Ulrich Roll: Zur Frage des täglichen Temperaturganges und des Wärmeaustausches
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Temperaturschwankung und eine Verfrühung des Temperaturmaximums sowohl gegenüber den
untersten als gegenüber den oberen Schidrten, wie aus der beigefügten Zeitskala hervorgeht. Durch die
Abnahme des Leitungsgliedes in den oberen Schichten nähert sich die zusammengesetzte Temperatur
schwankung immer mehr der reinen Strahlungswelle, die in den der Bodenbeeinflussung entzogenen
Schichten praktisch allein besteht.
2. Der Wärmeaustausch über dem Meere.
Unsere Untersuchungen haben zwangsläufig ergeben, daß bei der Diskussion der täglichen
Temperatursdiwankung in den unteren Luftschichten über dem Meere notwendig auf das Problem des
vertikalen Wärmeaustausches über dem Meere eingegangen werden muß. Im folgenden wollen wir uns
daher, ausgehend von unseren Messungen, über den Austausch, seine absolute Größe und seinen Ver
lauf mit zunehmender Höhe orientieren.
a) Bestimmung der Austauschgröße aus Serienmessungen.
a) Verfahren und Ergebnisse.
W. Schmidt 14 hat den vertikalen Verlauf des Austauschkoeffizienten über dem Meere aus den
bereits erwähnten Serienmessungen der Lufttemperatur von Wüst 10 unter Benutzung der Gleichung
für den Wärmestrom
s
— A c
i>
3 z
berechnet (c p = spezifische Wärme der Luft, — potentielle Temperatur). Unter der Voraussetzung,
daß der Wärmestrom für alle Höhen konstant ist, ergibt sich nämlich aus der Wärmestromgleichung für
das Verhältnis der Austauschgrößen A„ und A„_ 1 in zwei verschiedenen Höhen z B und z n __ s
A - (£),
d. h. die Austausdikoeffizienten verhalten sich umgekehrt wie die Gradienten der potentiellen Tempe
ratur in den entsprechenden Höhenstufen. Auf diese Weise lassen sich relative Austauschwerte unter
der Voraussetzung eines konstanten Wärmestromes errechnen. Diese Voraussetzung eines stationären
Temperaturfeldes braucht jedoch nicht erfüllt zu sein. Ein großer Teil der durch Austauschvorgänge
hervorgerufenen lokalen Temperaturänderungen in der Atmosphäre beruht vielmehr auf Wärme
strömen, deren Stärke sich in der Vertikalen ändert. Nimmt in einer bestimmten Höhe der von oben
kommende Wärmestrom nach unten hin zu, so erfolgt hier notwendig eine Abkühlung. Verringert sich
umgekehrt dieser Wärmestrom mit abnehmender Höhe, so tritt an der betrachteten Stelle Erwärmung
ein. Das genannte Verfahren zur Ermittlung des vertikalen Verlaufs des Austauschkoeffizienten ist
daher in den meisten Fällen nicht anwendbar.
W. Schmidt 1 hat ferner Austauschwerte für verschiedene Höhen aus den Konstanten a L und
S h des Leitungsgliedes gemäß Formel (11) berechnet. Er erhält dabei Austauschwerte, die mit der Höhe
zunehmen, obwohl bei der Ableitung der Gleichungen ein höhenkonstanter Austausch vorausgesetzt
war. Auch diese Methode zur Bestimmung von Austauschwerten erscheint nicht zweckmäßig.
Wir werden daher aus den angeführten Erwägungen heraus von den von W. Schmidt be
nutzten Verfahren zur Austauschberechnung keinen Gebrauch machen, sondern vielmehr andere Wege
einschlagen.
Die dieser Untersuchung zugrundeliegenden aerologischen Messungen über dem Meere bieten
infolge des verhältnismäßig großen zeitlichen Abstandes der Aufstiege keine Möglichkeit, den Aus
tauschkoeffizienten in unmittelbarem Verfahren etwa durch fortlaufende Aufzeichnung der Temperatur
schwankungen, wie es Fritzsche und Stange 15 taten, zu ermitteln. Wir sind vielmehr darauf
angewiesen zu versuchen, ob aus den vorhandenen aerologischen Messungen Rückschlüsse auf die auf
getretenen Austauschverhältnisse gezogen werden können. Ein solches rückschließendes Verfahren hat
nur dann eine Berechtigung, wenn die Gewähr dafür vorhanden ist, daß die beobachteten Änderungen
allein oder zumindest im wesentlichen durch Austauschvorgänge und nicht durch andere Erscheinungen