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Full text: 58, 1938

Dr. Joachim Blüthgen: Die Eisverhältnisse des Finnischen und Rigaischen Meerbusens 
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Pfropf die Bucht von Kronstadt, wo der wichtige Kriegshafen Kronstadt und der ebenso wichtige Handelshafen 
Leningrad liegen. 
Estland nimmt an den extremen Eisverhältnissen des östlichen Finnenbusens nur mit seinem Hafen 
Narwa-Jöesuu (Hungerburg), dem Vorhafen von Narwa, teil, erfreut sich aber sonst einer Begünstigung, wie sie 
nirgends mehr im ganzen Untersuchungsbereich anzutreffen ist, wenn man von dem Westküstenstreifen Lettlands 
absieht. Die beigegebene Karte des mittleren Beginns der Vereisung zeigt diese Bevorzugung sehr deutlich 
(Karte IIIJl. 
Anders als der Finnische Meerbusen verhält sich der Rigabusen. Zunächst liegt er in südlicherer Breite, 
so daß insbesondere im Frühling die Einstrahlung früher wirksam ist und die Eisschmelze stärker fördert. Seine 
abgeschlossene und kontinentalem Klimaregiment unterworfene Lage verschaffen ihm schwierige Eisverhältnisse, 
die ebenfalls ein südwest-nordöstliches Gefälle zeigen. Da die eishindernde Beeinflussung von der Ostsee her 
jedoch hier schwächer ist, ist der Unterschied in der Dauer der Vereisung an seinem Eingang auf kurze Ent 
fernung hin groß. Währehd die Westküste Lettlands bis zur Irbener Meerenge nahezu ohne nennenswerte Eis 
bildung bleibt, beginnt diese schon unmittelbar hinter der Pforte an beiden gegenüberliegenden Küsten relativ 
früh und währt besonders im Nordteil lange. Der Rigabusen besitzt wie der Finnenbusen einen ausgehenden 
Eisstrom im Frühjahr, der aber die Meerenge von Irben ganz erfaßt bzw. in den südlichen Gewässern auch so 
stark entwickelt ist, daß die auffallende Eisarmut auf der Düna bei Riga und Dünamünde illusorisch ist. Es 
ergibt sich für die Schiffahrt ein langer, nicht immer forcierbarer Eisweg. 
In den nordöstlichen Winkeln und im Bereich der flachen Seegebiete zwischen dem Festland und den 
Inseln Dago und Ösel bilden sich, gewissermaßen im toten Winkel zwischen dem System des Finnischen und des 
Rigaischen Meerbusens, noch einmal Vereisungszentren aus, die hinsichtlich der Dauer wohl an die des östlichen 
Finnenbusens heranreichen können, aber nicht hinsichtlich der Intensität. Die in Lit. Nr. 137, S. 535 und Nr. 138, 
S. 178 gegebene Karte der Vereisung der Ostseehäfen von v. Loesch bzw. Seraphim ist in diesem und in anderen 
Punkten (z. B. Schärenmeer) völlig falsch. 
Die Linien gleicher Ausdehnung des Eises zu Beginn der Vereisung, also die Wachstumsisokryonen, zeigen 
eine küstenparallele Anordnung mit den oben geschilderten Abweichungen, die jedoch an dem prinzipiellen 
Charakter der Küstenparallelität nichts ändern. Das Bild ändert sich grundlegend für die Zeit der Enteisung, 
die im westlichen und z. T. auch im östlichen Finnischen Meerbusen eine Umkehr bedingt. (Vgl. die beigegebene 
Karte IV.) Im allgemeinen ist der Unterschied in der Zeit der Enteisung nirgends groß. Die Eismassen des öst 
lichen Finnenbusens bedingen jedoch die schon erwähnte Verlängerung der Eisperiode, die sich in einer längeren 
Dauer des Treibeises im Seegebiet äußert, wenn an den Küsten das Festeis schon verschwunden ist. Dies liegt 
vornehmlich an der schlechten Enteisungsmöglichkeit, und man braucht keineswegs zu komplizierten mete 
orologischen Erklärungen zu greifen. Jedenfalls ist die große Eismenge nicht allein dafür verantwortlich zu machen, 
sie könnte bei günstiger Driftmöglichkeit, also konstanten ausgehenden Winden und Strömungen in offenen Ge 
wässern, ohne weiteres schneller verschwinden. 
Zwar besteht auch im Rigabusen eine Ungleichheit bezüglich der Enteisung durch den dort auftretenden 
Eisstrom, aber sie ist geringer. Nur im äußersten Nordosten hält sich manchmal noch Treibeis, das an der Ab 
trift gehindert ist. Der allgemeine Küstenverlauf und die Sunde, deren Festeis schon im April aufbricht, sorgen 
mit für eine wirksamere Enteisung des Busens. Ein Hin- und Herschieben von Küste zu Küste kommt wesentlich 
seltener vor. 
Die Westküste Lettlands steht dem Charakter ihrer Eisverhältnisse nach in allen Punkten dem Vereisungs 
typ der südlichen Ostsee am nächsten. Auch im Rigaischen Meerbusen spüren wir Anklänge an diesen Typ, vor 
nehmlich in einer konstant früheren Eisschmelze der südlichen Hälfte. Im übrigen bildet jedoch das ganze Unter 
suchungsbereich mitsamt dem Bottnischen Meerbusen ihm gegenüber eine große Einheit mit vielen charakteristi 
schen Ähnlichkeiten unter sich, nicht zuletzt in der großzügigen Parallelität der Vereisung mit der des Barents 
meeres und Weißen Meeres (Lit. Nr. 88). 
Anhangsweise ist in dem beifolgenden Diagramm die mittlere Dauer der Vereisung aller Stationen nach 
Lit. Nr. 46, 52, 106 dargestellt worden. Sie stellt eine Ergänzung zu den beiden Karten der Isokryonen dar. Es 
heben sich deutlich ab: das extremste Vereisungsgebiet des östlichen Finnenbusens mit dem Paroxysmus in der 
Kronstädter Bucht — das günstigere SW-Finnland sowie die Eisarmut Nordwestestlands und aller seewärtigen 
Orte. Das Insel gebiet und der nordöstliche Rigabusen bilden das zweite Vereisungszentrum, das nach SW zu 
1 Nur zögernd habe ich mich zur Beigabe von Isokryonenkarten entschlossen. Sie fehlen im allgemeinen keiner zusammen 
fassenden Eisarbeit. Ihr Wert ist jedoch in allen Fällen begrenzt. Für Einzelheiten ist das Stationsnetz zu weitmaschig, zur generali 
sierenden Darstellung müssen jedoch lokale Besonderheiten bewußt außer acht gelassen werden. Auch leidet die Darstellung von 
Durchschnittswerten unter der großen Variabilität der Vereisung.
	        
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