Josef Marner: Die klimatischen Bedingungen für die Siedlung von Nordeuropäern in den Tropen.
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Es ist also erforderlich, tropische Gebiete auch hinsichtlich der Feuchteverhältnisse zu untersuchen.
Wichtig sind vor allem Angaben über Nebelhäufigkeit und über die jährliche Verteilung der Niederschläge.
Gerade der Wechsel von Trocken- und Regenzeit, nicht der Verlauf der Temperaturen bestimmt ja in den
Tropen die Jahreszeiten. Es sind also außer der Temperatur auch der Niederschlag, die relative Feuchte,
Bewölkung und Sonnenscheindauer mit in die Betrachtung einzubeziehen.
B. Berechnung der für den Menschen wesentlichen Klima-Elemente
und ihrer Verbindungen sowie die darauf sich gründende Beurteilung der
Siedlungsmöglichkeiten in Deutsch-Ostafrika.
1. Das Beobachtungsmaterial und seine Auswertung.
Die meteorologischen Beobachtungen aus Deutsch-Ostafrika sind zuin großen Teil in den „Deutschen
Überseeischen Meteorologischen Beobachtungen“ und den „Mitteilungen aus den Deutschen Schutzgebieten“
veröffentlicht. Außerdem ist es mir möglich gewesen, Originalmaterial und unveröffentlichte Beobachtungen
bei der Deutschen Seewarte in Hamburg einzusehen.
Im ganzen haben mir meteorologische Daten von über hundert Stationen in Deutsch-Ostafrika zur Ver
fügung gestanden. Die zusammengesetzten bioklimatischen Elemente, wie zum Beispiel die Abkühlungs
größe, erfordern naturgemäß gleichzeitige Angaben von Temperatur, Feuchte und Windgeschwindigkeit. Da
diese für eine Reihe von Stationen nicht vorhanden sind, hat sich die Zahl der verwertbaren Stationen er
heblich verringert. Über die geographische Lage der benu^ten Stationen wird in Abschnitt V (Seite 52)
berichtet.
Von allen einfachen und zusammengesetzten Klima-Elementen sind möglichst fünf jährige Mittel berechnet.
Für einige klimatische Faktoren ist bei dem gleichmäßigen Verlauf der Witterung in den Tropen damit ein
hinreichend genauer Mittelwert bestimmt. Heilgermann"’) fand dies z. B. bestätigt bei seinen Berech
nungen der Temperatur-Monatsmittel für eine Reihe von Stationen in Togo. Dasselbe zeigten auch meine
Berechnungen für Deutsch-Ostafrika. Castens 00 ) gibt an, daß für die Temperatur und Feuchte für die
Praxis auch vier Jahresreihen genügen. Deshalb habe ich für einige Stationen, bei denen das Beobaclitungs-
material nicht ausreichte, auch vierjährige Mittel verwendet. Stationen, für die langjährige Reihen nicht
vorliegen, oder auf denen nicht alle Klima-Elemente beobachtet worden sind, wurden trotzdem zuweilen mit
herangezogen; sie sollen allerdings nur in zweiter Linie gewertet werden.
Auf die Benutzung homogener Reihen wurde verzichtet. Nach Möglichkeit wurden jedoch stets die Daten
der Jahre 1908 bis 1912 und die Beobachtungszeiten 7, 14 und 21' 1 gewählt, die auch von der Hauptwetter
warte Daressalam angegeben werden.
Über die Berechnung der Tagesmittel der klimatischen Elemente wird auf Seite 53 berichtet. Für die
Bestimmung der „Temperatur-Wetterhaftigkeit“ ist die auf Seite 10 angegebene Methode herangezogen worden.
Die Abkühlungsgröße wurde nach der bereits auf Seite 15 angegebenen Formel II = (0,13 + 0,47 -\'V )
(36,5 — t) für v =5 1 bestimmt. Die Berechnung erfolgte mit genügender Genauigkeit mit Hilfe eines Nomo-
gramms, das für obige Formel von mir in Anlehnung an ein ähnliches Verfahren zur Bestimmung der
Abkühlungsgröße (nach einer Formel von Dorno) entworfen wurde 51 ). Da die Windstärke in den Veröffent
lichungen der meteorologischen Beobachtungen aus Deutsch-Ostafrika fast nur nach der Beaufort-Skala
angegeben wird, mußte eine Umrechnung in Windgeschwindigkeit (m/sec) erfolgen. Dies geschah in An
lehnung an die im Handbuch der Klimatologie von Koppen und Geig er veröffentlichte Tabelle 52 ). Für
Orte, die nicht im Meeresniveau liegen, wurde II verbessert durch Multiplikation mit , wobei b den Luft-
i L*o
druck an der betreffenden Station und b 0 den Normalluftdruck in M. H. in mm Quecksilber bedeutet.
Die Angaben über die Niederschlagsverhältnisse von Deutsch-Ostafrika sind der Arbeit von P a a p
entnommen 53 ).
! ) Nr. 33, S. 7. 00 ) Nr. 39, S. 47.
51 ) Nr. 35, S. 56. M ) Nr. 4, S. 221. M ) Nr. 41.