Joachim B 1 ii t h g e n : Geographie der winterlichen Kaltlufteinbrüche in Europa. 97
durch seine Milde ausgezeichnete Winter 1929/30 macht sich im vorliegenden Diagramm be
merkbar durch das relative Yorwiegen von allein auftretenden NW-KE. Die Gebiete um Island
wiesen also verstärkte Kaltluftzufuhr auf als Folge der verstärkten Zirkulation im atlantischen
Raume, welche auf ihrer Südseite milde Luftmassen fortgesetzt nach Mittel- und Nordeuropa
einströmen ließ. Umgekehrt war dagegen das Bild im vorhergehenden strengen Winter
1928/29, in dem, wie schon mehrfach erwähnt, Hochdruckgebiete in Nordeuropa und über dem
Nordatlantik für die Zufuhr kalter Luft direkt über Europa hin sorgten, während eine solche
bei Island nicht stattfand. Daher sind allein auftretende NW-KE auffallend verringert, NO
und Nsk demgegenüber häufiger. Die als besonders zyklonal zu bezeichnende Verbindung NW/
SO trat 1929/30 entsprechend häufiger auf als 1928/29, als für die SO-KE eben die zyklonalen
Voraussetzungen auf dem Nordmeer fehlten. Demgegenüber wai* die Zahl cler C- und Sk-KE
erhöht. In dem ebenfalls strengeren Winter 1925/26 lag das Schwergewicht bei den NO + NW,
daneben bei den C-KE. So wäre es also nicht schwierig, aus den diagrammatisch dargestellten
KE-Verbindungen die Beziehungen zur Luftdrucklage herauszulesen. Die jahreszeitlichen,
monatlichen Änderungen im Mittel der acht Jahre werden wir dann im Zusammenhang mit dem
jahreszeitlichen Gang (Kapitel C8) berühren.
Was nun die zeitlich hintereinander verknüpften KE-Kombinationen betrifft, so ist eine
Auszählung aus dem vorliegenden Material nicht möglich, da nicht ersichtlich ist, welche
anderen Einwirkungsfaktoren nach Ablauf der Zwischenzeit wirksam geworden sind, die wo
möglich eine andere als die erwartete Kombination zuließen, und da andererseits die Zeitspanne
zwischen anlaßgebendem und ausgelöstem KE durchaus wechselt.
8. Der jahreszeitliche Gang cl e r Vorstöße.
Die auf cler achtjährigen Summe beruhenden Kurven der KE-Typen (Fig. 41—46) sowie
ihre Verteilung auf die Einzeljahre (Fig. 47—52) und schließlich die auf die Monate verteilten
KE-Kombinationen (Fig. 53—62) zeigen trotz aller durch die Kürze der Reihe bedingten Zu
fälligkeiten einige charakteristische An- und Abstiege. Insofern sie luftdruckmäßig zu analy
sieren sind, wird darauf, soweit möglich und notwendig, in dem Abschnitt über die Beziehungen
zum Luftdruck (Kapitel C6) eingegangen, in bezug auf ihren Anteil an cler Aussonderung
natürlicher Witterungsabschnitte des Jahres sind sie als Beitrag zur Singularitätenfrage im Ab
schnitt CIO behandelt. Wir begnügen uns daher, den all winterlichen Gang der KE zu be
schreiben unter Wahrung geographischer Zielsetzung.
Auffällig war bereits bei den statistischen Vorarbeiten, daß die Gesamtzahl aller KE
eines Winters Schwankungen unterworfen war, die mit dem thermischen Charakter des Winters
parallel gehen.
Es ergibt
sich das aus
folg
ender Tabelle:
Winter:
Zahl der KE
insges.:
davon: NW
Nsk
NO
c
SO
Sk
1925126
91
35
17
24
8
7
5
192612?
122
44
28
21
7
10
it
1927/28
102
36
27
18
3
12
6
1928/29
97
24
26
22
u
5
9
1929/50
80
33
16
u
5
13
2
1950/51
93
31
17
19
8
16
3
1951/52
100
31
26
25
14
6
i
1952/55
9t
28
26
11
11
12
5
zusammen
776
262
182
149
67
81
40
Wir bemerken daraus sofort, daß sich thermisch singuläre Winter wie z. B. der strenge Winter
1928/29 nicht in der Gesamtzahl aller KE zu erkennen geben, diese erreichte vielmehr in diesem
Winter nur den Durchschnitt 97. Wohl aber war die Zahl der Tage mit NO-KE 1928/29 hoch. Jedoch
prägte sich cler folgende milde Winter 1929/30 auch kräftig in der geringen Zahl cler KE aus.
In diesem hierin angedeuteten, voneinander abweichenden Verhalten strenger und milder