Hans Lüneburg: Hydrochemische Untersuchungen in der Elbmündung mittels Elektrokolorimeter
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I. Einleitung:
Aufgaben und Probleme der Arbeit.
Die chemisch-physikalischen und biologischen Untersuchungen unserer Flußmündungen beginnen erst
in jüngster Zeit einen ihrer Bedeutung entsprechenden Umfang anzunehmen. So ist über die Verteilung
der hydrochemischen Elemente in der Elbmündung nur wenig bekannt; insbesondere fehlt es an ausgedehnten
systematischen Nährstoff-, Trübungs- und Chlorbestimmungen. Und die Kenntnis gerade dieser Faktoren
dürfte von größter Bedeutung sein bei Untersuchungen über die Vorgänge der Landgewinnung und über
fischereiliche Fragen, wie z. B. die Eigenschaft der Elbmündung als Laichgebiet und die Fluktuationen des
Elbherings, Butts (Flunder) und besonders der Garnele 1 .
Weiterhin wird der ganze unterelbische Wasserraum mehr oder minder stark von den Hamburger
Abwässern beeinflußt. Durch Umlegung der Siele auf Rieselfelder wird dieser Zustand im Laufe der
nächsten Zeit ein Ende finden, und damit werden zugleich große hydrochemisch-biologische Veränderungen
in Unter- und Außenelbe stattfinden. — Es schien daher in jeder Hinsicht eine lohnende Aufgabe, dieses
Gebiet nach den angegebenen Richtungen hydrochemisch eingehend zu untersuchen.
Die Anzahl der in dieser Arbeit behandelten Faktoren beschränkt sich auf insgesamt sieben; nämlich:
Temperatur, Chlorgehalt, Phosphat, Nitrit, Silikat, den Trübungsgrad und den sog. „Gelbstoff“, d. h. den
Grad der Gelbfärbung des Wassers, dessen Kenntnis für die Charakterisierung von Wasserkörpern be
deutungsvoll ist 2 .
Bei allen Nährstoff Untersuchungen wendet man stets ein besonderes Interesse den für die Lebens
vorgänge besonders wichtigen Minimumstoffen Stickstoff, Phosphor und Silizium zu, die in außerordentlich
geringen absoluten Mengen in der Natur Vorkommen. Auch bei der Ermittlung von Wasserkörpern ver
schiedener Herkunft können Nährstoff Untersuchungen von großer Bedeutung sein 3 .
Die angewandten Methoden unterscheiden sich in folgender Hinsicht: 1. Nitrit: In Gebieten starken
Planktonsterbens wird durch Bakterien der organische Stickstoff in großem Umfange abgebaut und geht von
Ammoniak und Nitrit in Nitrat über. Solche Absterbezonen werden hydrochemisch am besten erfaßt, indem
man das Wasser einer Nitritanalyse unterwirft. Wie wir im folgenden noch sehen werden, ist Nitrit außer
dem ein guter Indikator für die Anwesenheit von Sielabwässern. 2. Phosphat: Die Phosphatuntersuchungen
geben einen guten Einblick in das Entwicklungsstadium des Phyto-Planktons, während 3. das molekular- und
kolloid-gelöste Silikat, 4. der Gelbstoff und 5. die Trübung gute Süßwasserindikatoren sind. Der Gelbstoff
stellt ein sehr stabiles, gelbgefärbtes Endprodukt des organischen Abbaues dar, der in naher Beziehung
zu Humusstoffen steht.
Wie bei allen hydrographischen Untersuchungen ist auch in unserem Falle die Kenntnis der Tem
peratur und Chlorverteilung grundlegend.
Auch auf methodischem Gebiet bot die Arbeit eine Menge neuer Probleme. Wenn auch die allgemein
üblichen, von Kalle 4 für das Meerwasser spezialisierten hydrochemischen Methoden prinzipiell angewendet
werden konnten, so ergaben sich dodi eine Reihe mehr oder minder großer Modifikationen, die durch den
besonderen physikalisch-chemischen Charakter des Fluß- und Brackwassers bedingt sind.
1 W. Schnakenbeck: Gegenwartsfragen der See- und Küstenfischerei des Nordseegebietes vom Standpunkt des
Wissenschaftlers. Der Fischmarkt Nr. 9. Cuxhaven 1937. S. 229—233.
2 Siehe auch Anm. 4 f. K. Kalle. VI. Mitteilung: Die Bestimmung des Nitrits und des „Gelbstoffs“. Ann. d. Hydr.
usw. Berlin 1937. S. 276—282.
3 K. Kalle: Nährstoff Untersuchungen als hydrographisches Hilfsmittel zur Unterscheidung von Wasserkörpern. Ann.
d. Hydr. usw. Berlin 1937. S. 1—18.
4 K. Kalle: Meereskundlich-chemisdie Untersuchungen mit Hilfe des Zeißschen Pulfrich-Photometers.
a) I. Mitteilung: Die Apparatur. Ann. d. Hydr. usw. Berlin 1931. S. 313—317.
b) II. Mitteilung: Die Arbeitsweise. Ann. d. Hydr. usw. Berlin 1933. S. 124—128.
c) III. Mitteilung: Methodische Untersuchung der Phosphatgehaltsbestimmung. Ann. d. Hydr. usw. Berlin 1934. 3.65—74
und 95—102.
d) IV.Mitteilung: Der Einfluß chemischer Stoffe auf die Phosphatgehaltsbestimmung. Ann. d. Hydr. usw. Berlin 1935.
S. 58—65.
e) V. Mitteilung: Die Bestimmung des Gesamtphosphorgehaltes, des Planktonphosphorgehaltes und Trübungsmessungen.
Ann. d. Hydr. usw. Berlin 1935. S. 195—204.
f) VI. Mitteilung: Die Bestimmung des Nitrits und des „Gelbstoffs“. Ann. d. Hydr. usw. Berlin 1937. S. 276—282.