Prof. Dr. P. Raethjen : Dynamik des „horizontalen“ Dichtefeldes.
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handene potentielle Energie durch Reibung verbraucht; die Zyklone füllt sich auf.
Diese Interpretation der von W. S t i e m k e gefundenen prognostischen Gesetzmäßigkeit berührt sich übrigens mit
der früher vom Verfasser gegebenen Erklärung der Regel von M o 11 w o 7 , nach welcher über dem Festland die
sogenannte „Kompensation“ wesentlich stärker ist, als über dem Ozean:
Die „Kompensation“ stratosphärischer Druckunterschiede durch die troposphärische Massenverteilung ist
um so vollkommener, je stärker die Reibung am Erdboden ist; sie tritt daher auf dem Festlande stärker in Er
scheinung 8 . Aus dem gleichen Grunde füllt sich die Mehrzahl der vom Atlantischen Ozean her kommenden
Zyklonen auf dem europäischen Kontinent auf; der Energieverbrauch durch Reibung ist auf dem Festlande so
groß, daß besonders ergiebige thermodynamische Kreisprozesse erforderlich sind, um auf dem Festland eine
Zyklone zu vertiefen (z. B. feuchtlabile Umlagerungen).
III. Rückblick auf das Problem des „Austauschgleichgewichts“.
Die Veranlassung zu den hier vorliegenden Untersuchungen „Wetterdynamik Nr. 3“ war gegeben durch
den 1936 hypothetisch eingeführten Begriff des „Austauschgleichgewichts“, welches vom Verfasser 9 als Ver
schwinden der vertikalen Unterschiede des Stromimpulses interpretiert wurde (Verschwinden der rechten Seiten
in Gl. (3) ). Damals war dem Verfasser nur bekannt, daß dieser Zustand, welcher hypothetisch „Austauschgleich
gewicht“ genannt wurde, erfahrungsgemäß als Mittelzustand erfüllt ist in den gemäßigten Breiten, daß er aber in
ausgedehnten Antizyklonen sehr viel schlechter erfüllt ist, als in Zyklonen, daß er insbesondere im Passatgebiet
nicht einmal im Mittel annähernd erfüllt ist. Aus den Unterschieden zwischen Zyklonen und Antizyklonen ent
nahm der Verfasser die wesentliche Beteiligung des Vertikalaustauschs; aus der Tatsache, daß Abweichungen nach
beiden Richtungen gleich stark vertreten sind, entnahm er die Auffassung, daß es sich um ein „Gleichgewicht“
handele. Eine theoretische Begründung dafür, daß das sogenannte „Austauschgleichgewicht“ ein Gleichgewichts
zustand ist, welcher sich mit der Zeit einstellt, wenn ein starker Vertikalaustausch längere Zeit wirksam ist,
glaubte der Verfasser damals auf folgendem Wege geben zu können: Alle Austauschquanten, welche den Erdboden
berühren, geben dort einen erheblichen Teil ihrer Strömungsgeschwindigkeit ab; daher werden durch die Reibung
am Erdboden und den Vertikalaustausch tiefer gelegene Schichten des Stromfeldes — auch im Gradientwindfeld —
stärker gehemmt, als höher gelegene. Wenn der Austausch hinreichend stark ist, so wirkt sich dieser Einfluß be
stimmend aus auf die Gestaltung des Stromfeldes: Höhere Schichten haben größere Geschwindigkeit, als tiefere.
Die Zunahme des Windes mit der Höhe ist also leicht erklärbar: Ausgetauscht wird der Impuls pro Masseneinheit,
also die Geschwindigkeit; diese muß mit der Höhe zunehmen, wenn vom Erdboden her Verluste durch Reibung
gegeben sind. Jedoch konnte der erfahrungsmäßige Mittelzustand, daß die Windgeschwindigkeit mit der Höhe
im gleichen Verhältnis zunimmt, wie die Dichte abnimmt, auf diese Art nicht theoretisch gefunden
werden.
Eine Korrespondenz mit Herrn L. P r a n d 11 über diesen Gegenstand überzeugte den Verfasser, daß für
die Theorie der bessere Ansatzpunkt bei den horizontalen Dichteunterschieden gegeben ist (das Verschwinden der
linken Seiten in Gl. (3) ). Um aber für die Theorie auch eine Erfahrungsgrundlage zu haben, wurde die synop
tische Untersuchung „Horizontale Dichtefelder“ geplant und durchgeführt. Die vorstehenden Erörterungen zeigen:
Das sogenannte „Austauschgleichgewicht“ als Mittelzustand läßt sich dadurch erklären, daß infolge von Reibung
und Austausch im Mittel die potentielle Energie der Luftmassen im Schwerefeld als hydrostatisches Minimum be
stimmt ist. Diese Interpretation gibt gleichzeitig den Grund an, warum in dem subtropischen Hochdruckgürtel
und im Passatgebiet dieser Mittelzustand nicht gilt; der Vertikal au stausch ist hier im Mittel durch eine oder
mehrere Sperrschichten unterbunden. Die Entscheidung darüber, ob bei dieser Interpretation der Name „Aus
tauschgleichgewicht“ als treffend gelten kann, sei dem Leser überlassen.
7 Mollwo, Beitr. Phys. fr. Atm. Bd. 23, S. 199.
8 Ein Beitrag zur Dynamik der Kompensation wird demnächst in der Reihe „Wetterdynamik“ als Nr. 4 veröffentlicht werden.
8 P. Raethjen, Met. Zeitschr. 1936, S. 401.