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M a r t i n Rodewald: Das Dreimasseneck als zyklogenetischer Ort.
Der Abstand der Fronten hat sich von 1450 auf 890, also um 560 km, in dieser Zeit
verringert. Die Tendenz zu einer Frontenbegegnung ist also in bestem Gange, und wir verlassen den
Fall hier, um ihn bei Behandlung des nächsten Kapitels (D, 6) fortzuführen.
D. Die zyklogenetische Wirkungsweise des Dreimassenecks
1. Frontale Vertikalbewegung und Druckfall
Damit eine Zyklone entstehe, muß der Luftdruck fallen, aber nicht jedes Druckfallgebiet bringt eine
Zyklone hervor. Druckfallgebiete tauchen öfter auch in Hochdruckgebieten auf oder überwandern sie, und
wenn sie dabei nicht kräftig genug sind, kommt es lediglich zum Abbau oder zu Deformationen des
betreffenden Hochs.
Schon N. E k h o 1 m (27), der Begründer der Isallobarenkarten, wies nach, daß die Steig- und Fallgebiete
des Luftdrucks als selbständige Erscheinungen aufzufassen sind, die sich den Druckgebilden gegenüber
durch Einfachheit und Regelmäßigkeit der Bahnen, meist größere Zuggeschwindigkeit, Erhaltungstendenz
der Zugstraßen auszeiclmen, dabei oft nur lose mit einem bestimmten Druckgebilde gekoppelt sind.
Obzwar die Zyklone, einmal fertig, ein gewisses Eigenleben führt und vermöge ihrer Dynamik bzw.
Thermodynamik Luftdruckfall hervorrufen kann, erscheint doch das Druckfallgebiet von primärer Be
deutung, indem es die Zyklone überhaupt erst erzeugt.
Damit nun Luftdruckfall am Boden eintritt, muß über dieser Stelle die Masse an Luft sich vermindern:
ohne horizontale Entfernung von Luftpartikeln aus der Luftsäule kann an ihrem Grunde kein Druck
rückgang erfolgen! Bei voll isobarenparallelem (geostrophisehem) Wind in allen Schichten ist deshalb keine
Druckänderung möglich -— vorausgesetzt, daß der Bodendruck durch das Gewicht der Luftsäule
darüber gegeben ist, und dies wird außerhalb etwa von Tromben immer der Fall sein, da die Vertikal
beschleunigung gegen die Schwerebeschleunigung vernachlässigbar klein ist. Der 1919 von Jeffreys
bewiesene Satz, daß bei geostrophischer Luftbewegung keine Bodendruckänderung denkbar ist (vgl. 28, S. 37),
gilt allgemein, auch z. B. für die „thermisch-advektiven“ Druckänderungen, wie R. C. Sutcliffe (29,
S. 497/498) zeigt.
Da die für Druckänderung erforderlichen horizontalen Divergenzen und Konvergenzen - im physikali
schen Sinne horizontaler Dilatationen — nicht bei geostrophisehem Winde auftreten können, sondern nur
bei Abweichungen vom geostrophischen Wind, so kommt es für die Druckänderungen allein auf die
horizontalen Beschleunigungen an, denn diese gerade sind es, die i m m e r Abweichungen vom
geostrophischen Wind bedingen (29, S. 499).
Mit Bezug auf das Beschleunigungsfeld haben in jüngster Zeit Durst und Sutcliffe den Satz a b-
geleitet (30, S. 82) (29, S. 502):
„ Wenn in-der Atmosphäre allgemeinere Vertikalbewegung in einem Gebiet mit horizontalen Teiltpe-
ratnrgradienlen auftrilt, dann ergibt au [steigende Luftbewegung eine nicht-geostrophische Windkomponente
vom Warmen zum Kalten und absteigende Bewegung eine Komponente vom Kalten zum Warmen.“
Man kann sich diesen Satz leicht an Hand der Abbildung 4 (S. 8) veranschaulichen: Ein Luftteilchen am
Boden etwa links vom Punkte F 0 , ohne Horizontalgeschwindigkeit wegen des ausgeglichenen Bodendruck
feldes, setze sich aufwärts in Bewegung. Dann gerät es in die Gefällszone der Isobarflächen p, bis p.,, wird
also in Richtung des Temperaturgefälles, von „Warm“ nach „Kalt“ hin (in der Bildebene nach links) be
schleunigt. Solange, bis das Teilchen Richtung (in die Bildebene hinein) und Geschwindigkeit des Gradient
windes erlangt hat, wird es eine horizontale Versetzung nach links innehaben.
Die massenhafte horizontale Abwanderung solcher aufsteigender Teilchen aus der Vertikalsäule, in der
sie ihren Aufstieg begannen, bedeutet aber einen Massenverlust dieser Säule, also Druckfall am Boden.
Der Durst-Sutcliffe sehe Satz gestattet demnach die spezielle Aussage: Die in Frontalzonen
aufsteigende Luft erhält die Tendenz, nach links herausgeworfen zu werden,
was zu rechtsseitigem Bodendruckfall an der Frontalzone führt.