Dr. Walter Stiemke: Horizontale Dichtefelder.
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Es ist hier bei den vier vorkommenden Lagen des Dichtefeldes jeweils die Zahl der sich in der Folgezeit
auffüllenden bzw. sich weiter vertiefenden Westdriftzyklonen angegeben. Von 30 Westdriftzyklonen, welche das
Dichteminimura über dem Kern aufweisen ((7) und ^ ), füllen sich 28 Zyklonen zum folgenden Tag auf, das
sind 93%. Umgibt den Zyklonenkern eine geschlossene Isostere (Q), so ist nach dieser Tabelle mit 100% Wahr
scheinlichkeit auf Auffüllung zu schließen. Entsprechend verhält es sich mit den 11 Zyklonen, welche das Dichte
minimum außerhalb des Kerns zeigen. Nach der Tabelle ist in solchen Fällen immer mit Vertiefung zu rechnen.
Wenn auch naturgemäß die der Untersuchung zugänglichen sich vertiefenden Westdriftzyklonen an Zahl den sich
auffüllenden unterlegen sind, so ist es doch wohl statthaft, wenn auch nicht mit absolut lOOprozentiger Sicherheit,
mit einer sehr großen Wahrscheinlichkeit aus der Lage des Dichtefeldes richtige Schlüsse auf die weitere Entwick
lung einer Westdriftzyklone zu ziehen.
In diesem Zusammenhänge sei bezüglich der Warmsektorregel noch eine Bemerkung gemacht. Nach dieser
Regel soll sich eine Zyklone vertiefen, solange noch ein Warmsektor vorhanden ist. In dieser allgemeinen Form
trifft der Satz aber durchaus nicht immer zu. Es gibt genug Beispiele von Zyklonen, welche sich auffüllen, obwohl
sie noch einen Warmsektor besitzen (Karten Nr. 1, 2, 5, 7, 11, u. a.). Vgl. hierzu auch (9). Zusammen mit dem
Dichtefeld kann man die Warmsektorregel dagegen benutzen. Auf den eben betrachteten Karten Nr. 1, 2, 5, 7, 11
u. a. hat die Zyklone noch einen mehr oder weniger breiten Warmsektor, das Gebiet relativ geringster horizon
taler Dichte befindet sich aber über dem Kern der Zyklone. In diesen Fällen füllt sie sich trotz des Warmsektors
auf. Liegt dagegen die geringste Dichte als geschlossenes Gebiet nicht über dem Zentrum, sondern über dem Warm
sektor, so tritt entweder eine allgemeine Vertiefung der zum Warmsektor gehörenden Zyklone ein (Karten Nr. 25,
29), oder es kann sich an der Spitze des schon teilweise okkludierten Warmsektors eine neue Zyklone ausbilden,
welche sich meistens sehr rasch vertieft und zur Hauptdepression entwickelt (Karten Nr. 30, 32).
Diese oben aufgestellte Regel über Zusammenhang zwischen Dichtefeld und Kerndruckänderung gilt aller
dings nur für die normalen West—Ost bzw. Südwest—Nordost driftenden Zyklonen. Auf Vb-Zyklonen mit einer
süd—nördlichen Zugrichtung und auf Zyklonen, welche anderen, nicht der Westdrift entsprechenden Zugbahnen
folgen, sowie ortsfeste Zyklonen trifft diese Regel nicht zu. Einen Teil der Regel kann man allerdings auf Zy
klonen aller Art anwenden. Wenn nämlich das Dichtefeld mit geschlossenen Isosteren über dem Kern liegt (Q).
so ist immer mit positiver Druckänderung zu rechnen. In diesem Falle wird das Dichtefeld in ganz überwiegen
dem Maße vom Druckfeld bestimmt. Es sind keine horizontalen Temperaturunterschiede mehr vorhanden, welche
weitere Energie liefern könnten. Die Zyklone zehrt nur noch von der Energie des Druckfeldes. Sie verhält sich
in diesem Zustand gewissermaßen wie ein in Gang gebrachtes Schwungrad, welches nach Aufhören der Antriebs
kraft nach dem Trägheitsgesetz seine Drehbewegung weiter fortsetzt, bis die ihm innewohnende Energie durch
Reibung verbraucht ist. So ist es etwa verständlich, daß bei symmetrischer Lage des Dichtefeldes zum Druckfeld
die Zyklone den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht hat.
c) Dichtefeld und Niederschlagsgebiete.
Zum Schluß noch einige Bemerkungen über die Beziehung zwischen Dichtefeld und Niederschlagsgebieten.
Die meisten Karten zeigen, wie bemerkt, eine sehr gute Übereinstimmung zwischen Frontverlauf und Dichtefeld.
Fronten — insbesondere Warmfront und Okklusion — sind nun aber fast in allen Fällen von mehr oder weniger
ausgedehnten Niederschlagsgebieten begleitet. Diese frontalen Regenstreifen liegen daher annähernd in der Zone
relativ geringster Dichte. Dies ist ja auch nicht weiter verwunderlich, denn Niederschlag ist mit aufwärts gerich
teter Vertikalbewegung verbunden, und es werden natürlich in erster Linie die relativ leichten Luftmassen die
Tendenz haben, aufzusteigen.
Daß aber die mittlere Dichte nicht allein für das Zustandekommen von Regengebieten verantwortlich zu
machen ist, zeigt schon die verhältnismäßig ungenaue Übereinstimmung zwischen Dichtefeld und Niederschlags
gebieten. Man beachte nur die nicht an Fronten gebundenen ausgedehnten Regenzonen auf der Westseite der Vb-
Zyklonen. Sie liegen durchaus nicht im Gebiet geringer Dichte. — Für die Entstehung des Niederschlages spielt
eben die vertikale Schichtung der Luftmassen, der vertikale Temperaturgradient, noch eine wesentliche Rolle.
Ebenfalls findet man an der Luyseite von Gebirgen kleinere Regenzonen, die in keiner gesetzmäßigen Beziehung
zum Dichtefeld stehen.
Zwischen Dichtefeld und Niederschlagsgebieten besteht also nur eine sehr lockere Beziehung.