diese Grenze
nicht so deutlich hervortreten wie gerade die Nsk, welche vom Eismeer her Nordeuropa er
reichen. Für diese, deren Stoßrichtung an sich von NW über Lappland nach SO geht, bedeutet
der Kjöl die Flankendeckung, den Schutz gegen Einfließen milderer Atlantikluft, in den Nord
weststrom. wie wir es sonst im Raume der Nordsee ja öfters beobachten können.
43 ) Vgl. Margules (1900, S. E5): „Die über den kalten Keil aufsteigende Luft könnte manchmal die kalte
Schicht überwehen und an einer entfernten Stelle wieder zu Boden kommen . . hierzu ferner auch Exner, 1924,
S. 107.