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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums. — 59. Band. Nr. 6.
Das Haupttief bei der Wetterlage vom 25. bis 27. Januar 1937 naht aus Westen. Seine
Entstehung wird durch die zyklonale Ausbuchtung der Isobaren angedeutet. Die entsprechen
den Druckänderungsgebiete wandern zuerst zwischen der Mutterzyklone und dem Atlantik
hoch und werden über dem Kontinent umgesteuert. Das Warmlufthoch über dem Atlantik und
Mittelmeer wird von dem kalten Rußlandhoch als Steuerungszentrum abgelöst. Dabei kommt
es an der zyklonalen Umbiegungsstelle der Höhenisobaren zur Abschwächung der Isallobaren-
gebilde (Vgl. S c h e r h a g, 56 und R o d e w al d, 49). Bei der kontinentalen Antizcyklone ist trotz
des andersartigen thermischen Aufbaues das am Boden vorliegende Druckfeld auch in der Höhe
so stark entwickelt, daß bis hoch in die Troposphäre hinauf ihr Zirkulationssystem erhalten
bleibt. Zwar ist sie kälter als das Islandtief, aber gleichzeitig auch wesentlich stabiler. Dies
gibt den Ausschlag dafür, daß sie von clen angreifenden Isallobarengebilden nicht so rasch
abgebaut werden kann und selbst als kaltes Hoch zum Steuern imstande ist.
b) Stabilität, Wolkenform und Niederschlag.
Bei der Winterlage herrschen am 25. Januar im Gebiet geringster Stabilität Cu,
Sc, Acu und As als Wolkenformen vor. Die beste Übereinstimmung mit der Niederschlags
verteilung ist auf der Stabilitätskarte SK 800/550 zu erkennen. SK 1000/550 erfaßt mit ihrem
Labilitätskern das Gebiet mit vorwiegender Schauertätigkeit; das Stabilitätszentrum ist durch
Wolkenlosigkeit ausgezeichnet.
Das Maximum des Niederschlages fällt über Frankreich, und zwar zu Beginn der Zyklo-
genese, als noch keine Festlandskaltluft in die Zirkulation des Tiefdruckgebietes einbezogen
wird. Über Deutschland sind die Niederschlagsmengen bereits geringer als im Westen. Sie
nehmen um so mehr ab, je größer der Einfluß cler Kaltluft wird, d. h., je weniger die ursprüng
liche, zyklonale Zirkulation sich erhält.
Aus der thermischen Struktur folgt die Art des Niederschlags: Zu Anfang fällt Regen, der
mit dem Herumgreifen der Bodenkaltluft um den zyklonalen Kern in Schnee übergeht. Inner
halb des Fallgebietes fällt der Niederschlag überwiegend gleichmäßig, ohne Unterbrechung;
in dem Steiggebiet schauerartig.
Allgemein besteht dort, wo die Konvektionswolke vorherrscht, auf sämtlichen Stabilitäts
karten, gleichgültig mit welcher Ausgangshöhe, eine hohe Korrelation zwischen Niederschlags
verteilung und dem Gebiet geringster Stabilität. Daher werden sich für Stabilitätsfelder mit
niedrigen Ausgangshöhen im Winter immer eindeutige Beziehungen zu clen Druckänderungs
gebieten finden lassen. Denn bei Zyklogenese ist die Lage der Isallobarengebilde zu der
zyklonalen Störung durch das großräumige Druckfeld und die Kohärenz des Fall- und Steig
gebietes gegeben. Das Steiggebiet fällt dann zusammen mit einem Labilitätszentrum. Je
weniger rasch die Wettervorgänge sich abspielen, um so mehr wird sich bei winterlichen Lagen
der Kern des Steiggebietes mit dem der Labilität decken. Eilt jedoch, wie es bei lebhafter
Zyklogenese immer der Fall ist, die Kaltluft in der Höhe vor, so beginnt schon nahe dem Kern
des Druckfallgebietes die Zone geringer Stabilität.
Aus der Betrachtung der Pulsationen ergibt sich, daß bei Winterlagen die Zugbahn der
Isallobarengebilde mit der jeweiligen Richtung der Isolinien auf SK 1000/550 zusammenfällt,
wobei der Kern des Druckänderungsgebietes am steilsten Hang des Stabilitätszentrums dieses
im Uhrzeigersinn umkreist.
Daß das Druckänderungsgebiet nicht als ein „starres Etwas“ aufzufassen ist, welches sich
wie ein fester Körper durch die Atmosphäre hindurchschiebt, geht ebenfalls aus dem Abschnitt
über Pulsationen hervor. Ebenso wie die Drucksysteme eine Lebensgeschichte haben, finden
wir diese auch bei den Isallobarengebilden. Druckfeld und Druckänderungsfeld umschließen
Vorgänge, werden immer von neuen Luftmassen bestimmt, wodurch die Wettererscheinungen
ihr Gepräge erhalten.