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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriurns — 58. Band, Nr. 3
der einzelnen Winter voneinander im Osten genau so spürbar sind wie im Westen, bleibt der Unterschied in der
kontinentalen Amplitude im Westen einerseits und im Osten andererseits in jedem Winter annähernd konstant.
In einzelnen Fällen kommt es vor, daß nicht Äbo, sondern Helsinki den ausgeglichensten Typ der Stationen hat. In
diesem Fall nimmt Äbo noch teil an dem nordfinnischen Kontinentalzentrum, das sich über dem Schärenmeer
lokal verstärken kann. Der mildernde Einfluß der See beschränkt sich dann auf die mittlere südfinnische Küste.
Auch die finnischen Temperaturkurven zeigen folgende bereits bei den estnischen Stationen feststellbaren
Grundzüge der Vereisung an: Zeitiges Minimum bedingt eine längere, weil frühere Vereisung, die aber nicht inten
siv wird. -— Spätes Minimum führt zu einer geringen Vereisung, weil die hohe Speicherwärme plus beginnende In
solationswirkung den Frost neutralisieren. Diese Bemerkung kann man auch genau so in den Fällen machen, wenn
ein extrem tiefes Minimum verspätet eintrifft wie z. B. 1928/29. — Winter, in denen negative Anomalien auf den
Oktober—November fallen, im Dezember—Januar aber von positiver Anomalie im Gefolge einer verstärkten „Weih
nachtszyklone“ abgelöst werden, vereisen durchgehends sehr schwach. Es scheint sogar eine gewisse Regel zu be
stehen, daß früher Frost milde Januartemperaturen zur Folge hat. Diese Grenzfrage zur reinen Klimatologie hin,
die für die Vereisung in gleicher Weise von großer Bedeutung ist, muß allerdings noch näher untersucht werden.
Das beifolgende Diagramm über die Wintertemperaturen
in Riga in den einzelnen Jahren wiederholt mit großer
Deutlichkeit die Grundzüge, wie sie bei den estnischen
und finnischen Stationen dargelegt wurden. Es zeigt sich
somit, daß die Winter über große Gebiete ziemlich ein
heitlich ausgeprägt waren, jedoch nicht hinsichtlich der
Eisverhältnisse. Obschon die Temperaturkurven für Riga
mit denen von Pernau nahezu vollständig identisch sind,
verläuft die Vereisung bei Riga derjenigen von Pernau
entgegengesetzt. Es macht sich hier eine beherrschende
Überlagerung des Temperatureinflusses durch andere Fak
toren bemerkbar, die, wie schon mehrfach angedeutet, bei
den durch die Düna bedingten Strömungsverhältnissen zu
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Mittel
1923/24
1924/25
1925/26
1926/27
1927/28
1928/29
1929/30
1930/31
1931/32
1932/33
1933/34
1934/35
suchen sind.
Abb. 61. Die Wintertemperaturen (senkr. Spalten) der
Monate Dezember — Januar — Februar — März —
April — Mai. Die oberste, ausgezogene Kurve stellt
die Mittelwerte dar, die gerissenen Linien die beobach
teten jährlichen Monatsmittel. Station: R = Riga.