Josef Marner: Die klimatischen Bedingungen für die Siedlung von Nordeuropäern in den Tropen.
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') Nr. 44, S. 31 ff.
Die Klimagramme liegen fast ganz in der Behaglichkeitszone. In Alt-Moschi, Leudorf und Aruscha liegt
nur April im Schwülebereidi.
Unser Gebiet ist daher für das ganze Jahr als gesund anzusprechen.
Der Urwaldgürtel.
Angaben über das Klima liegen vom Urwaldrand oberhalb Kiboscho (1630m) vor. Im übrigen
gründen sich die folgenden Ausführungen auf die Untersuchungen von K 1 u t e 60 ).
Das besondere Kennzeichen des Klimas ist die stets vorhandene Wolkendecke imd große Luftfeuchte.
Die relative Feuchte der Luft beträgt meist 100% und sinkt selten unter 90%. Im Jahresmittel ist der
Niederschlag größer als 2000 mm. Auch außerhalb der eigentlichen Regenzeiten kondensiert der Wasser
dampf. Vor allem in den Morgenstunden schlägt er sich an allen Gegenständen nieder. Man kann im Urwald
gürtel von einer Dauerfeuchte reden; die Kleider werden klamm und naß, infolgedessen stellt sich ein
Gefühl des Fröstelns ein. Mit dem körperlichen Unbehagen kann bei dem Fehlen des Sonnenscheines auch
eine Gemütsverstimmung aufkommen.
Der Wald und die Wolkendecke üben auf die Temperaturen einen mäßigenden Einfluß aus, die Tempera
turschwankungen sind gering.
Die Hochregion.
Oberhalb des Urwaldes nimmt der Niederschlag wieder ah. In 3000 m Höhe beträgt er an der Südseite
600 mm und im Norden nur 400 mm. Eine große Bedeutung kommt dem trockenen, aus NE wehenden Anti
passat zu, der seinen Einfluß bis 4000 m herab geltend machen kann. Tragen aufsteigende Winde aus dem
Urwaldgürtel Wasserdampf empor, so wirkt der Antipassat trocknend, und Wolkenfetjen und Nebelschwaden
werden aufgelöst. Durch die Wolkenlosigkeit nimmt die Sonnenscheindauer in größeren Höhen natürlich zu.
Die Strahlungstemperatur spielt aber für das körperliche Befinden eine erhebliche Rolle. Bei niedriger
Lufttemperatur ruft die Strahlung das Gefühl intensiver Wärme hervor. Die Strahlungstemperatur ist oft
von der von Daressalam nicht wesentlich verschieden. Bis 15 Uhr beträgt sie mehr als 30°, und oft werden
morgens um 10 Uhr schon mehr als 40° gemessen. Die Strahlung ist so stark, daß das Tragen des Tropen
helmes erforderlich ist. Der Wechsel von Regen- und Trockenzeit und die geringe Bewölkung haben eine
beträchtliche jährliche und tägliche Temperaturschwankung zur Folge. Dazu tritt der häufige und plötjliche
Wechsel der Temperatur, je nachdem die Sonne einstrahlt, oder Bewölkung die Einstrahlung verhindert.
Bei Sonnenstrahlung ist der Tropenhut erforderlich; es herrscht aber sofort „Novemberwetter“, sobald
die Sonne nicht mehr einstrahlt. Zu den großen Schwankungen der Temperatur tritt auch noch ein häufiger
Wechsel in der Luftfeuchte.
Zusammenfassung.
Das Kiliinandscharo-Meru-Gebiet dürfte für den Nordeuropäer in Deutsch-Ostafrika einer der günstigsten
Räume sein. Die Temperaturen sind meist niedrig, und die täglichen Schwankungen groß. Ungünstig ist nur
in hohen Lagen die große Feuchte, starke Bewölkung und der Mangel an Sonnenschein. In den trockeneren
Gebieten, meist im Westen, bestehen allerdings derartige Beeinträchtigungen nicht.
Das Gebiet ist von der Küste mit der Eisenbahn in einem Tage zu erreichen und dürfte für die Be
wohner der nördlichen Tiefländer als Erholungsaufenthalt dienen können.
7. Das große abflußlose Gebiet.
(Klima-Tabellen 21 und 22, Seite 62; Klimagramm 19, Tafel 4.)
Man unterscheidet in diesem Gebiet zweckmäßig die eigentliche Massaisteppe und die diese im Westen
begrenzende Landschaft des Ostafrikanischen Grabens mit dem Rumpfschollenland.
Das eigentliche Massailand erhebt sich im Norden allmählich von 800 bis 900 m am Hochlandsrand
zwischen Usambara und Unguru bis auf 1300 bis 1400 m am ostafrikanischen Graben; im Süden steigt es bis
über 1000 m Höhe an.