120
Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineuhserva toriu ms. — 60. Band. Nr. 617.
Linie der täglichen Zahl der NO-KE weist kurz vor Weihnachten und kurz danach Höchstwerte
auf, und zwar entspricht ersterer dem Vordringen bis Mitteleuropa und letzterer einem sekun
dären Vordringen in nördlichere Bereiche, wenn Mitteleuropa bereits von milder Luft erreicht
ist. In Mitteleuropa tritt auch das Temperaturminimum dieser NO-KE-Periode erst zum Schluß
auf, was man aus der Verteilung der Minima der Jahreskurve (Schwalbe, 1892) entnehmen
kann, denn auf den 23. und 26. Dezember fällt danach ein hoher Häufigkeitswert, dem in der
im vorigen Abschnitt erwähnten kalten Periode Anfang Dezember geringere Häufungen am 4.
und 8. Dezember vorausgehen.
Späterhin dringt die zyklonale Tätigkeit wieder vor, und in ihrem Gefolge kommt es Ende
Dezember (maximale Tiefdruckbereitschaft in Siiddeutschland nach A. Peppier, 1937 [b]) öfter
zu abschließenden, aber kurzen Nordwestlufteinbriichen mit geringem Schneefall. Bei unge
hemmter Ausstrahlungsmöglichkeit kann dieser Abschnitt auch zum Träger von Jahrestiefst
werten der Temperatur werden (Schwalbe, 1892).
Wichtiger ist vielmehr das Auftreten cler kräftigen NO-KE oder Südost- bis Ostabsaugungen
kontinentaler KL im Januar, besonders Mitte des Monats, wo audi Jahresminima der Tem
peratur nicht selten zu verzeichnen sind. Diese zeigen oft eine Tendenz zu längerer Dauer,
prägen sich daher nicht in Form besonders großer zahlenmäßiger Häufigkeit aus! Skandinavi
sche Kaltluft ist bei diesen meist unterstützend beteiligt, strömt aber nicht auf direktem Wege
nach Mitteleuropa. In der KE-Statistik finden wir nur ein geringes Ansteigen cler NO-KE-
Häufigkeit, aber ein stärkeres der SO-KE. Damit steht der meist sehr trockene Charakter cler
„Singularität“ in Verbindung.
Eine gleichmäßige Häufung aller für Mitteleuropa möglichen KE bringt der Februar (NW-
KE, NO-KE, SO-KE und C-KE) in häufigem Wechsel, verbunden mit größerer Schneewahr
scheinlichkeit. Es ist daher auch aus cler KE-Häufigkeit zu erklären, daß cler Februar nicht
selten das Jahresminimum der Temperatur bringt, welches vorzugsweise auf den Wendepunkt
Anfang Februar fällt, der sich in fast allen Tagesmittelkurven wieclerfinclet. Die NO-KE-Häufig-
keit ist gegenüber dem Januar noch höher. Im März stellt sieb mit schneereichen, kontinentalen
NO-KE ein Nachwinter ein, der infolge der stärkeren Einstrahlung bei zunehmend klarem
Himmel bald zerfällt. Diese Veränderung geht meist so vor sich, daß der Wind auf Süclosten
dreht und dann jedoch keine kontinentale Kaltluft mehr heranbringen kann. Zu dieser
Zeit ist daher auch die zeitliche Grenze für die SO-KE erreicht. Schon Ivämtz (Teil II, 1832)
hatte die Bedeutung und clas Wesen dieser Märzkälterückfälle erkannt, wenn er (S. 56) schreibt:
-Daß cler angegebene Grund dieser Temperaturdepression, nämlich clie dann lebhafter ein
tretenden Ostwinde, der richtige sey, geht aus der oben betrachteten Abhängigkeit der Winde
von den Jahreszeiten hervor; indem diese kalte Luftmassen aus NO mit sich bringen, nimmt die
Wärme bedeutend ab. Diese kalten Winde treten jedoch wohl kaum in allen Jahren zu der
selben Zeit ein, bald früher, bald später ..und auf der nächsten Seite gibt er ein Beispiel aus
Petersburg: „Indem clie mittlere Luftströmung vom 25. Februar bis zum 1. März mit NO zu
sammenfällt, hat die Temperatur schnell abgenommen, und indem die Winde in den folgenden
Tagen noch mehr nach Norden gehen, ist dieses Sinken ungeachtet des höheren Standes der
Sonne fortdauernd; erst vom 7. an, wo cler Wind aus SO, und noch mehr vom 12., wo er aus SW
kommt, zeigt sich eine schnelle Zunahme der Wärme.” Auf solche Unregelmäßigkeiten im mitt
leren jährlichen Temperaturgange hatte übrigens sogar schon vorher Brandes (zitiert bei
Kämtz) hingewiesen.
Nah den märzlichen KE aus NO folgen, als nächster Kälterückfall, meist schon Ende März
clie bekannten heftigen Nordwestluft- und Nordlufteinbrühe des Aprilwetters. Sie kommen
über Skandinavien mit nördlichen und in Lappland nordöstlichen Winden herab und beginnen
ganz im Norden schon Mitte März. Nach Wesen und Richtung unterscheiden sich jetzt NO-KE
und Nsk-KE nicht sehr. Auch die Kälte der Eisheiligen ist genetisch nichts anderes, nur daß sie
in ihrer Wirkung auf den Entwicklungsstand der Vegetation so nachteilig ist. Sie tritt bevor
zugt mit Luftzufuhr vom nördlichen Eismeer über Skandinavien auf NW-KE sind viel weniger
ausgesprochen, zumindest in Mitteleuropa. In Island natürlich kommen ausschließlich die NW-