Dr. Joachim Blüthgen: Die Eisverhältnisse des Finnischen und Rigaischen Meerbusens
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Oktober i Nooember
Die Temperaturverhältnisse von Riga.
Dezember . Januar , Februar . März , Aoril . unt
Juni
1922/25
1925/24
1924/23-
1929/24-
1924/22-
1927/26
1928/29-
1929/50
1950/51
1951/52-
Abb. 46 nach: Tägl. Wetterbericht Hamburg JB
Die durchgezogene Linie bedeutet die Nullgradlinie, die
Stufen darunter (schwarz) Minuswerte (je 5° = 1 mm),
darüber (leer) Pluswerte.
42. Die Eisverhältnisse von Zerel-RMB (estn. Ber.).
Die Gewässer südlich und südöstlich der Landspitze von Zerel (Sörve) im Süden von Ösel sind zwar flach,
aber werden von dem ausgehenden Strom des Rigabusens sowie klimatisch von den maritimen Einflüssen der Ostsee
berührt, so daß Eisverhältnisse resultieren, aus denen praktisch brauchbare Mittelwerte nicht erhältlich sind.
Die Vereisung zeichnet sich auf den ersten Blick durch eine starke Variabilität aus, die sich nicht nur in
der sehr selten vorhandenen Kontinuität der Vereisung, sondern auch in dem häufigen Wechsel von Treibeis und
Festeis äußert. Zwar treten mitunter Perioden ein, während denen die Eisdecke sich bis zum Horizont erstreckt,
aber diese Festeisperioden sind selten und nicht von langer Dauer. Die längste dieser Zeiten trat 1928/29 auf,
als im Gefolge der strengen Kälte des Februar—März das Eis ununterbrochen bis zum Gesichtskreis reichte.
Andere Winter dieser Art waren 1923/24 und 1930/31.
Es ist auffallend, daß trotz der Wechselhaftigkeit der Eisverhältnisse die Schwankungen zwischen dem
frühesten und spätesten absoluten Eisbeginn nicht so groß sind, wie man vielleicht erwarten sollte. Allerdings
muß hierbei der Winter 1924/25 und der von 1929/30 als extrem mild außer acht gelassen werden. Freilich treten
zu Beginn der Vereisung manchmal nur ganz kurze, mitunter sogar nur eintägige Eisperioden auf, die zudem aus
Treibeis bestehen, aber sie besagen doch, daß die Möglichkeit einer Eisbedeckung bereits zu diesem Zeitpunkt
gegeben ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß diese Möglichkeit wegen der Eigenschaften des Treibeises auch
darin bestehen kann, daß in Nachbargebieten an einem früheren Datum gebildetes Eis sich bei entsprechenden
Stromverhältnissen bis Zerel verschiebt. Die Frage nach der Autochthonie oder Allochthonie des Eises kann im
einzelnen nicht entschieden werden, da dazu ausführliche Einzelbeobachtungen vorliegen müßten. Faktisch ergibt
sich jedoch, daß das erste Eis mit geringen jährlichen Schwankungen entsteht. Die frühen Extreme liegen in einer
gewissen Häufung, indem das erste Eis in drei Jahren am 14. resp. 15. Dezember auftrat. Die Beeisungsspanne
innerhalb der normalen Winter beträgt nur etwa einen Monat. Im einzelnen zerfällt die erste Zeit der Vereisung
in zahlreiche einzelne Perioden. Nur der Winter 1923/24 begann am 31. Dezember bereits mit der endgültigen
Eisbildung.
Die vorwiegend marinen Verhältnisse machen sich ferner darin bemerkbar, daß keine Dekade, ja sogar
Pentade, des Winters im 12jährigen Mittel ohne eisfreie Tage ist. Das kann zu einer extrem hohen Aufteilung
der Gesamtvereisung in einzelne Perioden führen, wie z. B. im Winter 1927/28 oder 1933/34. Besonders 1927/28
ist charakteristisch, darum sei der Winter näher besprochen. Am 14. Dezember bereits, also am frühesten von
allen 12 Wintern, setzte die Eisbildung ein, und am 6. Mai war Zerel erst endgültig eisfrei, also ebenfalls vom