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Ludwig Schnebel: Beitrag zur Zyklogenese.
b) StabilitätsVerteilung.
In der unteren Troposphärenbälfte finden wir über dem betrachteten Gebiet den östlichen
Teil wesentlich stabiler aufgebaut als den westlichen, was mit der kräftigen Inversion in der
östlichen Antizyklone in Zusammenhang steht. Diese Verhältnisse sollen durch die „Stabilitäts
karten“ dargestellt werden, für die wir die Abkürzung „SK“ verwenden wollen. Entsprechend
seien Temperatur- und Druckkarten mit „TK“ und „PK“ bezeichnet.
Am 25. Januar strömt über der östlichen Kaltluft im südöstlichen von der Karte erfaßten
Gebiet dem Festlandsinnern ein breiter Südweststrom warmer Meeresluft zu (siehe TK 600 mb).
In unteren Schichten (TK 900 mb) zeigt die Temperaturverteilung im großen und ganzen
ein Gefälle von Südwest nach Nordost. Über Süddeutschland drängen sich die Isolinien sehr.
Bei 900 mb beträgt die Temperaturdifferenz zwischen Frankfurt und Köln mehr als 10° C. Dies
erklärt sich aus der Höhe der unteren Kaltluft, bzw. aus der Neigung der Inversionsfläche,
welche bei Frankfurt kurz unterhalb 900 mb beginnt, über Köln aber in dieser Höhe im wesent
lichen durchstoßen ist. Die Stabilitätskarten, von denen SK 900/550 nicht mit veröffentlicht sind,
zeigen eine große Übereinstimmung mit der Bodendruckverteilung, eine Erscheinung, die für
alle drei untersuchten Tage zutrifft.
Auf allen Stabilitätskarten finden wir das Labilitätsgebiet in Zyklonennähe. SK 800/550
zeigt, daß auch oberhalb der großen Inversion die Stabilitätswerte in der kontinentalen Luft
noch groß sind. Das horizontale Stabilitätsverhältnis „Q“ Mildenhall—Königsberg hat sich
verändert von Q 1000/550 = 1/22 in Q 800/550 = 1/7. Der horizontale Gradient nimmt mit der
Höhe ab, ist aber noch eindeutig vorhanden.
Am 26. Januar herrscht in den unteren Schichten, ähnlich wie in denselben Höhen am
Vortag und in allen Schichten am Nachtag, ein allgemein von Südwest nach Nordost ge
richtetes Temperaturgefälle. Gleichzeitig ist mit dem Vordringen der westlichen Meeresluft
eine Vergrößerung des Labilitätsgebietes verknüpft.
In den vergangenen 24 Stunden ist vor allem in der Höhe über Frankreich und West
deutschland eine Abkühlung zu erkennen. Diese rührt teilweise von einer individuellen Ab
kühlung her, indem die vorhandenen Luftmassen in zyklonale Zirkidation gebracht sind, teil
weise auch von einer Verdrängung durch kühlere Meeresluft. Denselben Vorgang beobachten
wir auch noch bis zum nächsten Tag in 600-mb-Höhe weiter im Osten.
Die Erwärmung dagegen, welche vom 25. zum 26. Januar hauptsächlich in den östlichen
Gebieten, vom 26. bis 27. Januar jedoch über ganz Mitteleuropa eintritt, ist wesentlich nur
den starken Abgleitbewegungen in den betreffenden Luftmassen zuzuschreiben.
Entsprechend der Veränderung des thermischen Aufbaues dringt das Labilitätszentrum auf
SK 1000/550 südlich vom Zyklonenkern gegen Osten vor; umgekehrt keilt nördlich der Linie
Kölu—Berlin das Stabilitätsgebiet nach Westen aus. Mit zunehmender Höhe erstreckt sich der
labile Raum mehr und mehr nach Osten.
Der 27. Januar läßt ein deutliches Minimum der Stabilität nur noch auf SK 800/550
erkennen. Es liegt über der Nordsee und greift weit nach Norddeutschland hinein. Im Süd
westen entsteht ein zur Nachstörung gehöriger neuer Minderwert der Stabilität.
Im Endstadium finden wir eine zentrale Energieanordnung nur noch in der Höhe. Beim
Okklusionsprozeß werden die Unterschiede der Energie (potentielle) von unten nach oben
ausgeglichen.
Im allgemeinen versteht man unter „Okklusion“ die Auflösung oder Auffüllung von
Zyklonen und denkt dabei an Abhebung oder Abschnürung von Warmluftmassen. Im Gegen
satz dazu ist im vorliegenden Fall „Okklusion“ identisch mit der Stabilisierung der ursprüng
lich von der Zyklone erfaßten Atmosphäre. Diese Stabilisierung ist mit Absinkbewegungen
verknüpft. In gewissem Sinne darf daher gesagt werden, daß „Okklusion“ gleichbedeutend