Skip to main content

Full text: 60, 1940

Joachim Blüthgen: Geographie der winterlichen Kaltlufteinbrüche in Europa. 
125 
zufuhr verbunden. Es kommt dann in Island öfters zn Windstille mit einem Anziehen des 
Frostes, beides ist allerdings durch die Schutzlage der Beobachtungsorte begünstigt (Fig. 2). Nach 
der Windstillenphase schlägt der Wind um und kommt aus Südost bis Ost, trägt daher die Kalt 
luft, die zuvor noch nach Süden geströmt war, z. T. wieder zurück. Am frühesten bei den West 
männerinseln, darauf fortschreitend über die ganze Insel dringt die auf gleitende Warmluft der 
nächsten Front vor. 
Dieses Wechselspiel mit seinen drei Phasen: Einbruch, Kentern mit 
Absinken, präfrontales Rückfluten gestaltet den isländischen „ Kalt 
luftwinter" vom Anfang bis zum Ende. Es bleibt sich im Prinzip immer gleich, da 
gegen ändern sich die Intensität und Häufigkeit, so daß es zu für den isländischen Winter 
charakteristischen Sonclerfällen kommt. 
Dann nämlich, wenn die Zyklonen unmittelbar südlich Islands voibeiziehen, dringen die Warmfronten nicht am 
Boden Iris zur Insel vor. Nach einem Polarluftausfluß kommt es daher zwar zum Kentern und Divergieren der Kalt 
luftmassen, und heitere Nächte bringen schärfere Fröste, ja selbst der Wolkensdrirm der Warmfront schiebt sich in 
der Höhe vor, während am Boden noch innerhalb der Kaltluft östliche Winde aufkommen — aber weiter führt die 
Weiterentwicklung in dieser Richtung für Island nicht. Sie schlägt vielmehr in der Phase der präfrontalcn Ostwinde 
zurück: Winddrehung und Auffrischen auf nördliche Richtung mit Aufleben der Böentätigkeit. Island bleibt daher in 
der Kaltluft, welche von Ostgrönland herüberreicht und hier je nach den südlicheren Druckimpulsen ein ländliches 
Hin- und Herpendeln zeigt. Das ist ein Charakteristikum des isländischen Winters, das sonst im Untersuchungs- 
hereich nirgends anzutreffen ist. Es tritt naturgemäß am ehesten dann auf, wenn die Polarluft an Ausdehnung ge 
wonnen hat und die Zyklonen auf südlichere Bahnen drängt, also vom Hochwinter ab bis zum Frühjahr. 
Wie bereits erwähnt, läßt die Vorstoßtätigkeit der Kaltluft vom Ok 
tober zum November nach. Mildere Luftströmungen verdrängen hier wie 
auch in Nordeuropa die polare K a 111 u f t. das Schwergewicht der Kalt- 
luftbildung beginnt sich auf Innereuropa zu verlagern. Erst im Dezember 
setzt die Polarluft bei Island zu kräftigerem Vorstoßen ein. In diesem Monat dringt sie auch 
häufiger bis nach Mitteleuropa vor. In den Randgebieten des Nordwestraumes nach dem Fest 
land hin bilden Dezember und Februar je ein Maximum an NW-KE aus, während der Januar 
etwas zurücksteht. 
Für den eigentlidien Nordwestraum insgesamt ist das Über wiegen der Nordwest- 
vorstöße während des Jan uar das Hauptkennzeichen. Demgegenüber treten die beiden 
anderen Maxima im Oktober sowie im März—April zurück. Während wir aber diese sekun 
dären Häufungen auch bei der polaren Kaltluftzufuhr nach Skandinavien (Nsk-KE) finden, ist 
das beachtliche Anwachsen der Polarluftvorstöße im Januar ohne jegliche Parallele bei den 
Nsk-KE. Bemerkenswert, ist dabei, daß dieser Höchstwert eben nur für den Nordwestraum gilt 
und sich auch nicht in Mitteleuropa wiederfindet, in das doch ein Teil der NW-KE ausläuft. Hier 
tritt zwar nach Dinies (1932) ein Maximum maritimer Luftzufuhr auf, die aber in Mittel 
europa nur teilweise polaren Charakter besitzt, wohl aber in Island, von wo sie kommt. 
Wir berühren damit eine Frage, die für das gesamte Polargebiet von großer Bedeutung ist: 
die verstärkte Zyklonentätigkeit des Januar. Sie äußert sich in unserem Teil 
raum durch eine Häufung von Rückseitenvorstößen, die gleichzeitig nur 1—2tägig sind. Die 
länger anhaltenden NW-KE fehlen in diesem Monat ganz, wie wir gesehen haben. Unser Gebiet 
ist aber nur das Durdigangsgebiet der Zyklonen, die Warmfronten beginnen hier ihren Kampf 
mit der im Polargebiet seit dem Herbst sich ansammelnden Kaltluft. Dieser Kampf äußert sich 
dynamisch in dem Hervortreten kurzfristiger Polarluftvorstöße von Island her, thermisch be 
wirkt er die Erscheinung des kernlosen polaren Winters, wie ihn z. B. Kunze (1933) und vor 
her Pol log (1924) behandelt haben. Das heißt also, das winterliche Minimum ist geglättet, 
unbestimmt oder mehrgipflig. Wir brauchen uns mit dieser rein polaren Klimafrage nicht näher 
zu beschäftigen, da sie räumlich nicht in unseren Aufgabenkreis fällt. 
Wenn die P o 1 a r 1 u f t v o r s t ö ß e über die Färöer hinaus bis nach Schott 
land und zur Nordsee vorgedrungen sind, pflegen sie mehr oder weniger 
rasch ihre Rückverbindung über Island einzubüßen: der Kaltlufttropfen wird 
abgeschnürt und degeneriert. Die Färöer, welche mitten in der nordatlantischen Tiefdruck
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.