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Full text: 60, 1940

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Joachim Blii tilgen: Geographie der winterlichen Kaltlufteinbriiche in Europa. 
Nordwestluft auf das Festland verändert sich auch das charakteristische Bild der Temperatur 
abnahme mit der Höhe innerhalb der Luftmasse, eine Eigenschaft, welche durchaus nicht nur 
meteorologisches Interesse beanspruchen darf, sondern für verschiedene physiognomisch wich 
tige Erscheinungen von Belang ist. Bei reiner NW-Luft besteht eine gl eidisinnige, in den 
untersten Schichten etwas stärkere Temperaturabnahme nadi oben zu (verursacht durch die Er 
wärmung der untersten Schiditen der Polarluft über dem Meere): bei beginnend festländischer 
KL, welche sich aus NW-Luft herleitet, entsteht ein Knick in der Kurve. Die Bodenluft kühlt 
sich stark ab, der Temperaturgradient ist bis zu einer meist geringen Höhe negativ, d. h. es 
bildet sich eine Inversion heraus, während oberhalb dieser Stelle die normale Temperatur 
abnahme einsetzt. Fig. 2? zeigt die beiden Fälle, welche einer rasch wandernden und einer 
stationären Antizyklone angehören. 
Höhe A B B 
A = Rasch wandernde Antizyklone. B = Stationäre Antizyklone. 
Fig. 27. Znstandskurve der Temperatur bei frischer NW-Luft (A) und bei absinkender Festlandslnft (ß), nach 
W. Peppier (1912). 
Bei stürmischen Perioden kann sich vielfach ein KE nicht durch die allgemeine, kräftige SW-Strömung durch 
setzen. Er wird verschleppt; wenn er jedoch breit genug und mit einem kräftigen Drueksteiggebict verbunden ist. 
um tiefer vorzustoßen, dann wird aus ebenderselben westlichen Richtung Warmluft einbezogen, die sich in die KL 
cinsehaltet und diese verdrängt. Die Warmluft wird durch eine breite, bis nach Nordirland reichende Hochdruck- 
zunge vom Atlantik her herumgeführt und in den Kaltluftstrom ohne Änderung der Stromrichtung einbezogen. Der 
mit westlichen oder auch voll nordwestlichen Winden einhergehende NW-KE „degeneriert“ daher schon während seiner 
Aktivität rein advektiv und kann, wenigstens in seinem distalen Teil, gar nicht erst voll zur Entfaltung kommen. 
Eine Regeneration eines KE aus NW ist lediglich unmittelbar nabe seinem Ursprung über 
Island möglich. Durch herandrängende Tiefs, die südlich von Island vorbeiziehen, wird die noch 
nicht weit vorgestoßene und noch nicht von ihrem Quell gebiet abgetrennte KL oft nur vor 
frontal zum Stillstand gebracht, während sie nach Durchzug des Tiefkernes einen neuen mit 
NO-Winden beginnenden, aber bald in NW übergehenden Impuls erhält. 
Regeneration ist besonders häufig anzutreffen bei NO -KE oder beim Absaugen süd 
östlicher KL (SO-KE). NO-KE werden, wenn sie weit genug vorgedrungen sind, von Norcl- 
finnland her durch mildere westliche Luftströmungen abgedrängt. Die Wurzelzone der NO-KE 
verlagert sich weiter südwestwärts und kommt in Gebiete zu liegen, clie keine extrem kalten 
Luftmassen mehr abfließen lassen. Diese Abschnürung im NO ist jedoch trotz analoger Strö 
mungsbilder nicht von der gleichen Wirkung wie die Abschnürung der NW-KE, von der wir 
gesprochen haben. Es handelt sich hierbei vielmehr um den Zustrom maritimer und maritim 
polarer KL von zunehmend kontinentalem Gepräge (nämlich in dem Maße, wie er das nord 
europäische Festland betritt), der in vollkontinentale Luftmassen vorclringt. Es vollzieht sieb 
daher eine rasche Assimilation der eingeclrungenen Luftmassen, die entweder gleich in den 
NO-KE miteinbezogen werden, oder die ein Hochdruckgebiet über Nordeuropa aufbauen, an 
dessen Südostseite sich ein neuer NO-KE entwickelt. Der vorangegangene, nach SW abge 
drängte Restvorstoß der Nordostluft kann zu diesem Zeitpunkt noch erhalten sein, so daß wir 
es hier tatsächlich mit einer Regeneration bzw. Reaktivierung in Mitteleuropa zu tun hätten. 
Voraussetzung ist allerdings anhaltend relativ niedriger Druck über dem Mittelmeer.
	        
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