Hans Lüneburg: Hydrochemische Untersuchungen in der Elbmündung mittels Elektrokolorimeter
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nähernd 30 mg N0 2 '-N/m 3 gemessen wurden (siehe Anm. 3 Seite 5)! Im Sommer, zur Zeit stärkster
Planktonentwicklung, wird man eine allgemeine Abnahme der N-Verbindungen durch Assimilation erwarten
müssen, und dieses zeigen auch meine N0 2 '-Befunde in der Außenelbe an, und zwar besonders augenfällig
in der diatomeenreichen polyhalinen Zone (10 mg und weniger), wenn hier auch Nullwerte nie erreicht wer
den, da im Grenzgebiet bei Elbe 4 durch Absterbevorgänge intensiv immer neues N0 2 ' gebildet wird. Auf
fallend ist der Nitritgehalt im Frühjahr entwickelt: Normalerweise erwartet man bei Beginn der Phyto
planktonentwicklung in den Frühjahrsmonaten eine mehr oder minder stetige Abnahme bis zum Sommer hin.
Statt dessen liegen gerade die Frühjahrswerte im Mittel noch um einige mg über den Winterwerten. Es muß
allerdings betont werden, daß diese Erhöhung des Frühjahrsmittels an allen Stationen lediglich auf abnorm
hohen Werten (bis 30 mg N0 2 '-№m s und mehr!) beruhen, die sich plötzlich Anfang April entwickeln, um
¡Ende April ebenso schnell wieder abzusinken und schon im Mai und Juni das sommerliche Minimum er
reichen. Es fragt sich nun, welches die Ursache für das so plötzliche und kurzfristige Anschwellen der Nitrit
werte im April ist. Wie weit bei dieser außergewöhnlichen Nitritbildung denitrifizierende Bakterien am Werke
sind, konnte hier natürlich nicht untersucht werden; bei der ausgedehnten N0 3 '-Anreicherung im Verlaufe
der winterlichen Nitrifizierung wäre ein solcher Abbau durchaus denkbar, und wurde z. B. von Cooper
festgestellt (siehe Anm. 12 Seite 19). — Die Tatsache aber, daß das Frühjahrsnitritmaximum mit der größten
Oberwasserzufuhr zusammenfällt, legt die Vermutung nahe, daß das Oberwasser für die Aprilwerte des N0 2 '
verantwortlich ist. Und zwar wird ja durch die Oberwassersteigerung gleichzeitig der Mischprozeß am Mittel
grund verstärkt und der Cl'-Gehalt allgemein herabgesetzt. Dadurch würden evtl, in der polyhalinen Zone
vorhandene, relativ stenohaline Planktonten in stärkerem Maße eingehen und somit eine Oxydierung ihres
organisch gebundenen Stickstoffs über NH 3 und N0 2 ' in die Wege leiten. Eine beweiskräftige Klärung
dieser Frage scheitert allerdings daran, daß nicht gleichzeitig eingehende hydrobiologische Untersuchungen
durchgeführt werden konnten; denn nur bei gleichzeitiger Untersuchung sämtlicher Komponenten des
Stoffkreislaufes im Meere kann dieser eindeutig geklärt werden. — Im Herbst werden infolge der allgemeinen
Sterbevorgänge die höchsten jahreszeitlichen Mittel erreicht mit dem absoluten Maximum von 20 mg im
Mittel am Mittelgrund, an der Grenze der beiden Wasserkörper. Da außerdem das Leben im Watt reicher
ist als in der bei Cuxhaven und oberhalb liegenden mesohalinen oder Verarmungszone, nehmen die herbst
lichen N0 2 '-Werte nicht nur nach See ab, sondern auch stromaufwärts nach Cuxhaven; Elbe 4, vor der Mün
dung des großen Klotzenloch-Prieles im Zentrum des Wattgebietes gelegen, hat auch aus diesem Grunde den
höchsten N0 2 '-Wert. Abb. 21 gibt uns ein deutliches Bild davon, daß in der polyhalinen Zone zwischen
Elbe 2 und Elbe 4 die größte jahreszeitliche Nitritamplitude vorkommt, was also in erster Linie seinen Grund
in der starken Lebensentwicklung in dem sowohl nährstoffreichen, wie hinreichend chlorhaltigen Küstenbrack
wasser hat.
Damit ist die eine allgemeine Übersicht verschaffende Auswertung der Untersuchungen abgeschlossen.
Das Hauptergebnis besteht in der Möglichkeit, das Unter- und Außenelbgebiet auf hydrochemischer Basis
in Zonen einzuteilen, die z. T. sehr bemerkenswert mit den von R e d e k e auf hydrobiologischer Basis auf
gestellten Zonen übereinstimmen. Auf den meisten Einzelfahrten längs der Unterelbe kann man sich an
Hand mehr oder minder zahlreicher Faktoren davon überzeugen, daß die hier eingeführte Zoneneinteilung
in ihren Hauptzügen immer anzutreffen ist.
Abschließend seien die zwischen Elbe 1 und Hamburg auftretenden 6 Wasserzonen mit ihren durch
schnittlichen Hauptmerkmalen übersichtlich zusammengestellt, dazu Übersichtskarte Abb. 22:
1. Zone des Westwassers: Mischwasser aus der Helgoländer Bucht, hauptsächlich als Dichte
gefällestrom durch die tiefe Scharhörnrinne in die Elbe einsetzend, reicht im Mittel bis zur Ostecke des Schar-
hörnriffes und zur Westspitze des Groß-Vogelsandes und taucht östlich dieser Linie unter. Chlorgehalt
16—17% 0 und mehr. Relativ klar und arm an Nährstoffen.
2. Polyhaline Zone: Trüberes Mischwasser zwischen Westwasser und mesohalinem Brack
wasser. Reicht von der oberen Grenze des Westwassers bis in die Gegend des Mittelgrundes, und zwar an der
Südfahrwasserseite bis östlich des Mittelgrundes, an der Nordseite bis etwas unterhalb Elbe 4. Chlorgehalt
10—17% 0 - Langsame Zunahme der Nähr- und Gelbstoffe, die an der oberen Grenze der Zone sprungartig
ansteigen, mit Ausnahme von Nitrit, das dort ein sekundäres Maximum aufweist. Starke sommerliche Diato
meenentwicklung.
3. Mesohaline Zone: Mischwasser mit einem Chlorgehalt von 1—10/o 0 - Erstreckt sich von der
oberen Grenze der polyhalinen Zone bis in die Gegend von Plolstenreck-Scheelenkuhlen. Die Trübung steigt
im Verlauf der Zone um etwa das 8fache an, der Gelbstoff um das Doppelte, das Silizium um das 2—3fache,
während der Phosphatgehalt unterhalb der Ostemündung ein sekundäres Maximum aufweist und der Nitrit
gehalt stromaufwärts wieder absinkt. Planktonsterbezone.
4. OligohalineZone: Mischwasser zwischen mesohalinem Brackwasser und reinem Flußwasser.
Reicht von der oberen Grenze der mesohalinen Zone bis etwa querab Glückstadt und weist als oberstes Brack
wassergebiet einen Chlorgehalt von meist weniger als 1% 0 (also nur Spuren) auf. Maximale Anreicherung der
Trübung (das lOfache der polyhalinen Zone und des Hamburger Hafens) und weiteres Ansteigen des Gelb-