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Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte und des Marineobservatoriums — 58. Band, Nr. 3
lief der Winter 1929/30, nur daß hier die Eisbildung bereits in den Anfang des Februar fiel. Anders aber als
bei den Stationen des westlichen und südlichen Estland gestaltete sich der letzte Berichtswinter (1934/35), der
bei Reval der drittmildeste war. So ergibt sich als Gesamtbild der Vereisungen aller zwölf Winter eine annähernd
kontinuierliche Milderung aller Winter bis zum letzten Jahre, und zwar ausgeprägter zu Beginn der Vereisung
als zum Schluß, ferner besonders deutlich nachweisbar in der Intensitätsminderung.
Mit der zuletzt genannten Tatsache hängt zusammen, daß es in mehreren Wintern der letzten Jahre nicht
möglich ist, eine Hauptvereisung klar herauszuheben, obwohl mehrere Vereisungsperioden aufgetreten sind. Solche
Winter mit unregelmäßigem Verlauf der Vereisung waren 1932/33 und 1934/35. Eine Handhabe für die Fest
legung der Eiskulmination in diesen eisarmen Wintern bietet das Auftreten von Treibeis, das, wie wir gesehen
haben, die Enteisung im Anschluß an die Vereisungskulmination kennzeichnet. Wenn trotzdem vor Beginn des
Treibeises nicht eine umfangreichere Festeisperiode aufgetreten war, so kann das an zu geringer Frostsumme liegen,
bzw. an einer anormal spät beendeten Konvektion, die noch nicht zum Abschluß gelangt war, als bereits der früh
jährliche Aufbruch des wenigen gebildeten Eises sowie die Ilerandrift nachbarlichen Eises eintrat.
Der strengste Eiswinter ist eindeutig der von 1925/26, sowohl hinsichtlich des Beginns (erste Eisbildung
bereits am 30. 11.), der Dauer (144 Tage mit Eis), der Stärke (88 Tage fahrbare Eisdecke) und des Zeitpunktes
der endgültigen Enteisung (12. Mai endgültig eisfrei). Merkwürdig erscheint das frühe Auftreten von Festeis im
Winter 1931/32, als bereits am 27. November Festeis auftrat, das aber nur zu einer 8tägigen Vorperiode führte,
die von der folgenden Hauptvereisung noch durch 59 eisfreie Tage getrennt war.
Wenn wir von dem Winter 1925/26 mit seiner bereits in den Januar—Februar fallenden Kulmination ab-
sehen, so ergibt sich ein Überwiegen strenger Eisperioden nur im März. Die zweite Hälfte des Winters steht erst
vorherrschend unter dem Einfluß des Frostes, so daß auch die Enteisung später ist, als nach dem späten Beginn
der Vereisung zu erwarten ist. Will man den ungefähren Rahmen der zu erwartenden Be- bzw. Enteisung angeben,
so ist für den Eisbeginn der Monat Februar und für die Enteisung der Monat April anzusetzen. Wie auch bei
anderen Stationen der nordestnischen Küste zeigt also Reval jene charakteristische extreme Verschiebung der Ver
eisungsperiode in das Frühjahr. Die Struktur dieser Vereisung ist kurz zusammengefaßt die einer klimatisch voll
kontinentalen, aber in der ersten Hälfte des Winters durch eishindernde marine Einflüsse überdeckten Vereisung.
— Über die Schwankungen der Eisstärke kann mangels vollständiger Angaben nichts Genaueres ausgesagt werden.
Abb.21
REVAL I Dezember I Januar I Februar I März
1923/24
1927/28]
1928/29
l929/3o 1
I
i93o/31.
1932/33 '
1933/34 1
1934/35,
■ ■■
20. Die Eisverhältnisse von Reval (Tägl. Eisber.).
Reval besitzt ziemlich ruhige Eisverhältnisse, die sogar geringere Schwankungen von Jahr zu Jahr aufweisen
als benachbarte Orte. Ganz auffallend ist die Gleichmäßigkeit, mit der von Jahr zu Jahr die Enteisung auftritt.