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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriuras — 58. Band, Nr. 3
XIII. Der Eisnachrichtendienst im Gebiete des Finnischen und
Rigaischen Meerbusens.
Die Anliegerstaaten der Ostsee verfügen über einen Eisnachrichtendienst, der nach verschiedenen Gesichts
punkten aufgebaut ist. ln Finnland ist die Zentrale das Institut für Meeresforschung (Havsforkningsinstitutet,
Merentutkimuslaitos). Hier läuft folgendes Beobachtungsmaterial ein: Die wöchentlichen Journale der bei Leucht-
türmen und Lotsenstationen angestellten Beobachter, z. T. auch mit Kartenskizzen, — tägliche Drahtlose Tele
gramme (nach international vereinbarter Eischiffre) der Seebewachungsstationen und Hafenverwaltungen, —-
regelmäßige funktelefonische Meldungen einiger Küstenstationen, — Eistagebücher finnischer Handelsdampfer, —
sowie schließlich noch zufällige Meldungen. Finnland verfügt im Finnenbusen über etwa 50 regelmäßige Beob
achtungen einsendende Beobachtungsstationen. Die Ergebnisse werden allwinterlich veröffentlicht (Lit. 78).
Rußland sammelt die Beobachtungen von 16 festen Stationen und außerdem von russischen Eisbrechern
und Handelsschiffen. Die Terminologie, die in den einzelnen Staaten nicht einheitlich gehandhabt wird (mit Aus
nahme der in der internationalen Eischiffre festgelegten und in den Tägl. Eisberichten veröffentlichten), richtet
sich, was Rußland betrifft, nach dem „Album der Eisformen (Aljbom ledovych obrasovanij) “. Rußland hat seit
1919 Eiserkundungen an bestimmten Profilen vorgenommen. Besonders wichtig sind natürlich die Beobachtungen
über Streckenlängen des Eises von Leningrad in der Längsrichtung des Finnischen Meerbusens, d. h. in den
internationalen Fahrwassern.
In Estland werden einmal zwei tägliche Eisbeobachtungen über insgesamt 40 Seegebiete telefonisch der
Verwaltung der Wasserwege in Reval mitgeteilt, worauf tägliche Eiskarten zur Information für die Schiffahrt
entworfen werden, — zum anderen werden von der Kommission zur Erforschung der estnischen Gewässer außer
den eben genannten Materialien auch noch wöchentliche Beobachtungstagebücher von 32 Stationen mit täglichen
Beobachtungseintragungen und wöchentlichen Eiskarten verwendet. Die Bearbeitung geschieht alljährlich in Be
richten, die vorliegender Arbeit z. T. als Grundlage gedient haben.
Die lettischen Beobachtungen von 11 Stationen und dem Eisbrecher „Krisjanis Waldemars“ werden vom
Seedepartement in ein Journal eingetragen und in Eiskarten verwertet. Eine Veröffentlichung der Beobachtungen
hat bisher leider nicht stattgefunden.
Die obigen Ausführungen stützen sich auf die Zusammenstellungen in Lit. Nr. 106, S. 72—82. Sie zeigen,
daß es an Originalmaterial zur Bearbeitung der Eisverhältnisse nicht fehlt, daß aber nur ein Teil weiter zugäng
lich ist und auch für die vorliegenden Untersuchungen nur verwertet werden konnte.
XVI. Weiträumige Beziehungen zwischen Vereisung und meteoro
logischen Erscheinungen. Eisvorhersage.
An anderer Stelle (Lit. Nr. 31, S. 59/60) wurde darauf hingewiesen, daß sich für das Gebiet des Bottnischen
Meerbusens eine Periodizität der Eiswinter nicht hat nachweisen lassen, die für eine Eisvorhersage von Bedeu
tung wäre. Auch im Bereich der vorliegenden Untersuchungen ist dies nicht der Fall. Zwar waren nicht überall
die gleichen Winter streng wie in den nördlichen Gebieten, aber das bisherige Beobachtungsmaterial schließt die
Annahme einer Periodizität aus.
Es wurde ferner an der gleichen Stelle hingewiesen auf die Untersuchungen Wieses, der in mehreren Ar
beiten zu diesem Problem von der meteorologischen Seite her Stellung genommen hat (Lit. Nrn. 110/111, 113/122).
Wiese hat einen Einfluß der Wassertemperatur im Barentsmeer auf die nachfolgende Lufttemperatur in Nord
europa festgestellt und führt sie auf die große Trägheit der Temperaturanomalien des Meeres zurück. Insbeson
dere findet Wiese eine enge Beziehung zwischen der Eisverbreitung im Frühjahr im Barentsmeer und der Luft
temperatur der folgenden Zeitspanne in Nordeuropa. Was die Korrelation mit der Lufttemperatur über Nord
europa und dem Erscheinen des Eises im Finnenbusen betrifft, worüber sich Wiese ebenfalls äußert, so ist sie am
größten bei der Verwendung der Mitteltemperatur von Dezember—Januar. Auch Frisch (Lit. Nr. 49) hat diese
Frage untersucht, erhielt aber bei Verwendung des November—Dezember-Mittels einen niedrigeren Korrelations
faktor. Versuche, die Wassertemperatur prognostisch auszuwerten, ergaben weniger handgreifliche Resultate. Da
gegen scheint nach Wiese (Lit. Nr. 117, S. 192) „eine engere Beziehung ... zwischen der Zeit des Erscheinens