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Full text: 60, 1940

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Joachim Blii tilgen: Geographie der winterlichen Kaltlufteinbrüche in Europa 
haftigkeit und damit des Aprilwetters gilt. Aprilwetter ist, wie er S. 4 sagt, „Riick- 
scitenwetter mit Sdilackenniedersdilägen und gemischt stimulierenden lähmenden 
Wirkungen auf den mensdilichen Organismus“. Hierzu ist zu sagen, daß der Begriff 
Riickseitenwetter nicht etwa identisdi zu setzen ist mit den NW-KE. Ferner dürfte 
die lähmende Wirkung des Aprilwetters wold nicht so verallgemeinert Gültigkeit 
besitzen, Aprilschauer wirken eher anregend oder gar nervenreizend. In Ergänzung 
zu Meißner müssen wir festhalten, daß zwar NW-KE gegen das Frühjahr hin zu- 
nehmen; in unseren Gegenden sind jedoch die Aprilschauer und die weiteren Kälte- 
l-Uckfälle zum größten Teil durch Nsk über Skandinavien zustande gebracht. Auch 
das Drehen des Windes auf Nordwest über Mitteleuropa ist kein Beweis dagegen, 
vielmehr pflegt die Kaltluft, die über Skandinavien mit Nordostwinden vom Eismeer 
lierabströmt, über Mitteleuropa zvklonal eingewirbelt zu werden, so daß sie daun 
eine Nordwestkomponente zeigt. 
Wichtig ist, daß Meißner, cler von den Beobachtungen von 
Berlin ansgeht, einen Wechsel der Häufigkeit der Aprilkälte feststellte 
(auf eine ähnliche Schwankung in der Häufigkeit der kontinentalen 
Märzkälte weist M. in einer Fußnote hin). Eine solche ist nach dem. 
was wir über die wechselnde Reichweite der KE in den einzelnen 
Jahren darlegen konnten, nicht verwunderlich. Sehen wir dagegen 
von dem festen Beobachtungsort ab und verfolgen den KE als solchen 
ohne Rücksicht auf seine Ausdehnung, dann verschwindet dieser 
Wechsel weitgehend. Das bedeutet, daß im Falle des Ausbleibens der 
Aprilkälte z. B. in Berlin die KE Mitteleuropa nicht mehr erreichen, 
sie sind aber in einem ihrem Ausgangsgebiet näheren Bereich, also 
sagen wir als Beispiel Island auch zu dieser Zeit sozusagen vollzählig 
vorhanden. Es ist daher bei derartigen Schwankungsuntersuchungen, 
die von den Beobaditungen einer einzigen Station ausgehen, entschei 
dend, in welchem Häufigkeitsbereidi des betr. KE sie liegt. 
Das Intensitätsmaximum der NW- und Nsk-KE, von denen wir 
ausgingen, fällt mit ihrem Häufigkeitsmaximum im April und Mai 
zusammen, was aus der Dynamik der Kaltluft und ihren Ursprungs- 
eigenschaften heraus verständlich ist. Mit ihm verbunden sind tiefe, 
durch Ausstrahlung teilweise verstärkte Advektivfröste in Island und 
Nordeuropa, aber auch verheerende Schnee Unwetter in Mit 
teleuropa, wo die Nsk- bzw. NW-KE im Frühjahr ebenfalls am 
intensivsten in Erscheinung treten. Als ein Beispiel für alle sei der 
Nordwest-KE vom 17./18. April 1936 zitiert (aus W. Steffen, 1937, 
S. 277/278): 
„Die größten Schneehöhen traten westlich cler Lenne, im Gebiet der größten 
Niederschläge, auf. Hier wurden außerhalb der Verwehungen Schneedecken bis zu 
1 m festgestellt.“ „Diese Sehneemengen verursachten große Schäden, besonders auch 
dadurch, daß nur auf den höchsten Erhellungen die Temperatur wesentlich unter 0° 
lag und der Schnee infolgedessen außerordentlich wasserhaltig War. Ergaben doch am 
18. morgens an verschiedenen Orten vorgenommene Messungen, daß bis in etwa 500 m 
Höhe cler Wassergehalt cler Schneedecke durchschnittlich doppelt so groß war als 
normalerweise. Der nasse Schnee ist natürlich viel schwerer als trockener, außerdem 
kommt hinzu, daß er außerordentlich aneinanderbackt und so mächtige Lager auf 
Bäumen bilden kann, besonders auf Nadelhölzern. Nach den vorliegenden Meldungen 
traten schon am Nachmittag des 17. durch die Schneebelastung die ersten Schäden 
an den Fichten auf, und mit dem weiteren Schneefall wurden vielfach die Wipfel 
abgeknickt und schwächere Bäume ganz gebrochen. Der Schneebruch wirkte sich 
besonders in den geschützten Lagen aus, während in den freigelegenen Wählern der 
Schnee immer wieder von den Bäumen abgeschüttelt wurde, da während des ganzen 
Tages starker Wind herrschte, vor allem in den rechtsrheinischen Gebieten. Bis zum 
Abend wuchs jedoch cler Wind bis zum Sturm an, so daß auch Windbruch ein 
trat, und durch das Zusammentreffen von Wind- und Schneebruch wurden stellen- 
Fig. 71. Verlauf der KE 1933.
	        
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