Bruno Heß: Zyklonenauflösung an einer Frontalzone.
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stört. Die Folge davon war das rasche Erlöschen der Zyklone in der untersten Troposphäre,
während in den höheren Schichten noch etwa 48 Stunden länger eine gut ausgeprägte
Zyklonalströmung erhalten blieb.
Dieses Ergebnis kann so gedeutet werden, daß eine Frontalzone nur dann zyklonen
bildend oder vertiefend wirken kann, wenn das zugehörige Temperatur- und Druckfeld eine
mit der Höhe zunehmende Gleichgewichtsströmung verlangen.
Aber auch durch eine Überlegung zur thermodynamischen Energiegewinnung offenbart
sich die zyklolytische Wirkung jener Frontalzone.
Wie P. Raethjen 10 in seiner „Energetik der Zyklonen“ abgeleitet hat, stellen bei einer
driftenden Zyklone, die sich so bewegt, daß sie das Kältegebiet zur Linken und das Wärme
gebiet zur Rechten hat, diese Gebiete die für einen Kreisprozeß erforderlichen Wärme- und
Kältereservoire dar, weil nämlich dann die Luftteilchen unter hohem Druck Wärme auf
nehmen und unter tiefem Druck Wärme abgeben können.
Offenbar gehörte auch die betrachtete driftende Zyklone diesem sogenannten Wellentyp
an. Soweit nämlich aus der Umgebung der driftenden Zyklone aerologische Temperatur
messungen vorliegen, stehen diese in Einklang mit der in Abbildung 5 a (siehe Figur 18) der
oben zitierten Arbeit schematisch dargestellten Temperaturverteilung.
So zeigt der Aufstieg von Mildenhall zum 14-Uhr-Termin des 18. Januar, also zu einem
Zeitpunkt, wo der Zyklonenkern etwa über Wales driftete, eine um durchweg 3 bis 5 Grad
wärmere Troposphäre, als über dem nun innerhalb der Rückseitenströmung gelegenen Alder-
grove festgestellt werden konnte.
Auch die Aufstiege vom 19. Januar. 8 Uhr, sprechen noch dafür, daß etwa oberhalb der
800-mb-Fläche eine derartige, lür einen Energie gewinnenden Kreisprozeß erforderliche
Temperaturverteilung herrschte. So zeigt der Aufstieg von Hamburg vom 19. Januar, 8 Uhr,
von den unteren 2000 m abgesehen, eine durchweg wärmere Troposphäre an, als die Radio
sonde des nunmehr im Bereich der Rückseitenströmung gelegenen Mildenhall, wo wiederum
höhere Temperaturen herrschten als in Kernnähe, wie durch den schon mehrfach angeführten
Kaltlufttropfen über der südlichen Nordsee bestätigt wird.
Wesentlich andere Verhältnisse waren dagegen in der untersten, etwa 2 km mächtigen
Schicht anzutreffen. Und zwar hatte die Annäherung der Zyklone an die Frontalzone dort
eine derartige Umgestaltung in der Temperaturverteilung zur Folge, daß die kältesten Luft
massen nunmehr auf der Vorderseite gelegen waren. Schon ein Blick auf Figur 19 lehrt, was
auch aus dem SandströmsPne.n Sat^ ohne weiteres folgt, daß diese unter hohem Druck liegenden
Kaltluftmassen innerhalb der Zyklone keinen Energie gewinnenden Kreisprozeß durchlaufen
können. Damit ist die rasche Auffüllung des Tiefs in den untersten Schichten, also auch
auf Grund von Energiebetrachtungen erklärbar.
10 Meteorol. Zeitschr., Bd. 54, S. 203, 1937.