Hans Lüneburg: Hydrochemische Untersuchungen in der Elbmündung mittels Elektrokolorimeter
19
In der oligo- und der mesohalinen Zone stirbt das Süßwasserplankton ab und trägt zu einer aus
gedehnten Erhöhung des P0 4 "' in diesen Zonen bei, dessen Maximum etwa bei der Ostemündung liegt (rund
45 mg im Mittel). Auffallenderweise fallen die P0 4 "'- und Si-Maxima nicht zusammen, und es liegt nahe zu
vermuten, daß das in der oligohalinen Zone liegende Si-Maximum z. T. durch das dortige Trübungsmaximum
(Sand und Ton!) bedingt ist, und daß nur zum geringeren Teil das Si aus dem absterbenden Süßwasser
plankton frei wird, zumal ja die stabileren Silikate nicht so schnell regenerierbar sind wie die Phosphate. —
In der unteren mesohalinen Zone macht sich dann die Verdünnung durch Seewasser stärker geltend, und
besonders bei Elbe 4 ist der Gradient, wie immer sehr stark entwickelt. Bei Elbe 3 wirkt neben der Auf
mischung mit Seewasser die intensive Phytoplanktonentwicklung der polyhalinen Zone in den hellen Jahres
zeiten phosphatmindernd; hiervon noch im folgenden mehr. Die Diskussion der Kurve für die gesamte Unter
elbe abschließend, sei nochmals betont, daß sich neben der Selbstreinigungszone vor allem die mesohaline
Zone durch maximale P0 4 '"-Werte auszeichnet, weil sich eben in ihr die Absterbeprozesse sowohl der poly
halinen wie auch der Süßwasserfauna maximal entwickelt haben; diese Zone wird daher auch von Thie-
m ann in treffender Weise die „Verarmungszone“ der Unterelbe genannt (siehe Anm. 10 Seite 17).
Wir wenden uns jetzt der in Abb. 19 dargestellten jahreszeitlichen P0 4 "'-Verteilung der Außenelbe zu.
Aus den Kurven erhellt ohne weiteres, daß sich die von der mesohalinen Zone durch den typischen Sprung
bei Elbe 4-Mittelgrund getrennte polyhaline Zone in derP0 4 "'-Verteilung grundsätzlich von der Nachbarzone
unterscheidet. Während nämlich unterhalb Elbe 4 die Frühjahrs- und Sommerwerte allgemein um etwa 10 mg
niedriger als die Winterwerte liegen, steigt oberhalb Elbe 4 der Phosphatgehalt gerade im Frühjahr und
Sommer über die Winterwerte an. Die Erklärung für diese Umkehr scheint recht einfach: Im Gebiet unter
halb Elbe 4 bis Scharhörn wurde nämlich sowohl von fadimännisch hydrobiologischer Seite (siehe Anm. 10
auf Seite 17) wie auch auf grober Basis vom Verfasser selbst eine besonders starke Planktonentwicklung in
den Frühjahrs- und Sommermonaten beobachtet (vor allem Biddulphia-Arten, also Diatomeen). Ich konnte,
wie dies aus früheren Beobachtungen schon bekannt ist, zwei derartige sommerliche Entwicklungsmaxima
direkt und auch an Hand der Phosphatverteilung im einzelnen nachweisen, und zwar lag das erste Maximum
Anfang Juni und das zweite Ende August. Diese Phytoplanktonentwicklung drückt natürlich die hohen
winterlichen P0 4 "'-Werte stärker herab, wenn auch nicht das Ausmaß der Siliciumzehrung erreicht wird. Nur
im stark salzigen „Westwasser“ unterhalb der Scharhörnkonvergenz geht der P0 4 "'-Gehalt stärker auf Null
zu und repräsentiert damit die minimalen Sommerwerte der offenen Nordsee. Im Gebiet um Cuxhaven und
oberhalb stirbt sowohl das Plankton der polyhalinen Zone, wie vor allem das wenig euryhaline Süßwasser
plankton aus der Glückstadt-Pagensander Gegend ab. Je größer die sommerliche Planktonentwicklung in der
eigentlidien Unterelbe ist, um so mehr werden die Phosphatwerte im „Verarmungsgebiet“ die des Winters
übertreffen. Und diese große, unerschöpfliche P0 4 "'-Produktion ermöglicht überhaupt erst die starke
Planktonentwicklung im Küstenbrackwasser der polyhalinen Zone. Die Diskussion der P0 4 "'-Ergebnisse mag
gleichzeitig zeigen, wie sehr eine Zusammenarbeit zwischen Biologie und Hydrographie erforderlich ist, denn
eine mit meinen Beobachtungen parallel gehende exakte Planktonuntersuchung hätte im einzelnen noch auf
schlußreichere Ergebnisse erzielt. — Durch das allgemeine Absterben im Herbst wird der P0 4 '"-Gehalt
weiter stark erhöht und erreicht zu dieser Jahreszeit in der ganzen Unterelbe sein absolutes Maximum. Wie
wir früher sahen, hinkt die Produktion des im Herbst frei werdenden Silizium, dem stabileren Charakter der
Silikate entsprechend, stärker nach und erreicht erst im Winter ihre Maximalentwicklung. Weiterhin fällt
noch beim Vergleich der P0 4 '"-Kurve der ganzen Unterelbe mit der entsprechenden Si-Kurve auf, daß letztere
wesentlich stetiger verläuft, während das labile Phosphat schneller auf biologische Einwirkung reagiert, leichter
regeneriert wird und durch die verschiedensten Einflüsse viel unstetiger verteilt ist.
Wir kommen nunmehr zur Diskussion der mittleren Nitritverhältnisse. Wir haben es beim Nitrit
mit einer häufig durch Bakterieneinwirkung entstehenden, intermediären Verbindung zu tun, die in stärkerer
Konzentration an „schlechtes Wasser“ gebunden ist und dieses in zuverlässiger Weise anzeigt. — Die örtliche
und zeitliche Verteilung des N0 2 ’ gibt uns eine Fülle von Problemen auf, deren Lösung oft deshalb schwieriger
sein kann, weil der Stickstoffkreislauf im Wasser recht kompliziert aufgebaut ist. An Hand des folgenden,
schon vereinfachten Schemas des N-Kreislaufes in Naturwässern, seien kurz die verschiedenen nitrifizierenden
und denitrifizierenden Vorgänge mit den entsprechenden bakteriellen und planktonischen Einwirkungen
aufgezählt 12 Phytoplankton
Methylamine
12 L. H. N. Cooper: The nitrogen cycle in the sea.. Journal of the Marine Biological Association. Vol.XXII, Nr. 1,
Cambridge 1937. Seite 183—204.