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Full text: 60, 1940

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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums. — 60. Band. Nr. 6/7. 
Ebenso wie ein erlahmender Warniiuftsirom im Winter durch Ausstrahlung degeneriert, 
verändert sich ein Kaltluftstrom im Frühjahr durch Einstrahlung. Das gilt ganz beson 
ders von dem Absaugen südöstlicher Kontinentalluft sowie von früh jährlichen NO-KE“). In 
beiden Fällen spielt die Neigung zu Aufheiterung eine wesentliche Rolle. Die große tägliche 
Temperaturamplitude verschiebt sich jeden Tag um einige Grade aufwärts. Es geschieht dies 
in dem Übergangszeitraum, in dem die Kontinentalluft stärker der Insolation zu unterliegen 
beginnt. Im Hochwinter ist es umgekehrt, dann senkt sich die tägliche Temperaturamplitude 
abwärts. 
Ganz besonders instruktiv in bezug auf den Wechsel von Degeneration und Regeneration 
eines KE sind Beispiele von SO-KE über Deutschland. Es handelt sich wohlgemerkt hierbei 
nicht um das Oszillieren der KL an jener Elbe-Oder-Grenze, von dem früher die Rede war, 
sondern um eine Abschwächung und nachfolgendes Wiederaufleben über dem ganzen Gebiet, 
in dem der freilich nicht weiträumige SO-KE herrscht. Das südosteuropäische Hochdruckgebiet 
ist relativ schwach, ebenso sind die Warmfronten des westlichen Tiefdrucksystems wenig 
energiereidi. Bei ihrem Vordringen machen sie sich nur in geringem Temperaturanstieg und 
Drehen des SO-Windes auf SW bemerkbar; aber schon nadi Durchzug der ersten flachen Front 
dreht der Wind zurück vor der nächsten Front, und in gleichem Maße dringt die KL wieder 
bis zu der vorher innegehabten Grenze vor. KL und WL stehen daher in diesem Falle ziemlidi 
gleichwertig einander gegenüber bei im ganzen geringem Gradienten; sie wechseln gesvisser- 
maßen rhythmisch ab. Die geringste Störung verändert clas Gleichgewicht, und die WL dringt 
schließlich doch weiter vor. 
Mit der Degeneration eines NO-KE steht, wie schon erwähnt, sein Areal in enger Be 
ziehung. Nicht immer aber sind die Luftdruckverhältnisse so, daß sie eine Regeneration in clem 
zuvor gesdiilderten Sinne ermöglichen. Ein bis Spanien und Italien vorgedrungener Nordost- 
luftschwall wird vielfach über ganz Nordeuropa gleichzeitig stark abgebaut. Die Westströmung 
greift immer weiter südwärts durch, während das Mittelmeer dann erst clen Höhepunkt des 
KE erlebt. Dort unterliegt die KL regelmäßig clem Insolationszerfall. Welcher Fall nun bei 
einem NO-KE eintrifft, ob ein sich über Norclosteuropa regenerierender oder ein von Norden 
her abgebauter, im Mittelmeer zerfallender, hängt ganz von clen steuernden Druckgebilden ab. 
Im ersteren Falle hält sich hoher Druck konstant bei Schottland mit einzelnen Druckwellen von 
Norden nach Süden, sogar von Nordosten nach Siiclwesten hinweg (eine nahezu paradoxe Um 
kehr des normalen Verlaufs der Druckwellen). Im zweiten Falle schwenkt vom russischen 
Maximum eine Hochdruckwelle über Mitteleuropa ein, während ihr Tiefdruckwellen von W 
her folgen und sie weiter nach S abdrängen, also eine Gesamtumkehr der Wetterlage bedingen. 
Wir sehen also, daß die Erhaltung oder der Zerfall der KE ohne eine Analyse der Luft 
druckvorgänge nicht zu verstehen ist. 
5, Bedingungen der Kaltluftbildung. 
Wir haben sdion mehrfach unterschieden zwischen der luftdruckmäßigen Auslösung 
der IvE und clen vorbereitenden Bedingungen der KL-Bereitstellung, welche ganz be 
sonders einer geographischen Betrachtung zugänglich sind. Nicht nur die Verteilung 
von Land und Meer reguliert die KL-Bildung, indem die Landflächen im Winter 
stärker erkalten, sondern auch die orographischen Verhältnisse sind nicht unwesentlich. 
Über ihre Bedeutung für den Ablauf des Luftmassentransports äußert sich S chinze 
(1952 [a]) gelegentlich einer kritischen Betrachtung der von Siebe rg zitierten Wetter 
regel: „Die wandernden Tiefdruckgebiete suchen hauptsächlich die großen Wasserbecken auf 
und meiden die Gebirge.'“ Warmluftmassen meiden noch weit stärker als Kaltluftmassen clen 
Übertritt über ein Gebirge. Als besonders effektive Sperren bezeichnet S c h i n z e die skandi 
navischen Gebirge, die Alpen, clas Grönlandmassiv u. a., in zweiter Linie auch Karpathen, 
Sudeten u. a. Er weist sodann auf die starke Eigenkaltluftproduktion Skandinaviens hin 
(= „Kältegebirge“), die die orographischen Hindernisse noch verstärkt. Selbst wenig mächtige 
-’ s ) Vgl. eins Beispiel eines NO-KE im März bei Bakalow (1959).
	        
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