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Full text: 58, 1938

Dr. Joachim Blüthgen: Die Eisverhältnisse des Finnischen und Rigaischen Meerbusens 
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10. Die Pforte des Rigaischen Meerbusens. 
Die Meerenge von Irben, die zwischen Ösel und Kap Domesnäs den Rigaischen Meerbusen mit der Ost 
see verbindet, ist hydrographisch ebenso wie hinsichtlich der Eisverhältnisse von Bedeutung. Sie stellt den ein- 
eigen effektiven Ausgang des Rigaischen Meerbusens dar. 
Die Eisbildung beginnt am frühesten, etwa im Dezember, in den dem Rigabusen zugewandten Küsten 
gewässern. Dort bildet sich zunächst nur ein mehr oder weniger breiter Küstenfesteisgürtel. Seine Breite ist 
östlich der Halbinsel Zerel wegen deren weit vorgeschobener Lage am größten. Der Küsteneisgürtel reicht 
nicht weit in die freie See der Meerenge hinein vor, da dort die Strömungen zu stark sind und das Küsteneis 
peripher durch Abbruch dauernd zurückhalten. Die Bildung von Treibeis vollzieht sich also erst nach Aus 
bildung des Küstenfesteises, und dem entsprechend auch intensiver an der nördlichen Küste als an der lettischen. 
Während sich also der Festeissaum nach Erreichen einer maximalen Ausdehnung ziemlich konstant ver 
hält, was das Areal betrifft, so erfahren die Eisverhältnisse des verbleibenden Fahrwassers eine weitere Ver 
änderung. Wenn treibendes Eis früh in der Irbenstraße festgerät, so ist dies von erschwerendem Einfluß auf die 
Vereisung des ganzen Rigabusens. „Die Befahrung des Rigabusens ist in erster Linie abhängig von den Eisver 
hältnissen in der Irbenstraße.“ (Lit. Nr. 41, S. 136.) Im Hochwinter überzieht sich fast regelmäßig die Irbenstraße 
für eine kurze Zeit mit festgefrorenem Eis, das infolge seiner Zusammenschiebung sehr inhomogen, aber ziemlich 
stabil ist. Sogar der Verkehr mit Pferden soll dann zwischen Ösel und dem Festland möglich sein (1892/93 
nach Lit. Nr. 41, S. 136). 
Da die Eisdecke von Westen her leicht sowohl vom Wind sowie von der Strömung aufgebrochen werden 
kann, wird sich die Vereisung sehr wechselhaft gestalten und plötzlicher Festwerdung des Eises kann schnelle 
Enteisung, mitten im Winter, folgen. Relativ günstiger gestellt ist innerhalb des ganzen Eisgebietes der südliche 
Teil bei Kap Domesnäs, und dort wieder das südwestliche Küstengebiet, das schon stark von der Ostsee her be 
einflußt wird. Zudem vollzieht sich hier eine einwärts gerichtete Wasserversetzung, deren wärmere Wassermengen 
einer Vereisung hinderlich sind. 
Im nördlichen Teil der Meerenge ist die Strömung nach außen gerichtet. Dies bewirkt im Winter einen 
Eistransport nach der Ostsee, der nach Passieren der Landspitze von Zerel nach Norden umbiegt. Darum können 
sich durch Stau im Westen der Halbinsel Zerel größere Eismengen ansammeln, die jedoch nicht autochthon sind. 
Auffallend ist die Verstärkung der Vereisung in den Wintern nach 1929, die aus dem Diagramm für Zerel-Westsee 
ersichtlich ist, obwohl gerade diese Winter sich vielerorts als mild erwiesen haben. Nach Slaucitajs (Lit. Nr. 99, 
S. 8) betrugen die Summen der negativen Tagesmittel der Temperaturen für den ganzen Winter 1934/35: 440°, 
1933/34: 410°, 1932/33: 400°, 1931/32: 500°, 1930/31: 580°; dagegen wiesen strenge Winter, bei denen 
an allen anderen Stationen eine größere Eisintensität zu beobachten gewesen ist, eine Frostsumme von minde 
stens 700° auf. (Nach Temperaturen in Riga!) Es ist möglich und wurde bei Besprechung des betreffenden Dia 
gramms schon angedeutet, daß diese auffallende Tatsache einer Verschärfung der Vereisung gar nicht mit 
meteorologischen, sondern mit hydrographischen Veränderungen zusammenhängt. Eine geringfügige Intensivie 
rung des eingehenden sowie des ausgehenden Stromes würde genügen, die Eisdrift im nördlichen Teil zu ver 
stärken und dementsprechend auch den Ostseestrom etwas weiter nach Westen von der Küste abzudrängen, so daß 
sich nahe der Westküste in einem von Strömungen umgangenen Gebiet das Eis ansammeln kann. Inwieweit diese 
Vermutung zutrifft, entzieht sich meiner Kenntnis, da geeignete hydrographische Messungen nicht zugänglich 
waren. Es wäre jedenfalls eine dankbare Aufgabe, Schwankungen der Strömungsintensität in mehrjähriger Periode 
hier zu untersuchen. 
Die Enteisung stellt den nördlichen Teil der Meerenge wieder besonders ungünstig, da dann die Eismassen 
des gesamten Rigabusens ihren Weg nach außen durch diesen Ausgang nehmen, sofern sie nicht vorher schmelzen. 
Nördliche Winde drängen das Eis mitunter auch an die lettische Küste, wo dann Domesnäs plötzliche Eis 
erschwerungen meldet, die nur durch Drift erklärbar sind. Es kommt auch vor, daß bei dieser Windrichtung 
das Treibeis südwärts bis vor Windau treibt. Dort wird es rasch ein Opfer der Wasserwärme. Auch bei seiner 
normalen Abdrift nach Norden bis in die Gegend von Filsand gelangt es nicht weit, sondern verstreut sich 
schnell und schmilzt. Es kommt in strengen Wintern vor, daß noch im Mai Treibeis bei Zerel vorbeidriftet, 
lange nachdem das letzte Küstenfesteis in den dem Rigabusen zugewandten Küsten weg ist. 
11. Die Westküste Lettlands. 
Das Eisgebiet der Westküste Lettlands rechnen wir von Papensee im Süden über Libau und Windau bis 
zum Leuchtturm Lyserort. Es untersteht hydrographisch vollkommen dem Regime der offenen Ostsee, die mit
	        
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