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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums — 58. Band, Nr. 3
der Intensität der Vereisungen von Jahr zu Jahr erklärt werden könnte. Vielmehr dürfte es sich um anhaltende
Änderungen der Stärke und Richtung der Wasserversetzung handeln.
Der Winter 1929/30 war ganz eisfrei, ebenso der von 1924/25. In einigen anderen Wintern, wie 1927/28
und 1926/27, ist es schwierig, unter den einzelnen Eisperioden eine Hauptvereisung auszusondern. Es handelt
sich in diesen Fällen meist um Treibeisperioden, die über eine wirkliche Intensität nichts aussagen, selbst wenn sie
längere Zeit andauern. Die Zeit der Eisbildung ist im Mittel auf die Monate Januar bis Anfang April beschränkt,
außerhalb dieser Zeit findet sich selten Eis.
Abb. 48
ZEREL-
vrestl.Seegep.
7925/24
1924/25
1925/26
1926/27
1927/28
1928/29
1929/5o t
\93o/3\
l931/32 [
1932/33'
1933/34 (
1934/35,
Dezember , Januar , Februar t März 1 Aprll
Mai
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44. Die Eisverhältnisse von Zerel (Tägl. Eisber.).
Bei den Eisberichten der Deutschen Seewarte von Zerel (Sörve) ist zwar ähnlich wie bei dem estnischen
Material vielfach ein Unterschied nach den beiden Hauptseegebieten im Westen und Südosten gemacht worden,
aber im vorliegenden Diagramm ist nur der Südosten berücksichtigt, während der vielfach leichter vereisende süd
westliche Teil der Gewässer nicht besonders behandelt ist.
Das Gesamtbild der Eisdiagramme für die zehn Berichtsjahre ähnelt dem von Dagerort sehr. Die beweg
lichen Eisarten spielen die Hauptrolle, die schweren Formen sind dabei nicht unwesentlich beteiligt. Ja, sogar
starkes Festeis kann den Vereisungstyp bestimmen, wie z. B. 1928/29. In dieser Tatsache spiegelt sich der Ein
fluß des Rigaischen Meerbusens mit seiner im Nordosten beträchtlichen Vereisung wieder. Es sind für diesen Fall
aber verschiedene Voraussetzungen erforderlich: sehr tiefe Temperaturen, beendete Konvektion und ausgedehnte
Eisbildung nach möglichst allen Seiten hin, geringe Strömungsverhältnisse sowie relativ geschützte Lage. Letztere
ist jedoch konstant nur für die östlich Zerel liegenden Gewässer in gewissem Maße anzunehmen. Der Winter
1928/29 erfüllte diese Prämissen weitgehend, freilich erst am Schluß der ersten Februardekade. Zuvor begann
die Vereisung mit wechselnden Eisarten und zum Schluß enteiste Zerel 1928/29 zuerst mit schwerem Eistreiben,
das erst nach einer Woche leichter wurde. Dies war hauptsächlich eine Folge der starken Eisanhäufung im nord
östlichen Rigaischen Meerbusen, von wo der ausgehende Strom die Eismassen in die Ostsee befördert.
Es wurde schon darauf hingewiesen, daß starkes Festeis, wie überhaupt Festeis, bei Zerel sehr selten ist.
Damit steht in Zusammenhang, daß die Vereisung auch nur selten kontinuierlich ist. In der Regel besteht sie
bei Zerel aus zahlreichen, mitunter zeitlich ziemlich weit getrennten Einzelperioden, die jeweils eine ganz ver
schiedene Zusammensetzung aufweisen, so daß man von einem durchschnittlichen Charakter solcher Einzelperioden
praktisch nicht sprechen kann. Selbst das Vorkommen von schweren Eisarten innerhalb von Einzelperioden besagt
hier keineswegs, daß darum die Enteisung später eintreffen müßte. Betrachten wir unter diesem Gesichtspunkt die