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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums. — 59. Band. J\r. 10.
Ein instruktives Beispiel hierfür scheint der Drucksturz bei dem norddeutschen Hochdruck-Gewitter
vom 19. August 1932 zu bieten (31, Tafel 8). Hier stieg schwachbewegte Luft von unten unvermittelt bis
ins Cirrusniveau, und zwar in eine frontale Höhenströmung von 25 bis 40 m/sec Geschwindigkeit hinein, und
es gab bei den Gewittern — im Gegensatz zur normalen „Gewitternase“ — Drucktrichter, die, wie bei
Fehmarnbelt, an die Druckkurve einer kleinen tropischen Zyklone gemahnten.
2. Verschärfung der Frontalzone und Druckfall
Wenn die Isobarflächen im Frontalzonenbereich ihre Neigung zeitlich vergrößern, d. h. wenn die
Frontalzone sich verschärft, so treten ebenfalls Horizontalbeschleunigungen auf. Nehmen wir an, es herrsche im
Falle der Abbildung 4 (S. 8) im Gefällsbereicb der Isobarflächen p, bis p , der (in die Bildebene hineingerichtete)
horizontale Gradientwind, d. h. Gleichgewicht zwischen der nach links gerichteten Gradientkraft und der
entgegengesetzt gerichteten Ablenkungskraft der Erdrotation, so wird eine Versteilung des Höhendruck
gefälles zur Folge haben, daß die Gradientkraft die Corioliskraft überwiegt.
Die Horizontalströmung in der Höhe wird dann also nach links beschleunigt, im selben Sinne, wie die
vertikal aufwärtsbewegte Luft beschleunigt wird. Indem eine Verschärfung der Frontalzone gleich
bedeutend mit einer Versteilung des Höhendruckgefälles ist — man vgl. hierzu etwa (32, Tabelle 3) —,
kann gefolgert werden: Verschärft sich eine Frontalzone, so tritt rechter Hand
Druckfall am Boden ein.
Auf diese Weise kann z. B. im Sommer eine quasistationäre Front maritimer Kaltluft tagsüber
weiter in den Kontinent Vordringen, auch wenn hierselbst stabil geschichtete, antizyklonische Warmluft
lagert, die nicht zum Auf steigen neigt.
3. Druckfall im Delta der Frontalzone
Nach dem Scherhag sehen Divergenzsatz tritt Luftdruckfall am Boden dort auf, wo die Höhenisobaren
in ausgeprägter Weise divergieren, Druckanstieg dort, wo sie konvergieren. Scherhag, Rodewald,
Pogade haben hierzu viele direkte und indirekte Nachweise geliefert (33), und im Seewarten-Bericht (21)
der letzten 5 Jahre wird man zahlreiche Belege dieser auch im praktischen Wetterdienst erfolgreich an
gewandten Regeln finden. Die konvergente Höhenströmung über Hochdruckgebieten konnte für Nord
amerika auch statistisch festgestellt werden (34).
Damit unter einem Gebiet divergierender Höhenisoharen Druckfall eintrete, muß im Gebiet der
Richtungsdivergenz der Höhenströmung eine Abweichung vom Gradientwind vorliegen, wie es der vorletzte
Abschnitt allgemein als unerläßlich zeigte. Diese Abweichung vermochte Scherhag in einem Falle aero-
logisch direkt nachzuweisen (35, S. 401—403); die theoretische Behandlung durch ihn (23, S. 86/87) wie durch
Sutcliffe (29, S. 501) zeigt, daß das richtungsdivergente Feld tatsächlich ein Beschleunigungsfeld ist.
War in den Fällen der beiden Abschnitte 1. und 2. die Komponente der Beschleunigung zum tiefen
Höhendruck hin gerichtet (positive Beschleunigung), so ist sie jedoch im Falle des Isobarendivergierens zum
höheren Druck hin gerichtet (negative Beschleunigung). Das Auseinanderlaufen der Isobaren besagt, daß
die auf ein bewegtes Teilchen wirkende Gradientkraft mit der
Fortbewegung ab nimmt: herrschte an der Ansatzstelle des
Divergierens Gradientwind (Gleichgewicht zwischen Gradientkraft
und Ablenkungskraft), so wird bald die nach rechts gerichtete
Ablenkungskraft die Gradientkraft überwiegen. Die Höhen-
strömung erhält damit eine Komponente nach rechts, zum höheren
Druck hin, und der Massenübertritt über die Höhenisobaren wirkt
sich in einem Druckfall am Boden aus.
Nach Kapitel C, Abschnitt 2, haben wir über Frontalzonen
einen Höhensturm in Richtung der Frontalzone, Wo nun die
Frontalzone, in Stromrichtung gesehen, schwächer wird oder sich
verliert, vermindert sich das Höhendruckgefälle: dort diver-
Abl>. 10: Schema der frontalen Höhenstrümung giert die frontale Höhenströmung. Dies Gebiet wurde